Autor Thema: 2011-11-06 ING New York City Marathon - Peterslaufblog  (Gelesen 892 mal)

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Datum: 2011-11-06
Event: ING New York City Marathon
Distanz: 42.195 km

Ersteller: Peterslaufblog

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2011-11-06 ING New York City Marathon - Peterslaufblog
« Antwort #1 am: 06.11.2011, 00:00:00 »
Bericht: New York City Marathon

Ihr könnt den Bericht mit Fotos auch auf meinem Blog lesen:

Das Abenteuer New York City Marathon 2011 startet um 5 Uhr morgens für mich.

Ein erster Blick aus dem Fenster bestätigte meine Vermutung. Vor unserem Fenster tummelte sich eine Ansammlung von Bussen, die seit 3 Uhr morgens vor unserem Hotel eintrafen. Die vierspurige Fahrplan war komplett zugeparkt mit Autobussen. Um 05:45 Uhr war der Treffpunkt für die Dertour Marathongruppe.

Um 06:00 Uhr ging es dann zum bereitgestellten Bus. Die Hälfte der Laufkollegen musste auf den zweiten Bus warten, der ein paar Straßen weiter im Stau stand. Ich durfte dagegen gleich in den ersten Bus.

Mit diesem Bus ging es dann in Richtung Startbereich zur Verrazano Bridge nach Staten Island.  Die Busfahrt führte uns durch das Industriegebiet von New Jersey (not nice).

Um 7 Uhr erreichten wir schlussendlich den Startbereich und durften den Bus verlassen.

Zu meiner großen Überraschung waren die Temperaturen sehr angenehm. Immer wieder wurden in diversen Blogs vor den kalten Temperaturen und den kalten Winden auf Staten Island gewarnt. Obwohl der Wetterbericht Marathonwetter vorhersagte (8  bis 14 Grad), waren alle Läufer recht warm gekleidet.

Wir marschierten nun in Richtung Start.

Vor dem Eingang wurde mir noch mein Gartensessel abgenommen. Nachdem in diversen Blogs zu lesen war, dass es keine Sitzmöglichkeiten im Startbereich gibt, hatte ich mir einen kleinen Gartenstuhl mitgenommen. Dies wurde in einigen Blogs auch empfohlen. Ich war daher überrascht, als mich eine Security Dame aufforderte, den Stuhl abzugeben, da eine Mitnahme nicht erlaubt sei. Lession learnt: Glaub nicht alles, was in Blogs steht :)

Ich war mit meiner Startnummer dem orangen Startbereich zugeordnet. Die Hinweisschilder waren sehr eindeutig und hilfreich.

Nach kurzer Zeit erreichte ich den so genannten orangen Startbereich. In diesem Bereich gab es gratis Kaffee, Donuts, Wasser, Gatorade und Powerbars. Auch die UPS-Kleider LKWs befand sich in diesem Bereich.


Durch die Unterteilung in drei Farben (Grün, Blau und Orange) wird das Starterfeld von 47.000 Läufern wesentlich übersichtlicher. Zusätzlich werden die Läufer nicht nur in Startwellen (insgesamt 3), sondern auch in Corrals unterteilt. Ein Corral umfasst maximal 1.000 Läufer.

Gegen 08:10 Uhr gab ich meinen Kleidersack beim entsprechenden LKW ab, da die Läufer aufgefordert wurden, sich ab 08:20 Uhr in die entsprechende Corrals zu begeben. Ich marschierte in Richtung Eingang für die orangen Läufer. Doch wo war der? So gut die Organisation bis jetzt war, so verwirrt war ich, als sich das Läuferfeld nun durchmischte. Die grünen Läufer müssten durch den orangen Bereich und ich kreuzte den grünen Bereich, um zum orangen Start zu kommen. Das bleibt aber auch der einzige Minuspunkt für die Organisation. Nach zwei Mal fragen fand ich schließlich den richtigen Eingang.

Der Startbereich für die Corrals kam mir irgendwie vor wie ein Mini-Guantanamo. Ist ein sehr krasser Vergleich, aber er beschreibt das Erlebte recht gut. An ein Sitzen war nur kurz zu denken. Wir wurden aufgefordert zu stehen, denn sonst würden nicht alle Läufer Platz finden. Dicht an dicht gedrängt standen wir bis wir Richtung Start geführt wurden. So war auch an einen Toilettengang vor dem Start nicht mehr zu denken. Gegen 08:50 Uhr kam die Erlösung. Wir wurden nun zum Startbereich geführt. Wir konnten uns wieder etwas Freier bewegen.

Im Startbereich vor der Verrazano Bridge sorgte laute Musik für gute Laune.

Kurz vor dem Start kam es zur Vorstellung des Elite Felds und es wurde natürlich die amerikanische Hymne gesungen. Der Bürgermeister von New York Michael Bloomberg gab schließlich den Startschuss.

Zu den Klängen von Frank Sinatras “New York, New York” überquerte ich die Startlinie.

Der Start hatte es gleich in sich. Die 80 Höhenmeter spürt man aber in der Masse der Läufer kaum.

Viele Läufer nutzen gleich die Möglichkeit ihre ersten Fotos auf der Brücke zu schießen, da der Blick auf Manhattan wirklich sehr beeindruckend war. Dadurch war an ein zügiges Anlaufen erstmals gar nicht zu denken. Nach dem ersten Kilometer hatte ich eine Durchgangszeit von 05:30 min/km. Das war natürlich weit weg von den 4:48 min/km, die ich mir für die ersten 30 Kilometer vorgenommen hatten. Aus diesem Grund drückte ich auf das Tempo. Nach rund 3 Kilometer hatte sich dann der Pace auf 4:33 min/km verbessert. Ich versuchte mich zu bremsen, da ich mich nicht verheizen wollte. Ich wusste, dass es ab Kilometer 30 extrem schwierig werden würde. Aber mein Kopf sagte mir: “Versuch es einfach…irgendwann musste du doch mal dieses Tempo durchhalten können. Warum nicht heute? Schließlich willst Du ja deine Rekordzeit angreifen”. Die ersten 5 Kilometer vergingen wie im Flug. Vor allem aufgrund der Zuschauer, die bereits zahlreich erschienen waren. In NewYork gibt es nur 2 Bereiche, an denen keine Zuschauer anzutreffen sind: die Verrazano Bridge und die Queensboro Bridge. Im Brooklyn gibt es immer wieder Teile mit wenigen Zuschauer, aber meistens stehen die Zuschauer dicht gedrängt aneinander. Die Stimmung ist auch in diesen Bereich bereits sehr gut, aber es bleibt aber nur ein leiser Vorgeschmack auf Manhattan. Vor allem die tollen Bands werden mir in Erinnerung bleiben.

Bei Kilometer 10 hat sich meine Pace auf 04:40 min/km verschlechtert…ich dachte immer wieder, ob es nicht zu schnell sei und mich das selbe Schicksal wie in Linz ereilen würde. Nachdem ich gut trainiert war, mich gut fühlte und auf die Zuschauer hoffte, wollte ich trotzdem das Tempo nicht reduzieren. Ich war ferner davon überrascht, dass es bereits jetzt ein ständiges auf und ab war. Ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass es bereits so früh rauf und runter ging.  Es waren zwar nur wenige Höhenmeter zu überwinden, aber die langen Anstiege waren trotzdem nicht ohne. Trotzdem lief es von Kilometer 10 bis 20 sehr gut. Angefeuert vom Publikum und den tollen Bands flogen die Kilometer nur so vorbei. Praktisch fand ich vor allem, dass es ab der 3 Meile ständig Verpflegung (Wasser, Gatorade) gab. Ich versuchte das Tempo etwas zu reduzieren, um genügend Kräfte für die zweite Hälfte zu haben. So absolvierte ich den Halbmarathon in 1:41 Std. und einer Pace von 4:46 min/km. Ich lag somit etwas über meinem Zeitplan. Nach Kilometer 25 ging es dann über die Queensboro Bridge nach Manhattan. Bis jetzt war die Anfeuerung und Anzahl der Zuschauer gut aber noch nicht überwältigend. Das sollte sich in Manhattan ändern. Die Leute stehen in 4 Reihen und feuern einem an. Ich kann nur jeden empfehlen am Rand zu laufen und ein T-Shirt mit seinem Namen zu tragen. Ständig wird der eigene Name gerufen. Motivation pur. Die Atmosphäre auf der First Avenue ist kaum in Worte und Bilder zu fassen, aber es übersteigt alles bis jetzt Erlebte und Gesehene. Obwohl der Berlin Marathon sensationelle Fans und eine tolle Kulisse hat, gibt es auf der First Avenue doch einen Punktesieg für New York. Angefeuert durch meine Freundin und diese tollen Zuschauer bin ich durch die First Avenue geflogen, obwohl sie rund 7 Kilometer stetig ansteigt.

Bei der 30 Kilometer Marke lag ich mit meinem Pace von 4:46 min/km sehr gut. Nur mehr 12 Kilometer diesen Pace durchhalten.  Doch dann passierte mir ein Malheur. Ich merkte, dass meine Kräfte weniger wurden und wollte mir einen Schluck vom Powergel aus meiner Trinkflasche nehmen. Beim Zurückstecken der Flasche in den Trinkgurt verlor ich die Flasche. Wie kann so was nur passieren. Normalerweise habe ich immer noch ein paar zusätzliche Powergels eingesteckt…aber diesmal hatte ich einen leichteren Trinkgurt gewählt und keine zusätzlichen Powergels eingepackt. Dieses Malheur gab mir einen kleinen seelischen Knacks. Ich schleppte mich bis zur nächsten Trinkstelle bei Kilometer 33 durch und versuchte mein noch vorhandenes Powergel mit Wasser etwas zu strecken, um über die Runden zu kommen. Aber irgendwie war der Faden gerissen. Zusätzlich kam jetzt mit der Fifth Avenue noch rund 5km stetiger Anstieg, bevor es in den Central Park ging. Und diese Straße hat es in sich…diese kleinen giftigen Anstiege tun richtig weh…obwohl ich zur Vorbereitung mit Sierre Zinal ein Bergrennen absolviert hatte, war der Mann mit dem Hammer unterwegs. Ich musste immer wieder kleine Gehpausen einlegen und deckte mich bei den Trinkstationen mit Getränken ein. Die Stimmung auf der 5th Avenue war prächtig. Aber ich war einfach nur sauer. Sauer auf mich selbst, dass ich das Tempo nicht durchlaufen konnte und sauer, dass ich jetzt diese prächtige Kulisse nicht genießen konnte.  Die Zuschauer waren fantastisch. Als ich in den Central Park auf die letzten 3 Kilometer einbog, erreichten die Zuschauermassen ihren Höhepunkt.  Ich schleppte mich durch die letzten 3 Kilometer. Nachdem mein Rekord außer Reichweite war, nahm ich noch eine kurze Gehpause bevor ich auf die Zielgerade einbog. Trotz der nicht ganz zufrieden stellenden Leistung bog ich stolz auf die Zielgerade ein, die nochmals mit einer kleinen Steigung aufwartete. Ich mobilisierte meine letzten Kräfte und dann stand schon ein Mitarbeiter des NYC Marathons, der mir ein High Five gab und dann hatte ich auch schon die Ziellinie in einer Zeit von 3:29:12 überquert. Es war ein toller Moment, obwohl ich ziemlich leer war.

Ziellinie überquert:

Ich war ein offizieller NYC-Marathon Finisher.

Und es gibt wohl keinen Marathon, bei dem das Finishen mehr gefeiert wird. Nach dem Überqueren der Ziellinie, erhielten wir unsere Medaille und eine Wärmefolie. Die Medaille wird beim New York Marathon die gesamte Woche getragen. Selbst beim Heimflug am Freitag (T+6) sah ich noch immer Personen mit der Medaille um den Kopf. Ob die die Medaille wohl zum Schlafen runternehmen?

Wie bei Großveranstaltungen üblich, wurden wir gedrängt, sofort weiterzugehen und nicht stehen zu bleiben.


Nachdem ich das Finisherbag erhalten haben, verließ ich den Central Park und begab mich zum Kleiderwagen. Von der Ziellinie bis zum Kleiderwagen sind es rund 1,5 Kilometer. Man sollte mit rund 1,5 Stunden rechnen, die man von der Überquerung der Ziellinie bis zum Hotel benötigt (sofern das Hotel in der Nähe zum Central Park liegt).

Fazit:

Atmosphäre beim Marathon: Die Atmosphäre beim NYC Marathon ist unbeschreiblich. Die Anfeuerung und Unterstützung übersteigt das bisher erlebte. (5 von 5 Sternen)

Strecke: Die Strecke ist leider sehr tückisch. Es gibt ständig leichte Steigungen. Vor allem der Anstieg auf den Brücken ist durchaus erwähnenswert. Die Strecke ist sicher keine Strecke für einen neuen persönlichen Rekord. (3 von 5 Sternen)

Organisation: Die Organisation ist absolut top. Die einzigen Ausnahmen bilden der Gegenverkehr zur Startaufstellung und das nicht Erreichen der Toiletten in den Corrals (aufgrund der Menschenmasse). Sonst ist der Marathon perfekt organisiert und zeichnet sich durch keine Überraschungen aus (Fotowand bei der Startnummernausgabe, Fotowand im Zielbereich, Supportyourmarathoner, Live Tracking, etc.), die die Toporganisation unterstreichen. (5 von 5 Sternen)

Umfeld: Die ganze Stadt lebt den Marathon. Vor dem Marathon wird man in den Lokalen angesprochen, ob man den Marathon läuft. Am Samstag ist der Central Park voll mit Läufern. Selbst eine Woche nach dem Marathon tragen die Läufer stolz die Medaille und werden von den New Yorkern darauf angesprochen. (5 von 5 Sternen)

 

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