Autor Thema: 2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich  (Gelesen 1107 mal)

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« am: 25.05.2013, 00:00:00 »
Datum: 2013-05-25
Event: Rennsteiglauf
Distanz: 72.700 km

Ersteller: Ulrich

Offline Ulrich

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #1 am: 25.05.2013, 00:00:00 »
Regenlos und schweinchenrosa / der Rennsteig


Je Länger die Strecke umso schwieriger ist der Bericht.

Dennoch, nur wer startet schafft es ins Ziel, genau so steht es um einen Laufbericht. Auf geht`s ;)

Irgendwann im Winter hilft Heidi der Idee unserer Teilnahme beim Rennsteiglauf 2013 auf die Welt. Ich muss ja gestehen, eher zu  meiner Unlust, ich möchte mich viel lieber auf die Veitsch konzentrieren, als da vorher 70 Km mit 600 Höhenmetern herumzulaufen. Ich will mich ja nicht vorher zerstören.
Ein paar Wochen später klärt sich mein Irrtum auf, es sind 1600 HM, nicht 600. Juhu, wenn schon, denn schon.
Leider beginnen meine Muskeln manchmal ein wenig zu zwicken, doch schaffe ich die Vorbereitung auf den Rennsteig in Form des VCM und des LCC Frühlingsmarathons halbwegs problemfrei. Heidi und ich haben`s ja gut, wir haben keinen Stress. Finishen warad halt fein ;)
Tschitschi bietet sich als Mitfahrgelegenheit an, wobei wir kurzfristig erfahren, dass Larissa, die eigentlich  auch mitlaufen wollte, in letzter Sekunde durch eine Verletzung  ausfällt.
8 Stunden Anfahrt, überraschenderweise artet es dank Tschitschi nicht in Eintönigkeit aus, er weiß aus vielen Geschichten zu berichten, wir unterhalten uns prächtig und düsen so gemeinsam gen Norden. Irgendwann gegen 18:30 Ankunft in Eisenach, bald finden wir auch unter Hotel, den Thüringer Hof.  Leider findet mein Handy kein Netz, sodass wir uns leider nichts genaues ausmachen können, doch treffen wir Tschitschi dann bei der Startnummernabholung. Diese findet teilweise herzerfrischend nett und offen "wir machen das so zum ersten Mal, wir wissen es auch nicht")
Nachdem wir Karsten, Wi(e)nfried, Oliver und JM getroffen haben, freuen wir uns noch mehr auf das große Abenteuer. Wi(e)nfried gibt uns noch den guten Tipp: Wir kaufen uns einen gravierten Bierkrug vom Rennsteiglauf. Besser als jeder Trophäe ;)
Wir schlafen recht gut, so man in der Vorfreude und Nervosität gepaart mit dem Wissen, dass der Wecker um 4:45 läutet von gutem Schlaf reden kann.
Frisch ist´s am Morgen, nur wenige Grad über Null. Aber wenigstens schaut es trocken aus. Kein Regen, der zwar angesagt, aber zumindest am Start einmal uns noch verschont. Mehr wissen wir ja nicht. Heidi bestärkt mich, nur die Lightvariante, ohne Regenjacke und -kappe zu  laufen, eine wirklich gute Entscheidung.
Um 5:45 Treffpunkt beim Start, noch eine letzte Glück-Wünsch-Runde und schon geht's los.

Rennsteiglauf 2013
Erst mal langsam durch die Stadt, langsam, gehen, laufen nur nicht über das sehr sehr unebene Pflaster und die teilweise zubetonierten Straßenbahngleise stolpern. Alles geht gut. Heidi und ich laufen Richtung Wald, die erste Steigung gleich einmal rauf. Nach wenigen Metern im Wald geraten wir in einen Stau. Eine enge Stelle am Weg zwingt den Läuferpulk zum Stillstand. Gut, wir haben keinen Stress, die paar Minuten nerven uns nicht. Das Schauspiel wiederholt sich  ungefähr 3 mal, dann können wir wieder halbwegs frei laufen.
In unserer Nähe, vor uns, erklingen plötzlich Töne einer Gitarre. Zwei in schweinchenrosa gekleidete Spaßvögel mit Gitarre (!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!) kommen daher und sorgen für Unterhaltung. Als ich sie fotografiere kommen wir ins Gespräch, wobei.. Gespräch ist schon ein weiter Begriff.  Eigentlich verarschen sie uns ein wenig, aber was soll`s. Ich versuche die meisten Späße lustig zu nehmen, doch muss auch  ich gestehen, dass ich froh bin, als wir die Spaßvögel nach 5 Minuten dann wieder los sind. Dennoch, Hut ab vor der Leistung, den Rennsteig mit Gitarre laufen zu wollen.

Wir laufen, bald sind 10 KM geschafft. Irgendwie aber.. so ganz locker, wie gehofft geht´s heut auch wieder nicht. Meine Beine tun nicht weh, gar nicht, sind aber nicht spritzig. Alles ist ein wenig mit Unlustgefühlen verbunden. Ich hoffe, es legt sich noch, denn.. so macht es noch keinen Spaß, muss ich gestehen. Dauernd einmal rauf, zwar nicht steil, aber dauernd rauf.  Ich freue mich, es gibt noch so viele Kilometer, wo es besser werden kann. Heidi läuft wie ein Uhrwerk, alle Steigungen rauf, Wahnsinn, dort wo alle gehen läuft sie. Ich bewundere sie  und hänge mich an. Als ich dann doch einen ziemlichen Durchhänger habe, greife ich  zu meinem Geheimtrick und.. schalte den Mp3 Spieler ein. Ich weiß schon, dass meine Musikauswahl nicht jedermanns Sache ist, aber.. so einen Donauwalzer beim Waldlauf.. gefolgt von Bruce Springsteen und afrikanischen Trommlern, das fetzt schon ;).. Leise denke ich mir dabei.. schade, ich hätt gern den Donauwalzer beim Zieleinlauf, wär fein, wenn sich  das ausginge.
Witzig, ab dem Moment, in dem ich den Ipod einschalte, geht`s wieder lockerer. Alles nur im Kopf. Und es macht plötzlich Spaß. Vor allem merke ich, dass ich unglaublich spielerisch runter laufe. Muss ich auch, wenn ich  ein paar Fotos von Heidi machen will, ich  lauf einfach ein bisserl vor und knipse. Ach es wird lustig. Klar, noch ist ein Marathon zu laufen, aber.. das geht ja bekanntlich  eh  ganz gut. Immer nur laufen, plaudern, schauen und laufen. Geht doch!
Mir fällt immer wieder der Wald auf, hier insbesondere der relativ schlechte Zustand desselben. Offenbar wurde zwar erst unmittelbar vor dem Lauf ein wenig geschlägert, tiefe Reifenspuren zeugen davon, aber sonst... da lob ich mir den Wienerwald. Ein anderes Lob aber gilt den Zuschauern an der Strecke. Mitten im Wald treffen wir auf anfeuernde Wanderer, in jedem Ort finden sich die Menschen ein um uns zu gratulieren und zu  beklatschen. Das tut wirklich  sehr gut! Danke dafür!!
Die Herzlichkeit ist überhaupt auffallend. Ich  fühle mich sehr wohl, wenn die Kilometer so dahin schmelzen. Bei 36, der halben Strecke wieder einmal eine Labestelle. Langsam fällt mir nur auf, dass ich eigentlich wenig, ja zu wenig esse. Aber was soll ich sagen, ich hab keinen großen Hunger. Die Vernunft lässt mich einmal ein Gel nehmen, der Gusto ein Brot, eine Semmel ein Brötchen. Vielleicht werde ich es büßen, vielleicht nicht. Ich  habe einfach keinen Hunger. Ja, ich trinke viel, aber..
Außerdem brauch ich meine Gels anderwertig. Heidi freut sich über eins, dann wiederum stürzt knapp vor uns ein älterer Kollege. Wir helfen ihm, ich biete ihm mein Gel an. Ca 10 KM´s drauf treffen wir ihn wieder. Er bedankt sich, erzählt, dass er Wien von der VCM Expo kennen würde, bei der er im Auftrag Mark Mildes den Stand des Berlin Marathons betreut. Lange plaudern wir, sehr nett und spannend, was wir alles über VCM, Berlin, aber auch die Ramsau und alles mögliche andere erfahren.
Freudig fotografiere ich auch in der Gegend herum. Insbesondere die Schilder haben es mir angetan. Einmal ein Hinweis: Sportler haben Vorrang! Genial, sowas gefällt mir gut!
Hie und da spüre ich, dass ich die Schnürung meiner Schuhe ändern muss, einmal sind sie zu locker, dann zu fest, dann findet ein Stein Eingang in den Schuh. Aber es ist so nett, es ist mir einfach egal, wir haben keinen Zeitdruck. Keinen Stress. Wir laufen und werden es wahrscheinlich wieder mal schaffen. Unser Ziel ist es, uns nicht zu zerstören, einfach mit leicht angezogener Handbremse zu finishen. Nur bei Bergabpassagen löse ich diese Handbremse gerne und rolle hinunter. Heidi dafür schafft ein anderes Kunststück, eins das so grenzgenial ist: sie schafft es alle Anstiege durchzulaufen. Wo alle anderen, ich freilich  auch, gehen müssen, Heidi rennt. Überhaupt bleibt sie nur an den Labestellen stehen, nirgends sonst. Ach, ich bin stolz auf Dich!
Bald ist es klar, dass wir nur noch 20 nur noch 10 Kilometer vor uns haben. Ein paar Anstiege noch, ein paar Downhills, ein paar noch.
Als die Kilometeranzahl einstellig wird, fällt mir mitten in ein: Was wenn ich hier nur dieses eine Mal laufe? Dann habe ich diesen Moment, diesen Pfad hier nur ein Mal zu laufen. Ich  muss alles in mich aufsaugen, die Strecke, die Bäume, den Gatsch, alles. Alles ist einzigartig in diesem Moment. Und mir ist die Müdigkeit egal, der Moment ist einzigartig. Und ich danke dafür.
Nur noch wenige Kilometer, es geht nur noch bergab. Das ist jetzt Genuss, das Wetter hat bisher gehalten, kein einziger Regentropfen. Wieder einmal hat die Wirklichkeit den Prognosen widersprochen. Noch 2 Kilometer, noch etwas mehr als einer...
Heidi raunt mir dann plötzlich zu:
Das ist jetzt Deins, Das ist jetzt Deine Strecke, da geht's nur noch runter. Ich versteh das, lauf allein ins Ziel.
Ja sie hat recht, sie hat recht, es ist meine Strecke, meine Beine sind wieder leicht, ich kann mich so einfach runterrollen lassen es wird herrlich! Nur, ich  laufe sicher auch  hier nicht alleine ins Ziel. So gönne ich mir noch  den letzten Downhill, lasse alle Bremsen los, schalte wieder den Ipod ein..  ich glaub`s nicht, der Donauwalzer beim spielerischen Downhill-Endspurt. Wenige hundert Meter vor dem Ziel fotografiere ich wieder, genieße noch  einmal die Strecke, die Erinnerung, das Erlebnis an sich, da folgt mir Heidi schon und strahlt übers ganze Gesicht. Wir haben es wieder einmal geschafft http://www.youtube.com/watch?v=brRxm1VWe98&feature=youtu.be , wir haben auch diesen Ultra gemeinsam beendet. Was hab ich doch  für eine Frau!
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Kaum im Ziel, wir holen unsere Medaille, unser Finisher Shirt, unseren Kleidersack (von der unbewachten Wiese) da beginnt es zu regnen, zu schütten.
Wir entkommen dem Regen erst knapp nach St. Pölten.
Was für ein Glück! Einen Tag später und der Rennsteiglauf wäre wohl  sicher früher für uns zu Ende gegangen. So wurde es eine wundervolle und beeindruckende Erfahrung.
Weil 42 die Antwort ist und 130 der Sinn

Offline heitzko

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #2 am: 27.05.2013, 21:31:11 »
ich kann dazu nur sagen: was hab ich doch für einen ehemann! da könnte er wahrscheinlich auf so einer strecke ein unglaublich geniales rennen laufen und bleibt lieber bei seiner nicht ganz so schnellen ehefrau :).

Offline JM

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #3 am: 27.05.2013, 21:36:50 »
Gratulation euch beiden !
So weit laufen zu können ist ein Geschenk dass ihr zu nutzen wisst.
Weiter so.
When your life flashes before your eyes, make sure you’ve got plenty to watch

Offline Pizzipeter

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #4 am: 28.05.2013, 09:38:28 »
Eine große Verneigung und Gratulation zu eurem gemeinsamen Lauf und deinem Bericht - ich hab mich schon drafu gefreut :-)
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Offline boenald

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #5 am: 28.05.2013, 12:12:04 »
Ziemlich luxuriöse Vorbereitung auf die Veitsch... Gut, dass dort nicht alles im Regen versunken ist. Ihr hättet Eisenach kaum von St. Pölten unterscheiden können :D Gratuliere zu diesem Erlebnis und zu diesem Lauf!
Paragraph eins: jedem sein´s.

Offline Gantenbein

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #6 am: 28.05.2013, 12:22:13 »
Toller Bericht und tolle Leistung....wirklich fein, dass ihr das alles zusammen macht.

Ulrich dein Musikgeschmack bleibt mir trotzdem fremd; um es einmal höflich auszudrücken :D !!!!
Füllkilometer können mir gestohlen bleiben !

Offline Patmich

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #7 am: 28.05.2013, 18:06:45 »
super bericht, wahnsinnsleistung, und beim donauwalzer bekomm ich gänsehaut...

Offline run4fun

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #8 am: 29.05.2013, 23:29:07 »
super gelaufen, schöner Bericht ...
Ernährung für Ausdauersportler
http://endurancefood.blogspot.co.at/

Offline Anna

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #9 am: 31.05.2013, 07:41:20 »
Beeindruckende Leistung und ebenso beeindruckender Bericht gespickt mit Lauflust pur!

Offline Michi

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #10 am: 31.05.2013, 12:04:04 »
Gratulation, sowohl zum Lauf als zum Bericht !!

Offline Richy

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2013-05-25 Rennsteiglauf - Ulrich
« Antwort #11 am: 11.06.2013, 18:22:31 »
Bravo!

 

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