Autor Thema: 2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi  (Gelesen 1646 mal)

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« am: 03.05.2009, 00:00:00 »
Datum: 2009-05-03
Event: Salzburg Marathon
Distanz: 42.195 km

Ersteller: Tschitschi

Offline Tschitschi

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #1 am: 03.05.2009, 00:00:00 »
endlich wieder

Seit meinem 2006er Marathon in München, hatte ich eine schwarze Serie.
2007 kurz vorm VCM verletzt. Köln 2007 aus purem Übermut viel zu schnell angelaufen und der Hammermann hatte seinen Spaß mit mir, war einseitig, das Vergnügen.
2008 vor dem VCM mit Bergbock gelaufen, Achillessehne beleidigt, nur 6 Wochen Vorbereitung und im Rennen aufgegeben. Berlin 2008, 2 Tage vor dem Start unerklärliche Entzündung am Schienbein (keine Laufverletzung) mit zusammengebissenen Zähnen und krampfgeschüttelten Beinen durchgelaufen.
Also: es ist wirklich hoch an der Zeit wieder einen anständigen Marathon hinzulegen.
Die Vorbereitung war gut, wenn auch die Umfänge gering. (ca 55km/Woche) die Berge haben zu oft, zu laut gerufen. Pulswerte im Training sind phänomenal, deuten auf eine Zeit von 3:15, aber eben wenig Umfänge, daher hab ich mir (Banis Ermahnung im Ohr) vorgenommen auf 3:25 loszulaufen und dann vielleicht ein wenig zuzulegen.
Es ist mein 12. Marathon und mein 15. Lauf über mehr als 42KM.
Start am Residenzplatz, 2 Halbmarathonrunden sind zu laufen.
Strahlend schöner Tag aber noch fein kühl, hoffe dass bleibt so.
Salzburg ist ein kleiner Marathon, von der Läuferzahl her (6xx Finisher), den Zuschauern ebenso und ganz speziell der Enthusiasmus der Zuschauer ist eher britisch.
Gleichzeitig werden die Staatsmeisterschaften ausgetragen, alle meine Bekannte –Tina, Bani, Larissa, Regina, Nathalia, die Klosterneuburger- starten in dieser Gruppe, 1 min vor uns
Nichtvereinsmeiern.
Stimmung ist gut, wir laufen los, Richtung Stadtauswärts, ich komm sofort herrlich ins Rollen, fühl mich pudelwohl. Residenzplatz, Mozartplatz, Rudolfskai, alles mir sehr vertraut. Am Bundesrealgymnasium für Mädchen vorbei (für uns als reine Bubenschule keine unwesentliche Adresse)
Das ist mein zweiter Heimmarathon neben dem VCM, habe immerhin fast 10 Jahre in Salzburg gelebt, bis das Studium mich nach Wien lockte. Am Künstlerhaus vorbei, da war ich lange Zeit jede Woche mehrmals, einige Freunde unter den Künstlern, Ich laufe rund. Zeitvorgabe ist 4:50/KM erster in KM 4:50, wer sagts denn. Dem Puls nach, schlaft das Herz noch.
KM 2 4:30, hab schon gehört dass voriges Jahr die KMTaferln eher willkürlich postiert waren, KM3 4:45, schein also insgesamt etwas zu schnell zu sein. Leider spinnt die Polar, zeigt eher unrealistische Werte. Wir laufen in die Hellbrunnerallee, mein Puls langsam wacht auf, dafür schlafen die Zuseher, die wenigen. Ich mach den Ullrich und erschrecke sie sichtlich mit meinem Anfeuern. Versuche das Tempo ein bisschen zu bremsen um die 4:50 zu erreichen. Lässt sich aber nicht machen jeden KM denk ich deutlich langsamer zu sein und immer ist´s unter 4:45.
Wir laufen durch Hellbrunn durch, schön auf einem roten Teppich Richtung Schloss.
„Hopp auf, geht schon!“ einer sagt ja was, aber in dem Ton den man normalerweise bei: „mein Beileid“ hört. KM 5 fliegt vorbei, ich gibs auf das Tempo zu reduzieren alles deutet darauf hin, dass es eh passt, erste Verpflegung, ich trinke, was ich normalerweise bei KM5 selten mache, aber die Sonne gibt mir doch zu denken. Eine kleine Steigung hinauf, Tempo raus, Es folgt ein kleiner Waldlauf sehr nett danach durch Wiesen, der verschneite Untersberg vor uns. Wie oft bin ich da hinauf? Im vorletzten Winter im Schneesturm die Finger eingefroren, wirkt sich heute noch aus. Weiter drüben der Staufen, mein erster Versuch einen Berg hinaufzulaufen. Kurz vor KM 10 der erste Wechsel der Staffeln, die sind so auf ihre Läufer konzentriert, dass auch sie die Hände nicht gegeneinanderbewegen können und den Mund verschlossen halten. Allerdings Musik aus der Konserve lässt einen zumindest Stimmung von anderen Marathons in Erinnerung rufen. Weiter geht’s zum Schloss Leopoldskron, da hab ich nach der Matura Fotografie in der Sommerakademie studiert, im Weiher bin ich im Eis eingebrochen. (gehört zu einer ordentlichen Salzburger Jugend).
Weiter zur Moosstrasse, ärgerlich dass auf einer Seite Autos sich im Stau langsam qualmend
Vorwärtsquälen. Einige Streckenteile sind nur auf einer Straßenseite gesperrt. Übrigens: so hatte man wenigstens einige Zuschauer, waren allerdings sichtlich nicht sehr begeistert.
Kommen bei der Herstellungsstätte des Stieglbiers vorbei, verbinden sich auch einige Erinnerungen. Die erste Lifeband sitzt life am Lastwagen und spielt nicht. KM 15: ich  laufe im klaren Gefühl, das ist/wird  der perfekte Marathon. Am Ofenloch, ältestes Haus der Riedenburg, mit romanischer Halle vorbei, hat mein Büro vor 25 Jahren umgebaut. Weiter zum Neutor und in die Reichenhallerstrasse. Das blaue Haus links, war mein erster Wettbewerbssieg  noch als Student, Zum Landeskrankenhaus, gegenüber das Augustinerbräu (erinnerungen!) hier steht ein Lkw mit Boxen auf der Ladefläche. Könnte eigentlich von einer Band genützt werden?
Bergab durch eine lange Unterführung unter der Bahn, ich geniese den Schatten, ist also doch schon warm. Durch Lehen über die Brücke, super Blick zur Altstadt, fast kitschig, am Kai entlang und der erste Liveact. 4 Burschen würgen die Gitarren und... es gibt auch unter Sängern Wappler, aber immerhin sie spielen!! Jetzt sind wir nur mehr 2km vom Ziel (erste Runde!) entfernt, sehr abwechslungsreich geht es über Mirabellplatz, Platzl, Staatsbrücke (da stehen Zuschauer und feuern an, es gibt gleich einen Schub, wirklich) zur Griesgasse, Universitätsplatz, da bin ich ins Gymnasium gegangen, und zum Ziel.
Am Universitätspltz endlich eine Band die`s kann, bin der Sologitarre dankbar, Euphorie kommt hoch, mir geht’s traumhaft gut, selbst in München war ich nicht so locker am HM.
HM in 1:40:00 oder schöner 100 Minuten exakt, also deutlich zu schnell.
Gleich danach Verpflegungsstation, ich mach die Sicherheitsnadel auf um mein erstes Gel von der Laufhose zu befreien, Muss Stehenbleiben, weil das Leukoplast gegens Scheuern geht ewig nicht runter, egal, bin so oder so früh dran. Und weiter auf der jetzt schon bekannten Strecke.
Nächster KM 5:17, ok das war das gefudel mit dem Gel. Weiter wieder Richtung Hellbrunnerallee,  Nächster KM 5:00 und Puls geht deutlich einen Sprung rauf. Verrückt: vor einem KM hab ich mich gefreut wie total easy das heute läuft,  spekuliert wahrscheinlich in der 2ten Runde so ab km 30 Gas zu geben und jetzt? Denk mir, das war das Stehenbleiben, bald komm ich wieder ins Rollen. Aber nix: KM nach KM splits knapp unter 5:00 Puls bleibt hoch, und ich kann einfach nicht, ohne mich Wegzuwerfen, schneller werden. Als hätte wer einen Geschwindigkeitsautomaten auf 4:55 gestellt. Und wo sind die Läufer hin? 100 Meter vor und hinter mir sind sie zumindest nicht, ich laufde total allein,
Der rote Teppich in Hellbrunn ist auch nicht mehr nur hübsch sondern eigentlich ein besch...eidener Untergrund zum Laufen. Alles fällt deutlich schwerer und ich bin schwer verunsichert. Nach der kurzen Steigung muss ich kurz umdrehen und zum Streckenposten zurück, fragen wo die Strecke ist. Aha, da wo die Autokolonne staut.
Eigenartig: Ich habe nicht wirklich einen Einbruch, es ist wie eine Blockade.
Fürchte mich natürlich jetzt einzugehen und vor den ewig langen kommenden Kilometern. Aber eigenartig: ich kann zwar nicht schneller laufen, die km`s gehen trotzdem zügig vorbei.
Nie das, nur zu bekannte, quälende Gefühl, wann kommt eeeeeendlich das km Schild?
Taste mich psychisch langsam vor: Jetzt laufst einmal noch locker bis KM 30.
KM 30 Vorbei am Wechsel, der Staffelläufer. Ist auch nicht aufbauend wenn du verunsichert bist und dann die frischen Staffelläufer einmal flott an dir vorbeiziehen. (Viele sammelt man eh wieder ein paar km weiter wieder ein) Nächstes Ziel KM 35. Danach brich ich nicht mehr ein. Immer noch das Gefühl des Tempomaten, ich kann weder schneller noch langsamer laufen: Hab so was noch nie erlebt. Kurz nach KM 35 endlich Läufer vor mir, und eine bekannte Gestalt: Larissa. (1min vor mir gestartet) Die Band am LKW spielt nicht, aber immerhin stimmt der Gitarrist die Gitarre. Ein Ziel scheint schon erreicht: Das Duell gegen die „Holga“. Larissa hat ja liebenswürdigerweise bei ihrem letzten Marathon noch 7sec auf meine Bestzeit übriggelassen, also heute bin ich schneller! Ab KM 37 bin ich schon im Ziel, im Kopf. Beim Augustinerbräu sitzt die Band mittlerweile am Wagen. Ich schrei hinüber: „Was ist Burschen?“  Bekomm sogar höflicherweise eine Antwort: „Wir fangen gleich an!“ (Michi: hast du sie spielen gehört?)
Die letzten 5 sind ein Klacks. 3 brauch ich, bis ich Larissa erwische, ca beim Sängerwappler, und dann laufen wir Schulter an Schulter bis zum Universitätsplatz, der Gitarrist gibt sein Bestes, ich zieh das Tempo an, Larissa fällt zurück, hat noch mehr überzogen als ich,  in der ersten Hälfte. Im Ziel: mit 3:25:35. PB um fast 2 min verbessert, aber viel wichtiger: endlich wieder einen halbwegs guten Marathon hingelegt. Ich bin sehr zufrieden, wenn auch die Zeit sicher nicht meinen Vorstellungen entspricht. War ein guter Lauf. Vor allem nachdem ich die Splits der Anderen gesehen habe!! Ich war ja bei weitem nicht der einzige der in der Runde zwei nachlassen musste.
Und Taffi hat ja scheinbar ganz ähnliches erlebt:
„20 km liefen nach Plan und eigentlich mit guten Gefühl, aber binnen 3km bin ich dann total explodiert. Es ging gar nichts mehr.“
Bin also sehr zufrieden, der Lauf hat auch kaum Wirkungen hinterlassen, war heute locker laufen, nur leichtes Ziehen am Oberschenkel und sonst nichts.
Fazit:
Eigentlich ein klasser, abwechslungsreicher schöner Marathon, aber einsam, auf der Veitsch hast mehr Zuspruch und das Feld ist dichter.
 
"man muss wissen bis wohin man zu weit gehen kann" jean Cocteau

Offline elisabeth

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #2 am: 05.05.2009, 22:38:09 »
Danke Christian für den Bericht und GRATULATION zur Bestzeit!!!

Offline JM

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #3 am: 06.05.2009, 06:21:46 »
Schöner Bericht, Klingt teilweise wie aus dem Touristenführer.
Die schwarze Serie seit München habe ich ja auch irgenwie gehabt, aber jetzt kommen wir wieder. Auch wenn du Larissa hinterherläufst, ich laufe dann dir hinterher, Herr Holga :)
Zielzeit 3:25, gelaufen 3:25, und dann schreibst du dass du mit der Zeit nicht ganz zufrieden bist ? etwa weil du in Wirklichkeit noch viel mehr Potential hast, aus dem Training raus ? Dann kann man sich also noch was erwarten von dir in nächster Zukunft !
Wäre ich mitgelaufen dann hätten wir unterwegs wieder über dieverse Architekturprojekte reden können, in Salzburg Lehen haben wir vor kurzem eine Bankfiliale fertiggestellt. Dein Erstlingswerk hätte mich ja auch sehr interessiert !
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Offline KITTY

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #4 am: 06.05.2009, 06:31:28 »
Bravo zu deiner tollen PB. Freue mich für dich das du wieder mal einen Marathon genießen konntest.
lg
peter

Offline Mihi69

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #5 am: 06.05.2009, 08:00:47 »
Danke für deinen Bericht, so konnte ich den Marathon quasi im Kopf nochmal laufen.
Gratuliere zu deiner SUPERZEIT!
Lg
Michi

Offline heitzko

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #6 am: 06.05.2009, 08:09:20 »
britischer enthusiasmus :D :D :D! das gefällt mir! der rest des berichts übrigens auch ;). GRATULIERE zur traumzeit!

Offline pipel

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #7 am: 06.05.2009, 09:45:12 »
Gratuliere dir zum Comeback und zur Bestzeit. Sehr informativer Bericht mit vielen persönlichen Eindrücken. Freu mich mit dir, dass es wieder läuft!
Stop the world — I wanna get on!
(Leo Bloom in "The Producers")

Offline boenald

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #8 am: 06.05.2009, 10:25:35 »
ooohja, auch unter sängern (jeglicher richtung im übrigen) gibt es reichlich wappler...
ebenfalls ganz starkes kopfnicken und zustimmung zu deiner schilderung der tempomaten-blockade! hat mich stark an meinen - btw auch rather british angehauchten - LCC letzten herbst erinnert. keine ahnung, woher sowas kommt, aber das gibts halt.
die diskrepanz zwischen potentieller und realer zielzeit wurde mir als sehr super erklärt: jede menge ziele fürs nächste mal :) und abgesehen von all dem, gratulation zur klaren PB, zum weitgehenden genuss des laufs und danke für den kurzweiligen bericht!
Paragraph eins: jedem sein´s.

Offline StefanM

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #9 am: 06.05.2009, 11:19:48 »
Hat mir gefallen die Schilderung der unterschiedlichen Eindrücke in den beiden Runden:
1. Runde: schöner roter Teppich
2. Runde: so ein besch... Untergrund so ein Teppich

Den Tempomaten kenn ich auch, für mich ist es aber keine Blockade, sondern eher das Gefühl, dass es mir noch gut geht, sonst werd ich nämlich langsamer.

Super, weiter so!
lg Stefan

Offline chribi

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #10 am: 06.05.2009, 16:23:26 »
danke für den netten bericht, hab seh über deine schilderung der div gruppen und zuschauer lachen müssen . gratulation zur PB

Offline helga

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #11 am: 06.05.2009, 16:43:49 »
Den Gedanken des " und ich kann einfach nicht, ohne mich Wegzuwerfen, schneller werden. " den kenn ich allzugut und das mit den KM Schildern auch, sehr viele Gedanken die uns allen durch den Kopf ziehen während eines Wettkampfs. Ich gratuliere für den gelungenen Bericht und Marathon.
lg Helga
Der Weg, auf dem Sie Ihre Ziele erreichen, ist genauso individuell, wie Sie selbst. (Klaus Weiland)

Offline Conny

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #12 am: 07.05.2009, 18:14:00 »
Danke für diesen wunderschönen, sehr persönlichen und humorvollen Bericht und natürlich: Congratulations, congratulations (ja, ich singe das grad furchtbar dilletantisch in Wapplermanier, wirklich eine großartige Leistung!

Offline Richy

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2009-05-03 Salzburg Marathon - Tschitschi
« Antwort #13 am: 07.05.2009, 23:58:19 »
Gratulation zur Bestzeit und Danke für die Salzburger Impressionen

 

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