Autor Thema: 2013-08-30 UTMB - DominiX  (Gelesen 726 mal)

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2013-08-30 UTMB - DominiX
« am: 30.08.2013, 00:00:00 »
Datum: 2013-08-30
Event: UTMB
Distanz: 168.000 km

Ersteller: DominiX

Offline DominiX

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2013-08-30 UTMB - DominiX
« Antwort #1 am: 30.08.2013, 00:00:00 »
Einmal um den Weißen Berg

Am Mittwoch gemütliche Anreise mit dem Auto, mittags noch ein Schnitzerl verputzt und gegen 19 Uhr waren wir dann auch schon in Chamonix angekommen und haben unser Appartement bezogen.
Donnerstag dann gleich mal leckere Croissants und Baguettes geholt und das wenige Essen vom Vortag nachgeholt  wollten dann eigentlich gleich die Startnummer holen, aber aufgrund der vielen Leute vor der Anmeldung haben wir uns dann zu einem netten 1000hm Läufchen entschlossen (mehr oder minder dem VK Chamonix entlang). Die Startnummern dann erst am Nachmittag geholt, wobei die Schlange dabei viel viel länger war  natürlich auch noch ein wenig auf der Messe gewesen und die letzten Goodys (Trinkbecher, Flaschen, Riegel) gekauft.
Freitags dann versucht lange zu schlafen und dann halt mal gemütlich laufen gewesen bzw. gedöst und Musik gehört.


Gegen halb 4 sind wir dann aber auch schon zu Start gegangen, um zumindest halbwegs vorne zu stehen (naja halbwegs hats schon geholfen..) und die Spannung wurde irgendwie immer stärker. Vor allem als dann mal Musik gespielt wurde und sich der Platz immer mehr füllte. Einige Minuten vor dem Start habe ich dann auch schon ein paar Läufer weinen gesehen, was mir auch schon fast meine Coolness genommen hat  Das waren wirklich recht emotionale Minuten, besonders als dann Conquest of Paradise gespielt wurde wars wirklich heftig  noch dazu fällt dann ja der Startschuss und die Meute wird losgelassen..
Hui das war gleich mal eng am Anfang, die ersten 500m sowiso nur gegangen bzw. etwas getrabt, aber das war schon super so, dabei konnte man wenigstens die Wahnsinns Stimmung der Leute genießen. Die ersten Kilometer aus Chamonix raus in Richtung Les Houches waren dann eigentlich eher einem gemütlichen Volkslauf ähnlich, nur halt jeder mit Rucksack usw. Aber gleich mal ein recht netter Waldtrail zum einlaufen.
In Les Houches war dann zu meiner Überraschung der liebe Kilian am Streckenrand und hat brav angefeuert, sowas muntert halt schon stark auf  Zum Glück gings dabei schon auf den ersten Berg rauf, alle waren noch voller Tatendrang und jeder am Überholen bzw. überholt werden.. Besonders die Franzosen und Spanier haben gleich mal mächtig Körner verschossen  War noch ein recht gutes Gefühl diese knapp 800hm rauf, allerdings merkte ich bereits, dass irgendwas nicht so rund läuft. Das Tempo war trotz gefühlter Anstrengung geringer als im Training, mir kam einfach alles nicht locker genug vor. Beim Abstieg merkte ich dann aber schon was los war    ich hatte den ganzen Tag schon fürchterlichen Durchfall und bekam auch oben nichts wirklich hinein  also runter gleich mal in die Büsche und im ersten Ort genug Elektrolyte und Bananen gefuttert.
Die nächsten Kilometer gingen eher etwas Hügelig vonstatten, durch kleinere Dörfer und immer noch mit relativ viel Tempo für so eine Strecke. Immer noch waren äußerst viele Leute am Streckenrand um anzufeuern. Man fühlt sich einfach wie ein kleiner Gott wenn man in dieser Gegend unterwegs ist (auch beim Trainingslauf am Vortag haben einen die Leute angefeuert  )
Nach dem Ort Les Contamines begann mein Durchfall aber wirklich stark zu werden und ich musste gleich 2 mal hintereinander von der Strecke weichen. Jetzt begann am Ansteig zum Bonhomme endlich die Nacht und man konnte die Magie der Stirnlampen erfahren. Besonders auf den hohen Bergen konnte man hinter einem eine beinahe endlose Reiche von leuchtenden Punkten sehen und über einem der strahlende Sternenhimmel. Am Bonnhomme bzw. auch am Col de la Seine war diese Stimmung für mich eines der schönsten Gefühle während des gesamten Laufes. Kurz nach dem Gipfel des Bonhomme konnte ich dann auch schon einen unserer Mitfahrer erkennen, der ebenfalls an meinem Leiden hing (hatte normal eine Bestzeit von 28h). Nachdem ich eigentlich schon Gedanken ans Aufdenken hatte, da ich auf dem Weg zum Bonhomme bereits starken Kraftverlust spürte, wurde erneut die Motivation geweckt und ich entschied mich, vorerst mal bis Courmayeur zu laufen. Der Col de la Seigne und der Arevee du Mont Favre vergingen dabei glücklicherweise wie im Flug, was mir besonders positiv vorkam, ist meine Bergab Geschwindigkeit bei Nacht. Beim letzten Abstieg nach Courmayeur war dann nochmal so richtig ein hoch drinnen, da man ja die erste Etappe bereits hinter sich hat und schon hier auf den ersten knapp 78km viele Schöne Momente erleben durfte.
In Courmayeur dann neu eingekleidet und etwas gegessen plus Cafe getrunken ging es dann flotten Schrittes in Richtung Bertone. Ab jetzt kannte ich ja schon Teile der Strecke vom CCC und ich konnte mich bereits auf die nächsten Kilometer freuen, da besonders der Weg von Bertone bis zum Grand Col Ferrets den Schönsten Teil der Strecke beinhaltete. Dabei lief man auf etwa 2000m an der Südseite des Mont Blanc entlang und konnte diesen in den frühen Morgenstunden in seiner vollen Pracht erleben.


Also zurück zum Morgen am Refugio Bertone, der Mont Blanc mit den ersten Sonnenstrahlen im Blick und die Stimmung mittlerweile wirklich am Höhepunkt (kein Wunder, mit 2 Kaffee pur intus  
Die Strecke in Richtung Bonatti bzw. Aravis (glaub die Station heißt so) war wirklich cool, unten der Fluss, traumhaftes Wetter, werde ich wohl nie vergessen dieses Gefühl auf diesen knapp 10km.
In Aravis dachte ich mir dann, dass ich wohl am besten mal eine viertel Stunde Pause mache, kurz die Augen zu und dann wieder weiter mit voller Energie. Blöderweise war dies dann aber nicht der Fall, eher im Gegenteil. Habe dann blöderweise noch ein wenig gedehnt und mir dabei irgendwie die Beine kaputt gemacht.. Bergauf ist nix mehr gegangen (Energiemäßig) und bergab ist dann von den Füßen her gar nix mehr gekommen, habe keinen Schritt mehr laufen können und bin dann runter vom Grand Col Ferret meistens gegangen bzw. viel herum gesessen. Gegen Ende des 1400hm Abstiegs haben mich dann die Magnesium Lebensgeister wieder erklommen und ich konnte wieder so haaalbwegs einen normalen Laufschritt machen, doch weit nicht das, was auf diesem Wunderbaren Downhill möglich gewesen wäre mit flotten Beinen. In La Fouly dann wirklich nochmal gut Elektrolyte und Salz gegessen und dann versucht, in einen guten Schritt zu kommen, was dann eigentlich sehr gut funktioniert hat die knapp 300hm bis zum Anstieg zum Champex Lac. Bergauf war dann aber mittlerweile wirklich die Luft heraussen und ich habe nur noch gefühlte 500hm pro Stunde gepackt. Aber gut, ist hier ja schon über 100km lang die Strecke und mein längster Lauf waren bisher 92km ^^ Also von dem her passt das schon so.
Naja in Champex war dann wieder mein Kollege, der mich dann nochmal richtig gut motivieren konnte. Laufschritt habe ich allerdings hier dann wirklich keinen mehr zusammen gebracht und ich bin eher Nordig Walking mäßig herumgelatscht  
Der Nächstes Ziel war dann der Bovine, der am anfang eigentlich wirklich nett begann, gegen Ende allerdings wirklich brutalst steil wurde und ich froh über die Stöcke war. Besonders der unangenehm schottrige Weg war recht kräfteraubend. Die Hitze war momentan auch am Höhepunkt angelangt und ich mittlerweile körperlich nicht mehr sooo wirklich am Höhepunkt. Jetzt half allerdings wirklich nur mehr durchbeissen über die letzten Kilometer (Naja, etwas mehr als Marathondistanz mit knapp 3000hm waren da halt noch zu erledigen  ) Oben am Bovine dann wieder mal ne Pause gemacht und gut gegessen, ehe es gleich wieder steil bergab ging in Richtung Trient. Das Laufen bergab war nach wie vor eine Qual, besonders schnell war es obendrein auch nicht  In Trient angekommen begab ich mich gleich mal in die Aid-Station um mir eine Massage zu genehmigen. Gleich von 2 Physios wurde ich betreut (coole Sache, wenn man im vorderen Zehntel unterwegs ist  )
Nach der Super Massage konnte ich dann endlich wieder haalbwegs laufen und auch die Muskelschmerzen am Hamstring waren halbwegs verschwunden. So brauchte ich eigentlich nicht mehr viel von der Verpflegungsstation und ich begab mich gleich wieder in den nächsten 1000hm Anstieg (wie der Berg heißt, vergess ich immer wieder..). Am Anfang noch voller Euphorie, war diese relativ schnell verflogen, da es irgendwie immer weiter hinauf ging und man immer dachte, dass das schon das Ende ist aber irgendwie.. waren da immer wieder Kehren zu sehen. Oben war es dann aber wieder recht schön, da die Sonne bereits begann, unter zu gehen und das eine wirklich nette Lichtstimmung produzierte. Auch die riesen Schafherde, die gerade von den Hirtenhunden getrieben wurde rundete die Stimmung dort oben recht gut ab, so dass ich wieder richtig Lust hatte, weiter zu laufen und mich schon auf den Einlauf in Chamonix freute, es war nämlich nur noch ein Anstieg zu bewältigen  (Obwohl die Abstiege ohnehin mittlerweile die Schwierigkeit inne hatten  )
Nach dem relativ langen aber auch recht lauschigem Abstieg in Richtung Vallorcine (unten beginnt man ohnehin wieder zu laufen, da die Leute einen dort wirklich noch einmal zur Höchstleistung treiben) begann ich dann die letzten 18km zu genießen und mir gingen so viele Sachen durch den Kopf.. Am richtigen Anstieg angelangt (da waren vorher noch 3km flach zu bewältigen) konnte ich dann wieder eine Amerikanerin ausmachen, die mich seit dem Grand Col Ferret dauernd kreuzte. Mit der bin ich dann noch etwas ins Gespräch gekommen, doch als ich irgendwie merkte, dass sie schon recht am Limit war und ich eigentlich viel schneller könnte bin ich dann voraus gegangen (der Ansteig nach La Flegere war ohnehin noch heftig genug). Verblockte Steine, Finsternis, Steil, Eeeendloses herumgelaufe auf dem Plateau und und und.. Also wirklich nochmal alles was das Trail-Herz erfreut (nur nicht nach 30 Stunden lauferei...) Aber irgendwann nach gefühlten 5 Stunden bin ich dann doch noch an der Kontrollstelle angekommen und die letzten 900hm ins Tal wurden in Angriff genommen. Da eine kleine Gruppe Franzosen dachte, sie könne einem Österreicher auf der Skipiste hinterher musste ich dann wirklich nochmal alles auspacken (Stirnlampe volle Hülse aufgedreht und wirklich mein letztes Hemd gegeben und runtergedonnert. Der Weg war dabei eigentlich recht nett, lediglich eine ziemlich langweilige Forststrasse am Ende war halt.. naja Nervenzerreibend, weil man ja schon dauernd Chamonix sieht und irgendwie einfach runter will.. Als ich dann die ersten Strasselaternen der Strassen ausmachen konnte und schon ein paar Leute sah, war das Gefühl wirklich unbeschreiblich. Wenn ich nicht schon so trocken gelaufen wäre, hätte ich mit Sicherheit den letzten Kilometer durch die Stadt noch weinen können  Hätte mir viel gedacht, doch solche Emotionen waren auch für mich Neuland. Die letzten Kurven wurde man dann wirklich noch durchgepeitscht und der Zielbogen war noch nie so schön wie hier gewesen.
Cool war auch, dass sogar um halb 1 Uhr noch recht viele Fotografen und so im Ziel herum gestanden sind. Als ich dann noch erfuhr, dass ich zweiter in meiner AK wurde, war das eigentlich auch noch das Tüpfelchen auf dem I    

Offline boenald

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2013-08-30 UTMB - DominiX
« Antwort #2 am: 16.09.2013, 17:08:13 »
Irgendwie wird das hier ein Berg-Trail-Ultra-Forum... Faszinierend, spannend, was ich in letzter Zeit alles gesehen und gelesen hab. Fazit: ziemlich sicher nix für mich (naja, vielleicht doch ;)) - super Rennen von dir, gratuliere!
Paragraph eins: jedem sein´s.

Offline shiloh

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2013-08-30 UTMB - DominiX
« Antwort #3 am: 20.09.2013, 22:45:09 »
So eine Leistung, so ein Wettkampf übersteigt ganz einfach mein Vorstellungsvermögen, obwohl ich auch schon mehrmals über der Marathondistanz unterwegs war. Gratulation und riesiger Respekt - sich bei so was an den Start zu wagen und zu finishen. Daß du trotz frühzeitiger Probleme nicht aufgegeben hast ist wirklich bewundernswert. Bravo!!
It`s good to have an end to journey toward, but it`s the journey that matters, in the end. (Ernest Hemingway)

 

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