Autor Thema: 2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich  (Gelesen 985 mal)

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« am: 17.05.2009, 00:00:00 »
Datum: 2009-05-17
Event: Linz Marathon
Distanz: 42.195 km

Ersteller: Ulrich

Offline Ulrich

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #1 am: 17.05.2009, 00:00:00 »
von SAP zu SAP oder .. Ich bin ein Linzer

Hitze, Regen, Perfektes Wetter, Sonne, aber nicht wirklich so heiß, wir wussten bis zum Tag des Starts nicht, was nun wettermäßig zu erwarten sei. Tja und erst recht nicht, als wir am Vortag mit Alb nach Linz fahren konnten. Auf der A1 teilweise nur Sichtweiten von 200m, wolkenbruchartige Regenfälle und keine Aussicht auf Sonne. Tja, und dann kam es anders, schon in Linz als wir auf die Pastaparty warteten kam die Sonne raus und zeigte uns, wer nun wirklich für strahlende Stimmung verantwortlich ist. Da wir bis zum Treffpunkt im Golden Pub noch genügend Zeit hatten, wagte ich ein Experiment, welches im Endeffekt ziemlich schief ging. Ich  nutzte das Angebot einer Massage und ließ mich am Tag vor dem Marathon einmal richtig durchkneten. Ach was hatte ich zu verlieren? Nun Leider doch einiges, es stellte sich im Nachhinein heraus, dass ich meinen Talisman hatte liegen lassen :(
Das Gefühl nach der Massage war.. let´s be honest.. grauenhaft. Ich fühlte mich wir ein nasser Waschlappen, ohne jede Kraft, ohne Spannung, aber ich hoffte nun einmal, dass ich vielleicht doch noch einen Schimmer meiner alten Spritzigkeit bis zum Start wiederfinden sollte.
Die Pastaparty füllte die letzten Löcher im Magen randvoll auf, sodass Heidi und ich  uns bald zum vereinbarten Treffpunkt beim Golden Pub machen konnten.
Nach einer eher kurzen Plauderei mit Sylvia, Eva (gratuliere an dieser Stelle auch Walter, der seinen Marathon in Slowenien gelaufen war), Sepp (nett, dich einmal auch persönlich kennen gelernt zu haben) und allen anderen machten Heidi und ich  uns wieder auf, den Zug nach Aschbach zu erreichen, wo wir bei Heidi´s Schwester Quartier gefunden hatten.

Tag des Laufes

Tagwache um 5:30, Abfahrt um knapp nach 6:30 nach Linz. Für einen Verfechter der Landkarte ein ganz  neues Erlebnis, wir hatten im Auto ein Navi, welches uns in unerschütterlicher Gleichmut den Weg weisen wollte. (nun, manchmal wollten wir halt dennoch ein wenig improvisieren ;) )

Die Sonne stieg und stieg immer höher....

Wir trotteten in Richtung Start, meine Beine warten immer noch in einem seligen Ruhezustand nach der Massage vom Vortag, sodass ich mir nie und nimmer vorstellen konnte, flotter als im Gehtempo zu laufen :( Nun, selber schuld, so was weiß man ja an und für sich...
Am Start noch das eine oder andere nette Pläuschchen, und bald ging es los.
Meine Idee war es, die erste Hälfte in der Nähe des 5 min- Pacemakers zu  laufen, dann in der 2. Hälfte einfach frei drauf los zu improvisieren. Mal schauen, was sich ergeben sollte..

Die ersten paar Kilometer sind vom üblichen Zweifel an den Fähigkeiten des Tempomachers geprägt, bis ich wieder einmal eher auf mein eigenes Gefühl vertraue und mich (diesmal nach vorne) absetze. So in einem Tempo von 4:50 fühle ich mich derzeit einfach am wohlsten, wenngleich der Puls schon bei ca. 155 ist. Gut ich schreibe es dem Wetter und der wirklich sehr guten Stimmung am Straßenrand zu. Ich unterhalte mich hie und da mit den Zuschauern, bedanke mich und feuere sie gleichzeitig an. Der Lauf macht jetzt schon Spaß!
Wir rennen durch die Gegend von Urfahr, dann runter zur Donau. Ein Schiff mit Cheerleadern unterhält uns zur Musik von „Ghostbusters“, was einen Blitzkneisser in meiner Gruppe zur überraschten (und ja, sicherlich sexistischen Aussage ;) ) „Des san ja Hosn“ hinreißt :D
Ich finde einen Laufkollegen, der mir von sehr spannenden Auslandsmarathons erzählt, er kennt schon die Jungfrau, dann berichtet er vom Alice Springs Marathon, mit einem Finish, welches sich auf einer 12 km Geraden im Outback abspielt.
Ich bin beeindruckt und laufe weiter.
Die Staffelübergaben nötigen mich zur schon üblichen Zuschaueranfeuerung, welche dankend beantwortet wird, eine absolut fabelhafte Stimmung heute in Linz! Wir laufen durch die Stadt, immer wieder wollen Kinder abklatschen, was mich zwar eigentlich ein wenig irritiert und rausbringt, aber dennoch freut mich die Anteilnahme der Kleinen sehr. Schön, wenn die Freude am Marathon auch auf sie überspringt. Meine Zeiten bleiben konstant knapp um die 4:50, ich fühle mich langsam ein wenig weniger locker als nach der Massage. Gut so.
Den Tempomacher habe ich schon lang nicht mehr gesehen, ich freue mich, dass meine Überlegung zumindest vorerst einmal aufgeht und trinke ein Wässerchen an der Verpflegungsstelle. Prost auf Linz!
Die Strecke neigt sich langsam der Hälfte zu, ich  habe ein leichtes Ziehen im rechten Wadl bereits überstanden und verdrängt, alles läuft gut, als ich den HM bei ungefähr 1:43 überquere. Keine berauschende Zeit, aber ich habe schon lange aufgehört mir heute wegen einer Zeit Sorgen zu machen, immerhin ist es heut ein Hitzemarathon. Die letzten 3 vergleichbaren Läufe habe ich in Zeiten zwischen 3:52 und 3:58 beendet, das waren heute meine Vorgaben. Nicht die, bei kühlem Wetter sicher denkbare PB. Laufen ist Spaß und Freiheit, kein Stress und keine Sorgen!
Und weiter.
Nur noch 20 km.
Ich versuche ein wenig mein Tempo konstant zu rennen, ignoriere den leichten Wunsch, mich hinter einen Busch zu verdrücken und den Rasen zu wässern. Das möchte ich lieber auf später verschieben, vielleicht brauche ich ja einmal eine kurze Pause, die mir dann gut tut, wer weiß?
Wir laufen in Richtung Waldstück, als ich an der einzigen Möglichkeit, wo wir auch die Spitzengruppe sehen können, plötzlich Alb und EMG entdecke. Ich bin beeindruckt und versuche ein wenig anzufeuern. Von hinten rollt unaufhaltsam der Pacemaker mit seinen Groupies heran. Einige Kilometer kann ich mich dran halten, doch irgendwann macht es mir keinen Spaß mehr, ich nutze meine Unpässlichkeit als Vorwand und bewässere einen Baum. Nachdem ich so einige Sekunden Abstand gewonnen habe geht’s weiter.
Meine Zeiten schwanken um die 5 Min Grenze, die Hitze macht sich bemerkbar und ich freue mich über den kötzlichen Geschmack meiner Gels. Wenigstens die Gegend ist nett, die Leut in den Schanigärten feuern uns an und prosten mir zu. Heute kann ich sagen.. „Ich bin ein Linzer“, mir taugts wirklich!
Ich laufe immer wieder auf Kollegen auf, die ich dann schlussendlich doch überholen kann, so schlecht dürfte ich also nicht beisammen sein, es macht eigentlich wirklich Spaß, heut zu rennen.
Bei der Wende, es geht wieder in bebaute Teile von Linz zurück suche ich mir in regelmäßigen Abständen SAP´s, was weniger mit meiner plötzlich entdeckten IT-Liebe zu tun hat, sondern eher mit der Bedeutung „Strecken-Abschnitts-Partner“ zu erklären ist. Ich hänge mich dran, lauf mit, schau zu und überhole wieder. Eigentlich einfach, wenn man es so schreibt :)
Bei einer Labestation ein bekanntes Gesicht auf der Gegenfahrbahn, Mihi kommt locker herangetrabt, wir prosten uns zu. In meiner Umgebung, meistens vor mir läuft die für die nun kommenden Kilometer entscheidende SAP. Ein relativ junges Mädl, die einen sehr lockeren Schritt drauf hat, dennoch scheint sie zu beißen. Gut eine Kämpferin, da kann ich mir ein Vorbild nehmen.
Ich häng mich dran wir ziehen uns gegenseitig. Ihr Tempo kommt mir ein wenig hoch vor, aber... soll ich aufgeben? Nein, ich mach mir da absichtlich ein wenig Druck, Zeitziel hab ich ja schon längst keins mehr, ich bin mit einer Zeit unter 3:40 happy und möcht nur noch schöne Eindrücke sammeln. Sie beißt richtig um ihr Tempo zu halten, ich beiße um nicht nachzulassen. Als sie dann einmal plötzlich ca. 2 Meter vor mir ist, versuche ich den Abstand wieder zu verringern, laufe eine Kurve ein wenige eher auf der Ideallinie als sie und ... sehe sie nicht mehr.
Noch 5 km.
Heut taugts mir wirklich, es ist nicht einfach, aber ich gehe nicht ein. Meine Zeiten schrumpfen sogar wieder unter die 5 Min Marke, was will ich mehr. Wo ist eigentlich dieser komische Pacemaker? Habe ich so viel Zeit verloren? Seltsam.
KM 38 geht vorüber, die Zuschauer tragen uns weiter, endlich kommen wir in musikbeschalltes Gebiet. Ein wenig schneller geht noch, der Puls ist freigegeben und bleibt nun über 170. Paßt.
Am Wegesrand entdecke ich  Regina, sie strahlt und knipst und feuert an. Sowas tut gut!
KM 40, gleich haben wir´s geschafft, Juhu!
Nach ein paar wenigen Metern, ca. bei KM 40.6 schaue ich  auf die Uhr und.. schau gleich noch einmal.. 3:23? na hallo, was tanzen denn da für krause Gedanken vor meinem geistigen Auge?
Sollte sich meine HolgerZeit von 3:30 noch  irgendwie bewerkstelligen lassen? Meine Beine sind ja noch nicht am Limit, mein Puls, mein Kreislauf auch nicht. Mal schauen, was geht.
Kumm, gemma!
Ich schlucke einen nach dem anderen, selten überholt mich ein Staffelläufer. Bei KM 41 habe ich noch ca. 5:25 Vorsprung auf meine Wunschzeit, ich sollte mich ein wenig beeilen. Schei.. Kopfsteinpflaster, du ärgerst mich heut nicht. Die Musik treibt mich an, die Zuschauer johlen, ich johle zurück (oder wars umgekehrt?) Neben mir einer, der meinen Kampf zu seinem macht, wir treiben uns weiter. Ich sehe das Ziel, bin bei 180, als sich vor mir eine 4-er Staffel über die ganze Straßenbreite die Hände reicht. Burschen, seid´s ma ned bös, aber das ist hirnrissig!!! Ich dränge mich (mit beabsichtigtem Körperkontakt) links vorbei und sehe die Zieluhr. Es kann sich ausgehen, ich gebe noch ein wenig Stoff und beschleunige.

3:29:51

Irgendwie bin ich da jetzt ziemlich stolz drauf!
Mein SAP der letzten Meter scheinbar auch, wir umarmen uns.

Nun, ich suche eher eine andere Umarmung und mache mich durch den Zielbereich und die Labestation wieder auf an die Strecke, wo ist Heidi? Schnell montiere ich den Chip runter von meinem Schuh, um nicht bei einem allfälligen Heidi-Begleit-Sprint erneut auszulösen.
Herrlich, wie die Kollege nun ins Ziel kommen, Großartig, ihr seid alle heute Sieger, alle, sogar ich fühle mich endlich wieder wie einer. Meine Augen werden feucht.

Bald, sehr bald entdecke ich in der Hitzeschlacht einen bekannten Laufstil, mein Schatz beißt sich durch die letzten Meter der Strecke.
Ich  turne zurück auf die Strecke und laufe ihr ein paar Schritte entgegen. Ja, die beißt, die kämpft. Und sie schafft es, auch bei diesem Wetter, wieder unter 4 Stunden zu bleiben! Wir sprinten in Richtung Ziel, Sie orientiert sich am eigenen SAP, rennt mit ihm ins Ziel! 3:58, Mah bin ich stolz!


 
Weil 42 die Antwort ist und 130 der Sinn

Offline heitzko

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #2 am: 19.05.2009, 11:59:35 »
mah bist du stolz? was soll ich erst sagen wie stolz ich auf dich bin :)! einfach toll, dass die vielen langen läufe so gut angeschlagen haben und meine tätigkeit als long-jog-SAP anscheinend nicht ganz kontraproduktiv war :) marathon mit endbeschleunigung bei dem wetter? einfach unglaublich!

Offline Mihi69

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #3 am: 19.05.2009, 12:13:12 »
Super Bericht! Gratuliere!

SAP kann auch Schrecken, Angst und Panik bedeuten = würde auch zum Marathon passen!

Lg
Michi

Offline chribi

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #4 am: 19.05.2009, 12:51:08 »
gratulation an euch beide, super zeiten seids gelaufen:) ulrich  bei  den nächsten marthons immer vorher massieren lassen :D:D, dann wirds eine super zeit:) kannst mir den oder die masseurin nicht verraten :D:D

Offline pipel

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #5 am: 19.05.2009, 13:26:33 »
Bravo Ulrich, super Bericht.
Stop the world — I wanna get on!
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Offline helga

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #6 am: 19.05.2009, 14:55:17 »
Gratulier dir recht herzlich zu deiner PB.
Deine letzten Zeilen haben mir sogar eine kleine Träne gekostet. Schön hast wieder geschrieben. Danke für diesen Bericht.
Der Weg, auf dem Sie Ihre Ziele erreichen, ist genauso individuell, wie Sie selbst. (Klaus Weiland)

Offline KITTY

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #7 am: 19.05.2009, 20:01:06 »
Endlich wieder mal ein Bericht von dir. Und das warten hat sich gelohnt:)
Super bist du und Heidi gelaufen und der Bericht ist sowiso Extraklasse.
lg
peter

Offline elisabeth

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #8 am: 20.05.2009, 10:17:44 »
Schöner Bericht!
Super Lauf!
Danke Ulrich

Offline Richy

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #9 am: 20.05.2009, 11:47:37 »
Bravo
Du bist gut in Form, dass sieht man am Bericht ;)

Offline boenald

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #10 am: 20.05.2009, 12:09:26 »
S,A,P - selten, aber prickelnd schreibt der ulrich heuer...
gratuliere dir zum konstanten lauf bei gar nicht leichten bedingungen. klingt nach einem absolut gelungenen wochenende! passt - so solls sein.
Paragraph eins: jedem sein´s.

Offline JM

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #11 am: 20.05.2009, 21:37:09 »
Erst mal Gratulation.
Aber fair war das nicht, dich von einem jungen Mädel ziehen zu lassen, du machst dir das zu einfach ;)
Helga hat´s nun hingeschrieben : demnach habe ich jetzt also doch eine Chance deine PB irgendwann zu unterbieten. Holga macht es sich auch einfach :D

Aber ich weiß deine Zeit eh richtig einzuordnen. Wetter- und massagebereinigt wärest eh in der Gegend deiner wirklichen PB gelaufen. Aber dazu wirst auch noch Gelegehiet bekommen. Weiter so !
When your life flashes before your eyes, make sure you’ve got plenty to watch

Offline hjalmur

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2009-05-17 Linz Marathon - Ulrich
« Antwort #12 am: 21.05.2009, 22:04:03 »
super Bericht, Ulrich!!!
Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft, vielmehr aus unbeugsamem Wllen (Mahatma Gandhi)

 

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