Ein Lauf wie aus einem BilderbuchZu Schladming habe ich eine besondere Beziehung, ich hab dort mindestens 15 Familienschiurlaube verbracht und in den letzten Jahren waren wir jedes Jahr zumindest einmal im Sommer dort wandern. Wie es der Zufall so will war das einzige Wochenende im Herbst an dem wir Zeit für einen letzten Bergkurzurlaub hatten das vom Wilden Wasser und somit für mich ein doppelter Saisonabschluss, ein letztes Wanderwochenende in den Bergen und ein letzter Laufwettbewerb als Abschluss davon am Sonntag.
Die Strecke kannte ich, zumindest glaubte ich sie zu kennen, denn eigentlich kannte ich nur so richtig den letzten spektakulären Schlussanstieg den Riesachwasserfall entlang, steil bis sehr steil, über Leitern und Brücken. Die gut 12 km davor kannte ich nur vom Auto aus, erst rauf ins Untertal und dann halbwegs flach bis leicht ansteigend das Untertal nach hinten. Nachdem ich immer versuche vorab zu kalkulieren wie lange ich brauchen könnte kam ich schnell zu der Erkenntnis dass das ganze zeitlich mit dem Schneeberg vergleichbar sein sollte: Für die 10 km mit 1200 hm vom Schneeberg habe ich ca. so lange gebraucht wie für einen 19er flach, 14 km mit gut 600 hm sollten ebenfalls ungefähr auf eine 19 km flach entsprechende Zeit kommen. Ein paar Extraminuten für die Streckenführung (Hängebrücken und Leitern sind nicht unbedingt schnelles Gelände) und somit war ich bei gut 1:20. 20 Minuten für den Schlussanstieg (1,5km mit über 300hm) erschienen mir machbar, also war das Ziel nach rund einer Stunde dort zu sein.
Organisatorisch ist der Wilde Wasser Lauf ein Traum, Voranmeldung online (bis eine Woche davor um 10 Euro), Zahlung und Startnummernabholung beim Start in Schladming. Gepäck hätte man bis zur letzten Minute abgeben können, das Ganze ist bei rund 70 Teilnehmern sehr familiär. Das Wetter ist auch besser als befürchtet (trocken bis ganz leichter Regen bei rund 10 Grad) und so geht es um Punkt 9:09 los. Der Start ist übrigens um 9:09 um nicht mit den Kirchgängern um 9 Uhr zu kollidieren
. Los geht es am Schladminger Hauptplatz. Das Tempo ist vom Start weg mörderisch hoch, sofort geht es noch in Schladming leicht bergauf, der Forerunner zeigt Werte deutlich unter 4:00/km, das ist wohl zu schnell. Nach wenigen hundert Metern biegen wir in die Talbachklamm und meine Zählung ergibt ca. Rang 15, das sollte schon in etwa die richtige Gegend sein. Schneeberg-like geht es auf breitem Schotterweg stetig bergauf, gefühlt zu schnell und ich werde von zwei überholt und die vor mir ziehen immer weiter davon. Ein wenig später überholt mich auch noch die schnellste Frau plus noch ein Mann und ich häng mich an. Der Damenstreckenrekord lag bei 1:24, ich wollte 1:20 laufen, also sollte die schnellste Frau als Referenzpunkt schon in Ordnung gehen. Im nach hinein habe ich herausgefunden dass das Pia Thoma war, mit einer HM-PB von 1:22 ist mir heute klar warum das ein nicht zu haltender Referenzpunkt war. Das erklärt auch warum ich als es kurz halbwegs flach wurde die beiden ziehen lassen musste. Die Bestandsaufnahme zu dem Zeitpunkt war: 2,5 km gelaufen, ¼ der Höhenmeter, etwa Rang 20 und das Ganze war viel zu früh schon viel zu anstrengend. Danach ging es nicht wie vermutet flach bis leicht ansteigend dahin, sondern wellig auf und ab, d.h. die wenigen absoluten Höhenmeter im zweiten Viertel wurden durch ständige Wellen deutlich mehr als erwartet. In diesem Bereich (ca. km 3) konnte ich einen aus dem vorderen Grüppchen aufsammeln, die beiden die ich ziehen hab lassen müssen waren dafür schon recht weit weg. An Stellen mit freier Sicht konnte ich sehen das sich weiter vorne, außer Reichweite, ein größere Gruppe gebildet hat, mit wohl einer Minute Vorsprung viel zu weit weg um aufzuschließen. Hinter mir war auch niemand. Es wurde somit ein recht einsames Rennen gegen den inneren Schweinehund, über Feldwege, Wiesen, kurze Straßenabschnitte, Holzbrücken und Forststraßen hinein ins Untertal. Bis zu ersten Labe bei ca. km 6 hat sich bei der Platzierung nichts getan, ich konnte aber zu der Gruppe vor mir Sichtkontakt halten und habe bemerkt dass da die ersten rausfallen und somit vllt doch noch was gehen könnte. Das Stück zwischen Labe 1 und 2 war dann endlich mehr wie ich es erwartet habe, flach bis leicht bergauf (pro km vermutlich 20 Höhenmeter oder so), immer noch mit ein paar Überraschungen wie Weidezäunen und rutschigen Holzbrücken, aber eben auch längeren schnellen Stücken und ich konnte nach 5 einsamen km einen überholen und ein zweiter war auch im Sichtfeld. Meine Rechnung ergab irgendwann 30 Sekunden Rückstand die ich relativ schnell schließen konnte. Nachdem der Kollege offensichtlich sehr überrascht war das von hinten jemand kommt und sich umsah ob noch wer kommt liefen wir kurz gemeinsam. Er war offensichtlich ob meines Tempos im Flachen verwundert und meinte: „Lass Dich nicht aufhalten, renn Dein Tempo“, ich meinte „beim Schlussanstieg tauschen wir wieder die Platzierung“ und hab mir bis zur zweiten Labe wohl gut eine halbe Minute Vorsprung erlaufen (die Strecke bis hierher kann man unter
http://www.bergfex.at/sommer/steiermark/touren/mountainbike/450,schladming-talbachklamm-untertal-romantisch/ ansehen). Die Uhr zeigte 57 Minuten, somit war der Plan von unter 1:20 noch in Reichweite und offensichtlich einfach nur die Gegner stärker als erwartet.
Von nun an ging es so richtig steil bergauf, zunächst über einen Wanderweg mit Stufen (
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/2.jpg ), mein Verfolger kam mit jeder Serpentine wieder ein bisschen näher. Über die erste Holzbrücke (
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/3.jpg ) ging es dann am anderen Hang steil rauf (
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/4.jpg ), mein Verfolger war schon direkt hinter mir hat aber das Angebot zu überholen abgelehnt. Danach ein paar flache Meter von der Hängebrücke, mein Verfolger nahm Überholangebot 2 an und war direkt vor mir auf der Hängebrücke (
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/5.jpg bzw
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/7.jpg )und auch gleich deutlich vor mir:
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/2012-Fotos/brücke-017.jpg (im Hintergrund sieht man meine Schuhe
)bzw.
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/2012-Fotos/brücke-018.jpg . Die Uhr zeigte, soweit ich mich erinnere, 1:07 und noch gut 150 Höhenmeter fehlten. Die sahen dann etwa so
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/8.jpg ,
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/6.jpg ,
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/9.jpg ,
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/10.jpg ,
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/11.jpg aus. Stufen rauf, Stufen runter, Metallstege, kurzer Naturboden und wieder Stufen rauf, runter, mühsam, von laufen kann die meiste Zeit keine Rede mehr sein, die Vorgabe „tu Dir nicht weh“ will beherzigt werden. Mein ehemaliger Verfolger ist längst nicht mehr in Sichtweite, irgendwann kommt noch die dritte Brücke über die Klamm, bald darauf die letzte Leiter. Dann noch eine Kurve über die Forststraße Richtung Ziel. Hier steht Katrin und eine zweite Publikum die meint „nur noch 1 Kurve“ – ich verstehe aber „nur noch 2 Kurven“ und meine daher das Ziel wäre nicht bei der Hütte gleich ums Eck, sondern erst am Gupf dahinter (
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/13.jpg ). Daher laufe ich prompt bei der Abzweigung zum Ziel vorbei, werde aber noch rechtzeitig Richtung Ziel gerufen und Ende nach 1:16:55 auf der Terrasse der Gföller Alm (
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/impressionen/12.jpg bzw.
http://www.wiwalauf.com/wiwalauf/2012-Fotos/ziel-019.jpg ). Dort gibt es Tee, eine sehr üppige Suppe (gratis) und Kuchenbuffet. Wie man auch an der guten Fotodokumentation der Veranstalter sehen kann, ein echt empfehlenswerter Lauf mit extrem bemühtem Team. Faszinierend was man manchmal für fast gar kein Geld geboten bekommt! Achja, mein Ex-Verfolger hat mir auf den letzten 10 Minuten fast genau 1 Minute abgenommen und sogar noch die schnelle Frau überholt, die ihrerseits knapp 1 Minute vor mir den Streckenrekord um 7 Minuten verbessert hat. Auf den Tagessieger hat mit 9 Minuten etwa so viel gefehlt wie zu erwarten war. Ein bisserl Mut oder mehr Risiko auf den Treppen und Leitern hätte wohl noch ein paar Sekunden gebracht, aber ich bin halt doch der Flachländler unter den Bergläufern gewesen.
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