Autor Thema: 2009-10-10 Schwechater 6-Stundenlauf - rnrrch  (Gelesen 912 mal)

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2009-10-10 Schwechater 6-Stundenlauf - rnrrch
« am: 10.10.2009, 00:00:00 »
Datum: 2009-10-10
Event: Schwechater 6-Stundenlauf
Distanz: 99.000 km

Ersteller: rnrrch

Offline rnrrch

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2009-10-10 Schwechater 6-Stundenlauf - rnrrch
« Antwort #1 am: 10.10.2009, 00:00:00 »
Mein erstes Mal :)

Dies ist mein erster Laufbericht.........den ich veröffentliche :). Viel Spaß und viel Zeit.

Heute ist der 27.10. Ich sitze zu Hause, sauer, dass ich im Moment nicht laufen darf. Doch da bin ich selbst schuld. Wer eine (notwendige) OP lange hinauszögert...... (Anm: War nix dramatisches, alles gut verlaufen und es geht mir besser es der Plan vorsieht :)). Doch das gibt mir Zeit, den 10.10. Revue passieren zu lassen.
10.10. 06:00 Uhr früh. Keine ungewöhnliche Zeit für mich am Samstag aufzustehen. Und mir schießt gleich nach dem aufstehen ein Gedanke durch den Kopf: BIEL! Nein, nicht, dass ich mich jetzt auf nach Biel mache, um dort (irgendwann?) die 100 km zu laufen. Doch wird der 6-Stundenlauf in Schwechat nicht nur mein Einstieg in den „Ultramarathonbereich“ (klingt schon irgendwie gruselig) sondern auch mein 1. Testlauf. Wie wird es mir damit gehen, über so lange Zeit zu laufen? Werde ich überhaupt durchlaufen können? Werde ich das geplante Tempo laufen können und werde ich meine Zieldistanz schaffen? Was wird mein Magen dazu sagen, dass er zwischendurch etwas zu essen bekommt? Kann es passieren, dass ich mir den Mageninhalt später nochmal durch den Kopf gehen lassen muss oder kann ich alles in mir behalten?
Ich versorge meine Hunde, packe meine Tasche fertig, programmiere mein Navi, setz mich ins Auto und los geht´s. Das Wetter ist kühl, bedeckt und leicht regnerisch. Eigentlich nahezu perfekt.
Gegen 1/2 9 treffe ich im Stadion ein und warte dort auf meine LaufkollegInnen aus „meiner“ Laufsektion, um dort ein Zelt aufzubauen, etc. Immerhin sind wir mit einer 4-er-Staffel, einer Megastaffel (zwei davon starten auch beim 5 km-Lauf) 4 Einzelläufern und einem 5 km-Läufer am Start. Doch nicht nur dafür ist gesorgt, nein, auch der Hunger soll nicht aufkommen. Wir dopen uns mit Leberkäse. Sportlich seeeeeehr wertvolle Nahrung :). Aber das ist inzwischen eine Art Tradition geworden.
Zelt aufgestellt, Startnummern abgeholt und ausgeteilt, den Staffelläufern das „Geheimnis der Schleife“ (die der jeweilige Läufer, der für die Staffel unterwegs ist, tragen muss) erklärt; damit könnte es eigentlich los gehen. Doch halt, etwas bzw. Jemand fehlt noch und der kommt auch rechtzeitig: Nieselregen :). Wurscht........
10 Uhr: „PENG“ Huch, was war das? Ach so, der Startschuß. Okay, ich verabschiede mich von meinen Kollegen und trabe mal langsam los. Irgendwie komme ich mir vor wie ein 125 cm2-Motorrad bei einem 500-er-Rennen und sehe allmählich das erste Mal den Ausgang aus dem Stadion vor mir. Ich laufe raus und schau einfach, wo die anderen hinrennen. „Wenn ich denen nachlaufe, kann ich nicht so falsch liegen“, denke ich mir und liege damit ganz gut :).
Vor der Wende zurück Richtung Stadion sehe ich die beiden Startläufer der Staffel. Sie sehen gut aus, laufen locker und entspannt. Na, schau ma mal, ob das so bleibt. Nachdem ich selbst die Kehre passiert habe, sehe ich auch schon die anderen Einzelläufer. Es sind alles „alte Hasen“ mit einer Menge Ultraerfahrung. 6 Stunden sind für sie wie für für mich ein 90 Minutenlauf. (Und genau diese Erfahrung wird sich später auch noch zeigen.)
Dann geht es auch schon das erste Mal zurück ins Stadion. Die Stimmung ist gewaltig. Und je näher ich der Zeitnehmungsmatte umso näher komme ich auch unserem Zelt. Die Mädls haben dort Aufstellung genommen, um die Welle zu machen. Das motiviert :). Gleichzeitig stelle ich fest, dass ich zu schnell bin. (Und irgendwie soll ich das auch die nächsten Stunden nicht in den Griff bekommen.) So geht es auf die in die nächste Runde.
Nach der dritten Runde mache ich beim Verpflegungsstand. Von meinen Kollegen vis a vis kommen Motivierungsrufe wie: „Heeeee, Du bist da nicht zum essen sondern zum laufen!!!!“ Nur: Wenn ich steh, dann steh ich - ätsch - und steck mir noch ein leckeres Keks in den Mund. Schließlich will ich ja auch wissen, wie mein Magen reagiert, wenn er nur das bekommt, was beim Versorgungsstand angeboten wird (denn ich hab echt keine Lust, in Biel ein Leiterwagerl hinter mir nachzuschleppen, nur damit ich genügend Eigenverpflegung dabei habe...........).
So drehe ich Runde um Runde, bis es zu einer sehr skurilen Situation kommt: Gerade als der Regen immer stärker und stärker wird, ertönt es durch die Lautsprecher: „Und nun eine gute Nachricht: Der Regen soll nachlassen!“ Fast hätte ich stehen bleiben müssen vor lauter Lachen. Und auch wenn es ungewollte Situationskomik war - es motiviert (auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt noch keine zusätzliche Motivation brauche).
Runde um Runde vergeht und die Motivation ist hoch. Ich beobachte meine Sektionskollegen. Alle wirken sehr entspannt und dennoch konzentriert - vor allem die Läufer der Megastaffel, bei denen so mancher im Vorfeld tönte, er wird sich sicher nicht anstrengen. Als ob es deren Ehrgeiz anders zuließe :). Nur einer musste verletzungsbedingt inzwischen aufgeben. Er hat es im Vorfeld schon befürchtet, wollte aber unbedingt starten. Bis zum Schluss bleibt er jedoch bei uns, um uns Laufenden anzufeuern. Das bringt ihm noch mehr Respekt meinerseits ein, als es ohnehin schon der Fall ist. Denn ich kenn das von mir: Wenn ich etwas aufgeben muss, habe ich nur noch ein Ziel: Ab nach Hause und ins nächste Mauseloch.....
Langsam beginnt der Aufbau für den 5 km-Bewerb, der außerhalb des Stadions gelaufen wird. Das bringt wieder etwas Abwechslung - und für mich die Spannung, den letzten unserer Starter begrüßen zu können. Und bald schon sehe ich ihn auch. Er ist sehr verlegen, weil er die Startnummer 1 trägt. Vielleicht hätte er sich doch nicht schon Ende Februar anmelden sollen :). Ich rufe ihm zu, dass die Nummer aber schon verpflichtet - und verdecke dabei dezent meine eigene Startnummer (3). Tatsächlich wird er in seiner Altersklasse den 2. Platz erlaufen.
Um 12 Uhr ist der Start und ich versuche mein Tempo so zu timen, dass ich den Start live miterlebe - schaffe es und feure die Läufer an. Irgendwie eine schräge Situation, mitten im Laufbewerb andere Starter anzufeuern :).
Ich drehe weiter meine Runden, bleibe so alle drei bis vier Runden stehen um zu trinken - nicht ohne Kommentare von vis a bis wie: „Dich sieht man ja nur essen!“ oder „Eh kloa! Wenn´s wo etwas gratis gibt, bist Du wieder vorn dabei!“ :) :). Doch da ich genau weiß, wie sie es meinen, bin ich ihnen sogar dankbar dafür, mich zu motivieren zu versuchen - auch wenn das nicht wirklich notwendig ist.
Drei Stunden seit dem Startschuss sind inzwischen vergangen und ich liege weit über Plan. Meine „schlimmsten Befürchtungen“, dass sich das noch rächen wird, werden sich später bewahrheiten. Doch im Grunde ist das in Ordnung. Es ist ein Test für mich - und genau so sehe ich es auch. Langsam beginnt die Stimmung im Stadion einzuschlafen. Der Stadionsprecher versucht das zu verhindern, in dem er die Läufer jetzt namentlich nennt, wenn sie in die Stadionrunde einbiegen. Und: Es hilft :).
Weiter geht es mit Runden drehen und nach wie vor liege ich weit vor meinem Marschplan. Doch nach fast vier Stunden werde ich gebremst. Wie schon einige Male im Training gibt es einen „Stich“ auf der rechten Seite in der Nähe der letzten Rippe. Was das heißt, weiß ich sofort: Runter vom Gas! Jetzt beginnt die „zähe Zeit“: Eine Runde gehen, danach wieder versuchen zu laufen. Wenn schon nicht mein Traumziel erreichen (auf dessen Kurs ich bis dahin ganz locker unterwegs war) so doch zumindest das Minimalziel schaffen.
Die LäuferInnen aus meiner Sektion machen sich leichte Sorgen um mich, doch ich kann sie beruhigen.
Nach einigen „Geh-Lauf-Geh-Lauf-“Runden geht es mir etwas besser - und ich werde übermütig. Wobei hier auch eine ordentliche Menge „Imponiergehabe“ mit hineingespielt hat: In der Megastaffel laufen auch ein paar Mädls mit. Und als ich gerade beim Zelt vorbei laufe, wird innerhalb der Staffel gerade gewechselt und eine der jungen Ladies geht auf die Strecke. Das nehme ich zum Anlass, um etwas Fahrt aufzunehmen und eine Runde mit ihr zu drehen. Zurück bei Start-Ziel der nächste Wechsel - wieder ein Mädls. Der Motivationsfaktor bleibt also hoch und weiter geht es auf die nächste Laufrunde. Wieder bei Start-Ziel vorbei der nächste Wechsel - wieder eine der Damen: Glücksphase :). Doch diese ist mir nach der halben Runde zu schnell und so lasse ich sie ziehen. Ich muss wieder etwas zurück schrauben. Doch diese zweieinhalb Runden in durchaus attraktiver Begleitung zu verbringen, haben Spaß gemacht. (Hey, ich bin verheiratet - aber nicht TOT :).)
Auf einer meinen Runden sagt eine Läuferin zu mir: „Hey, bist Du nicht der Rainer aus dem Forum?“ In meinem Kopf spielte sich in dem Moment folgendes ab: „????????“ Mangels Blut im Kopf ist mein Gehirn zu nicht mehr fähig und ich kann nicht gleich drauf reagieren. Erst Runden später überreiße ich erst, dass wirklich ICH gemeint war und welches Forum und als ich sie wieder treffe, kann ich ihr endlich eine Antwort auf die Frage geben: „Ja!“ Sie lacht und fragt mich, ob ich denn so vielen Foren bin. Meine Antwort: „Tschuldige, hat gedauert, bis ich geschalten habe. Anscheinend habe ich nach all der Lauferei heute nicht mehr genug Hirn im Blut!“  DASS muss einem einmal einfallen :).
Nach 5:30 ertönt die Sirene: Das Zeichen, dass ab jetzt nur noch im Stadion gelaufen wird. Zu dem Zeitpunkt weiß ich: Mein Minimalziel ist erreicht und mit ein bisschen Anstrengung könnte ich es schaffen, meine tatsächlich gelaufenen KM genau zwischen Minimal- und Traumziel zu legen.
Die Megastaffel hat inzwischen einen beruhigenden Vorsprung herausgelaufen (nachdem dieser Zwischenzeitig von 7 Minuten auf 1 Minute geschmolzen ist; einige Läufer aus der Staffel machten in Selbstversuchen die Erfahrung, dass man eine Leberkäsesemmel doch nicht unmittelbar von ein, zwei schnellen Runden essen sollte :)) und ich schlepp mich mehr recht als schlecht durch das Stadion. Ganz ehrlich: Ich genieße die Atmosphäre. Es macht Spaß, hier dabei zu sein; zwischenzeitig ist auch die Sonne hervorgekommen. Was will man mehr? In einem letzten Anflug von nicht mehr in der Lage zu sein, rechnen zu können (Ich sagte ja schon: Nicht mehr genug Hirn im Blut.....) bin ich der Meinung, dass ich mein nun angepeiltes Ziel knapp nicht schaffe und raffe mich nochmal auf zu zwei Runden. Doch die letzten drei Minuten verweigere ich, weiter zu laufen: Ich schlage meine Zelte unmittelbar vor der Versorgungsstelle auf und koste mich da jetzt mal durch. So, das muss sein :).
Dann, nach sechs Stunden, wieder „PENG“, es ist vorbei. Obschon die letzten beiden Stunden etwas zäh für mich waren, bin ich glücklich. Nicht glücklich, dass es vorbei ist, denn im Grunde hat es irre viel Spaß gemacht, sondern glücklich, dass meine Pläne für diesen Tag zum Großteil aufgegangen sind. Ich konnte viel lernen, viel erfahren, denke, dass ich jetzt eine Idee habe, welche Fehler ich in Biel vermeiden muss, was ich anders machen sollte, was gut lief, etc. Ich warte noch kurz, bis die „Messmarschals“ vorbei kommen, um auch noch die letzten Zentimeter zu vermessen. Im Endeffekt stellt sich heraus, dass ich mein zum Schluss gestecktes Ziel um rund 900 Meter überlaufen habe.
Auch die Megastaffel hat ihren Sieg eingefahren. Gratulation an die Truppe.
Für mich gibt es - vor der Dusche - noch ein Ziel:ab zum „Mannschaftszelt“ um endlich das nächste Highlight genießen zu können: Die Leberkäsesemmel. Mahlzeit!!! :)
Lauf, Forrest, lauf!

Offline heitzko

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2009-10-10 Schwechater 6-Stundenlauf - rnrrch
« Antwort #2 am: 28.10.2009, 06:58:23 »
noch einmal gratulation zu diesem superfantastischen lauf! danke für den schönen bericht! man sollte meinen runden laufen ist öd, klingt aber ganz und gar nicht so :)!!! toll gemacht, toll geschrieben und ich hoffe du hast die leberkäsesemmel im ziel genießen können :)

 

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