Autor Thema: 2017-04-23 34. Vienna City Marathon - Ulrich  (Gelesen 1112 mal)

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2017-04-23 34. Vienna City Marathon - Ulrich
« am: 23.04.2017, 00:00:00 »
Datum: 2017-04-23
Event: 34. Vienna City Marathon
Distanz: 42.195 km

Ersteller: Ulrich

Offline Ulrich

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2017-04-23 34. Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #1 am: 23.04.2017, 00:00:00 »
Marathon mein (halbes) Leben, Ultra mon amour / Toll Euch als Freunde zu haben

Ach...

Da renn ich allen Ernstes bei einem halberten auf´s Stockerl und weiß gleich drauf, warum ich eigentlich von einem HM in der Zeit vor einem richtigen Marathon nix halte. Freilich entgehen mir dann in weiterer Folge mehrere Läufe, ich erkälte mich, stecke Heidi an. Dennoch das Stockerl war´s irgendwie wert.
Naja, Zeiten waren mir diesmal eh völligst egal. Also insbesondere die Zeiten. Mein Ziel ist heuer nicht auf 42,2 km zu finden, sondern auf 50 bzw. 130. Dennoch ist der Wienmarathon heuer etwas Besonderes für mich. Wie auch schon bei meinem ersten Marathon im Jahre 1995 fällt der Marathontag auf den 23.April. Seit damals sind einige Jahre ins Land gezogen, viel ist geschehen. Nur die Strecke ist gleich geblieben und die Faszination daran. Ich durfte an 23 aufeinanderfolgenden Jahren an Marathons teilnehmen, was mit 46 Lebensjahren auch einem schlechten Mathematiker wie mir zur Erkenntnis führt. Marathon ist nicht mein ganzes Leben, nur mein halbes.

Nun, eine andere Sache ist inzwischen meine Begeisterung für die Ultradistanz geworden. Ist wohl auch eine Altersfrage, aber mir gefällt diese Sturheit, einfach Strecken jenseits der 50 oder 100 km zu rennen dermaßen gut, dass ich dafür auch gerne den einen oder anderen Marathon langsamer renne. So war auch der VCM eher als Longjog und Testlauf gedacht.
Vor ungefähr 4-6 Wochen hatte mein lieber Laufbruder die Idee, mich als Tempomacher für Chris zu akquirieren, was mich ursprünglich ehrte, doch spätestens bei den ersten Symptomen meiner Erkältung nicht unbeträchtlich stresste. Ich relativierte daher gleich, und vereinbarte mit Chris, dass wir solange gemeinsam laufen, wie es für uns beide passen würde.
Die prämarathonale Zeit war von recht tiefen Temperaturen und einer entsprechend unterkühlten Wetterprognose gekennzeichnet, sogar mediale Vergleiche mit 1996, meinem 2. Marathon wurden angestellt, als uns damals in Hütteldorf Hagel und später dann Schnee und Regen den Lauf versüßte. Nun, der dadurch entstandene Bad-News-Hype entpuppte sich eher als Konrad´sche Fake-News, Hauptsache, die Schlagzeilen passten.
Wieder einmal begann die unmittelbare Marathonvorbereitung forumsgemäß bei den Kagraner Stiegen des DZ. Auch wenn ich jetzt doch einige Jahre nicht dabei war, es fühlt sich immer wie eine sehr schöne Lauffamilie an, mit der ganzen Gruppe zum Start zu wandern.

Chris und ich starteten gemeinsam mit Rudi, doch waren wir bereits nach wenigen Metern nur noch zu zweit, Rudi ließ es lieber genussvoll angehen. Bereits nach einem KM erkannte ich, dass unser gemeinsames Tempo von ziemlich genau 5 Min am KM nicht so ganz meinen Erwartungen entsprach, weil zu schnell und verabschiedete mich daher schon bei KM 2 von Chris, der sich in einem flotten 4:45 auf den Weg machte.

Ach, irgendwie fühlt es sich heut aber nicht ganz so locker an, wie ich das gehofft habe. Meine Hitogamis scheinen auch nicht die richtige Wahl gewesen zu sein, die sind scheinbar rechts ein wenig zu schmal. Ich merk schon nach 2 KM, dass ich da eine Blase bilden wird..., ach da kann man jetzt auch nix mehr machen. Rein in den Prater.

Schönes Wetter, gute Stimmung, ich versuche möglichst ökonomisch zu laufen, freue mich dabei über die nette Atmosphäre unter den Läufern, immerhin haben wir ja schon 3 Kilometer gemeinsam geschafft ;) . Der Prater gefällt mir jetzt schon ,ich freue mich, wenn wir dann in der 2. Hälfte wieder rein kommen, bin schon gespannt, wie es dann wird. Raus über die Meiereistraße, auf die Schüttelstraße. Will ich mir heut irgendeinen Stress machen? Nein, damit fang ich erst gar nicht an. Um das auch vor mir selber zu betonen mache ich einen kurzen Abstecher ins Gebüsch und erleichtere mich kurz in aller Ruhe. Weiter geht´s Richtung Ring. Der Wind ist zwar spürbar, aber bei weitem nicht so ein Spielverderber, wie gedacht. Ist doch immer wieder das Gleiche, am Marathontag selber ist das Wetter immer besser als angekündigt.
So ungefähr auf Höhe des Wirtschaftsministeriums treffe ich auf eins meiner wirklich großen lauftechnischen Vorbilder, auf Mischa. Er hat sich ein wenig zurückgenommen um den Verbleib im Club 34 (heißt der jetzt so?), also in jener elitären Gemeinschaft, die alle Wienmarathons bisher gelaufen sind, nicht zu gefährden. Wir laufen einige Zeit miteinander. Ich nehme mir vor, noch viele viele Jahre, so es mir gesundheitlich möglich ist, weiter zu laufen, Mischa zeigt mir, dass es möglich ist. Danke dafür! An der Kurve runter in Richtung Naschmarkt sehe ich wieder bekannte Gesichter, Elisabeth und Kurt feuern uns an. Elisabeth, die schon so lange Freundin und Fixpunkt unserer Laufgruppe ist, Du hast unsere Gruppe so lange Jahre zusammengeschweißt, unglaublich, wie lange wir uns schon kennen!
Runter auf den Naschmarkt.
Es gibt wenige, die ich aus unserer Laufgruppe länger kennen darf, als Elisabeth. Einer der ganz wenigen steht hier auf der Strecke. Heinz! Ich freue mich sehr, Dich heute hier an der Strecke zu sehen, unser Treffen ist ein Highlight an diesem Tag, schön, Dich wieder einmal zu sehen.
Ein paar hundert Meter stehen Elisabeth und Christl und halten die vielen Emotionen des Laufes wieder einmal fototechnisch fest. Ihr seid so geniale Chronisten des Marathongeschehens, danke dafür!
Die Wienzeile, ich hab ja schon ganz vergessen, wie ewig sich diese Strecke ziehen kann. Nun, irgendwann erreichen wir das Gewurl der ersten Staffelübergabe. Ein nahezu gespenstisches Schweigen, eine große Anspannung ziert hier die Strecke. Als sich das Schweigen auch bei den durchaus zahlreichen Zuschauern fortsetzt laufe ich zu ihnen hin und schlage rhythmisches Handflächenzusammenführen als Aufwärmübung vor. Eisiges Schweigen....
Wieder ein bekanntes Gesicht an der Strecke, als ich Karin auf Höhe des technischen Museums sehe, danke für Deine nette Anfeuerung! Über die Äußere Mahü geht´s noch etwas rauf, fast stolpere ich über eine Gehsteigkante, als ich mich für´s Anfeuern bei einer jungen Mutter und ihrem Kind bedanke. Die Mahü runter sollte ja ein Genuss werden, ist aber leider dermaßen überlaufen, dass ich leider nicht locker runterlaufen kann, sondern immer wieder abstoppen muss.
Mit großer Vorfreude biege ich auf die 2er Linie ein, hier bin ich noch nie gelaufen. Der Wind nimmt zu, ich versuche manchmal mich in einer Gruppe zu verstecken, was nicht wirklich funktioniert und laufe einfach etwas lockerer, langsamer, während ich die neue Streckenführung auf mich wirken lasse. Ja, Kann was!
Ecke Universitätsstraße und Währinger Straße sehe ich meine Mutter unter den Zuschauern, schön, dass Du da bist. Ja, mir geht´s bestens, es ist ein netter Lauf!
Liechtenstein, Alserbach... nun, hier bläst der Wind wieder einmal ein wenig, aber... primär führt mich mein Kopfkino durch all die Erlebnisse der letzten 23 Jahre. Bei Friedensbrücke wieder ein Highlight, Heidi wartet mit unserem afghanischen Freund und Schützling Ahmad. Ich freue mich schon sehr, wenn wir wieder gemeinsam laufen!!!
Nun geht´s runter Richtung Praterstraße, nicht immer nur locker, aber eigentlich stört der Wind hier nicht, geht schon, nur die Blase rechts nervt ein klein wenig. Die Praterstraße bin ich noch nie runter gelaufen, ebenso wie auch der Eingang in die Allee von oben, für mich im Rahmen eines Marathons neu ist. Nicht überraschend aber dafür sehr sehr erfreulich ist mein zweites Treffen mit Heidi und Ahmad, sie warten wie vereinbart Anfang Prater. Es tut so gut, von Dir angestrahlt zu werden!
Wie läuft man 8 Kilometer auf der Allee, wenn man schon ein wenig müde ist? Nun, in meinem Fall ist es einfach: Ich laufe sie einfach gerne!
Unmittelbar bei Heidi kommt von hinten ein Rüffel:" NED REDEN, LAUFEN!" der Rüffler hat Autorität, einem Don Tango widerspricht man nicht, schon insbesondere dann nicht, wenn er das einzige Mal in meinem Laufleben hinter mir ist ;)
Besonders beeindruckt mich heute, dass meine schon 7 Jahre alte Salomon Kompressionshose immer noch so gut ist, dass ich keinerlei Schmerzen auf den Oberschenkeln habe. Sehr erfreulich!
Auf der Meiereistraße treffe ich auf die Staffel der Familie Deutner, hier vertreten durch Richy. Schön, Dich zu sehen! Eigentlich passt heute ja wirklich alles. Ich habe keinen Stress, das Wetter ist eigentlich für einen Longjog optimal, ich kann alle paar KM´s ein Schluckerl trinken, und... so weit ist es auch nicht mehr. Grad noch 10 Kilometer. Beim Rundumadum ist das grad knapp beim Bisamberg, aber.. ok, das ist dann doch was anderes :D
Lockeren und sehr flotten Schrittes kommt mir unser Forumsluxemburger entgegen, Dich erkennt man ja auch schon von Weitem! Vor der Wende dann sehe ich Chris wieder, so weit ist er gar nicht vor mir. Vielleicht geht es sich ja doch noch aus, dass ich ihn einhole. Schauen wir uns das einmal an.
Höhe Lusthaus dann ein kleines Tief, ich mag plötzlich gehen, kann mich aber dann doch überreden, weiter im Laufschritt zu bleiben, zumindest bis zur Labe. Hier ein kleines Schluckerl und ... wieder einmal auf zu einem für mich neuen Streckenabschnitt, der Rustenschacherallee, die ich in dieser Richtung noch bei keinem Marathon gelaufen bin (glaube ich zumindest). Das unebene Pflaster massiert meine Blase auf der rechten Fußsohle ein wenig, auf diese Fußreflexzonenmassage könnte ich gerne verzichten, so aber nehme ich sie an und freue mich, dass es nur noch wenige Kilometer zu laufen gilt. Bei km 38 wartet noch einmal Heidi, sie feuert mich und die anderen an. Wir plaudern kurz, wobei der plötzliche Stopp meinem Kreislauf nicht gut tut. Ich muss mit Schwindelgefühlen kämpfen und reagiere leider sehr unwirsch, als mich eine französische Zuschauerin anschieben will. Pardon Madame, so grantig wollte ich auch nicht rüberkommen!
So, jetzt noch über die Franzensbrücke, das Kopfsteinpflaster im unterhalb vom Ministerium vermeiden und irgendwie über den Ring ins Ziel, kein großer Stress mehr, an der Strecke herrscht zwar reges Zuschauerinteresse, jedoch eine Grabesstille. Ich schenke die eine oder andere Sekunde her, laufe zu den Zuschauern hin und versuche sie zum Anfeuern zu bewegen. So ein fader Haufen ist wirklich eine Schande für einen Städtemarathon!
Macht aber nichts, ich weiß, dass es auch ganz anders sein kann. Marathon, dass sind nicht die Zuschauer, das ist nicht die Organisation. Marathon sind all die gesammelten Erlebnisse auf der Strecke, das sind all die Freunde und die Emotionen. Marathon ist ... ja, Marathon ist meins!
Und jetzt, geht´s in den Wald, ab sofort beginnt die Trailsaison! Juhu!!!
Weil 42 die Antwort ist und 130 der Sinn

Offline heitzko

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2017-04-23 34. Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #2 am: 24.04.2017, 12:13:40 »

23 Jahre Marathon am 23. April :). Toll dass ich da dabei sein durfte :). Auf in die nächsten 23 Jahre ;).

Offline karinr

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2017-04-23 34. Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #3 am: 24.04.2017, 12:53:27 »
Danke für deinen emotionalen Bericht. Mir geht es fast ähnlich. Mein letzter Wien Marathon war vor 12 Jahren. Gestern beim Anfeuern wurde mir klar dass ich lieber draußen stand als mit zu Laufen. Obwohl der Wienmarathon eigentlich der Grund war mit dem Laufen anzufangen, hat sich bei mir viel geändert. Auf der Suche bin ich noch immer und es wurde mir klar dass so eine Massenstraßenveranstaltung nichts für mich ist. Freu mich auch auf das Training im Wald und ganz besonders auf die Veitsch.









Laufen bedeutet für mich: Freiheit zu spüren, Gelassenheit zu erleben

Offline JM

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2017-04-23 34. Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #4 am: 24.04.2017, 20:07:26 »
Danke für den schönen Bericht Ulrich. Schade dass die Zuschauer bei dir so leise waren, wahrscheinlich hatten sie schon all ihre Energie bei mir verbraucht. Weil weiter vorne bei uns wurde fleißig angefeuert, es war sogar sehr gut die Stimmung. Vielleicht hast du aber auch so frisch ausgeschaut dass die Zuschauer geglaubt haben dass du noch keine Anfeuerung brauchst :-)
When your life flashes before your eyes, make sure you’ve got plenty to watch

Offline Pizzipeter

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2017-04-23 34. Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #5 am: 25.04.2017, 07:01:51 »
Danke Ulrich! Emotion pur, ich hab eine Gänsehaut bekommen und werde mich gleich anmelden für nächstes Jahr  :-))
Deine Berichte sagen genau die Gründe, warum laufen so schön ist.
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Offline elisabeth

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2017-04-23 34. Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #6 am: 25.04.2017, 22:57:06 »
Schönbr Bericht Ulrich!
Ich habe am Sonntag wieder Lust auf Wien bekommen und mich schon FÜR 2018  angemeldet.
Wäre schön, wenn wir nächstes Jahr wieder eine richtig grosse run42195 Gruppe wären... Mir Allen drum und dran!
Veil Freude und Spaß im Wald, Ich hoffe wir sehen uns nächstes April bEIM VCM

 

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