Autor Thema: 2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195  (Gelesen 3719 mal)

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2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« am: 28.11.2017, 19:13:35 »
Datum: 2017-11-26
Event: 34. Firenze Marathon
Distanz: 42,195 km

Ersteller: wolferl42195

Offline Pizzipeter

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #1 am: 29.11.2017, 08:53:30 »
Hast du dir schon mal den Platz reserviert? 😉
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Offline Diana11

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #2 am: 29.11.2017, 09:03:13 »
Hast du dir schon mal den Platz reserviert? 😉


 ;D ;D ;D jetzt kapier ich's erst (nachdem ich "überall" nach dem Bericht gesucht habe)
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Offline wolferl42195

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #3 am: 29.11.2017, 09:43:15 »
work in progress...
Ausdauer wird früher oder später belohnt - meistens aber später. (Wilhelm Busch)

Offline wolferl42195

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #4 am: 29.11.2017, 10:27:18 »
Florenz Sightseeing und Marathonlauf. Ein Selbstversuch

Hinweis: Es ist mehr ein Reisebericht. Der Laufbericht beginnt ab dem „Marathontag“.

Da war er nun: der 24. November. Abflug nach Bologna. Eigentlich wollte ich gar nicht mehr so richtig weg, da beruflich und privat in den letzten Wochen viel los war, fast zu viel. Die Achillessehne war auch noch immer beleidig, seit einem Long Jog in Südtirol am windigsten Wochenende des Jahres. Fast 30 Kilometer gegen den Wind. Damals dachte ich mir, schlechteres Wetter zum Laufen werde ich wohl so schnell nicht erleben. Wie konnte ich mich nur so irren.
 
Am Tag vor der Abreise noch alles schnell zusammengepackt. Vorbereiten auf eine Reise ist eigentlich etwas anderes, aber Florenz wollte ich schon immer sehen und fast zwei Tage sollten für einen ersten Eindruck reichen.  Die Eckdaten standen fest: Flug nach Bologna, dann Zug nach Florenz und Hotel war gebucht und natürlich am Sonntag Vormittag laufen. Das ist doch ein Plan.
 
Beim Gate am Flughafen in Wien traf ich dann JM. Kurzfristig haben wir einen unseren Sitznachbarn umgesetzt und der Flug konnte beginnen. Nach den Erzählungen von JM und seinen Vorbereitungen waren meine Laufprobleme auf einmal Luxusprobleme. Außerdem sollte ich Nachrichten genauer lesen, weil JM die erste Nacht in Bologna bleibt und erst am Samstag nach Florenz weiterfährt. In meinem Alter muss man noch spontan sein und so haben wir einen halben Tag Bologna unsicher gemacht. Mit dem Bus ging es zum Bahnhof wo auch gleich JM’s Unterkunft war. Im Nachhinein war eine billige Absteige zu dem was noch folgen sollte. Unsere Koffer wurden deponiert und wir begannen unsere müden Körper zu bewegen. Natürlich erst nach einem Capuccino. Als könnte es nicht anders sein hat natürlich auch Bologna einen Campanile. Und was für einen. Die Tickets gibt es natürlich nur am Hauptplatz. Also ein paar Meter extra.
 

Wir bekamen den Slot für 13:00 Uhr, weil der Turm zu schmal ist müssen zuerst alle im Gänsemarsch hinauf und dann alle wieder runter. Es gibt einem ein sicheres Gefühl mit einem Architekten unterwegs zu sein, der immer wieder betont: Der Turm ist schief. Und wie. Schiefer als der in Pisa! Also ab nach oben. Der Aufstieg wollte nicht enden. Es ging Etage für Etage nach oben. Gefühlt waren wir schon über den Wolken. Laut dem japanischen Prospekt von JM waren wir 100m empor gestiegen. Für den Ausblick hat es sich gelohnt. Für den Lauf am Sonntag wohl eher nicht. Runter vom Turm und Mittagessen war angesagt. Was sollte man in einer Stadt wie Bologna essen wenn nicht Pasta Bolognese. Köstlich. Mit ein paar Umwegen zurück zum Bahnhof, weil ich heute noch nach Florenz musste und nicht den letzten Zug nehmen wollte. Lektion Nummer 1: unterschätze nie italienische Bahnhöfe. Vor dem Bahnhof war es relativ ruhig (für italienische Verhältnisse) drinnen war die Hölle los. Und ich hatte noch kein Ticket. An diesem Tag waren auf einmal alle zweite Klasse Tickets nach Florenz ausverkauft. Ich konnte nur noch eines der letzten Tickets für die erste Klassen nehmen. Gleis 18? Hat sich der Mann geirrt? Nein Gleis 18. Danach verstanden wir erst die Dimension des Bahnhofs. Es ist einer der größten Durchgangsbahnhöfen Europas. Also zwei Stöcke nach unten, ein schnelles Foto vor der Stationstafel, damit die Welt auch weiß, wo wir uns herumtreiben. Eingestiegen und den scheinbar letzten Platz in der ersten Klasse bekommen. Mit Stil, 300km/h und einem "gratis" Espresso ging es in knapp 30 Minuten nach Florenz.

Jetzt musste ich ein wenig umplanen. Aus den knapp drei Tagen, inklusive Lauf am Sonntag, blieb nur mehr ein Tag Florenz. Daher Plan B. Ab ins Zimmer und dann noch zur Marathon-Messe. Dann ist der Samstag frei. Gesagt getan. Quer durch die Stadt, schon einmal vorbei an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Das war sozusagen der Spaziergang „Florenz bei Nacht". In der Stadt war überall „Black Friday". In jeder Auslage teilweise geht der Freitag hier bis zum Sonntag. Vorbei an der Ponte Vecchio, über die Uffizien zur Cattedrale di Santa Maria del Fiore. Trotz der Eile musste ich einen Moment inne halten. Das Bauwerk ist gewaltig. Morgen komme ich wieder. Weiter ging es durch die engen Gassen zum Stadion wo die Messe untergebracht war. Ein wenig fühlte ich mich wie Robert Langdon.
 
Bei der Messe war es schon recht ruhig, kein Warten und schnell bis ans Ende des Gebäudes um das Startersackel zu holen. Sogar ein Langarm T-Shirt im dezentem Gelb, etwas Altpapier und die Startnummer. Noch schnell eine Pizza am Weg zurück, wieder durch die ganze Innenstadt zum Hotel. Dabei schon den Weg vom Ziel über die Gepäckausgabe geübt. Ausruhen ist angesagt. Morgen ist Stadtbesichtigung, und übermorgen noch ein Marathon.
 
Für mich ist 6:30 Uhr bereits ausschlafen. Daher mache ich einen kurzen Aktivierungslauf entlang des Arnos. Wieder zur Ponte Vecchio, vorbei am Palazzo Pitti und da war noch die Empfehlung sich den Piazzale Michelangelo anzusehen.


Anscheinend ist dort ein guter Ausblick. Das hatten wir schon einmal. Für den Ausblick hat es sich gelohnt. Für den Lauf am Sonntag wohl eher nicht. Toller Blick über die gesamte Stadt und dann wieder ins Hotel gelaufen. Am Rückweg tauchen immer mehr Läufer auf. Jetzt wird langsam ersichtlich wem die Stadt an diesem Wochenende gehört. Ab in die Stadt. Zuerst zur Cattedrale. Allerdings denken sich das alle Homo Turisticus und speziell auf mich haben sie anscheinend nicht gewartet. Ticket für 12:00 Uhr ergattert. Ein befreundeter Architekt hat gesagt, die Kuppel muss man gesehen haben. Er würde sie kaum besser hinbekommen. Was also bis 12:00 Uhr machen? In Florenz ist eher das Überangebot ein Problem. Bei einem klassischen italienischen Frühstück, cappuccino e brioche, wurden die Uffizien als Ziel auserwählt. Die gute Wahl. Keine Schlange. Audio Guide natürlich mitgebucht. Zwei Stöcke nach oben. Audio Guide funktioniert nicht. Zwei Stöcke nach unten. Neuer Audio Guide. Zwei Stöcke nach oben. Für das Museum hat es sich gelohnt. Für den Lauf am Sonntag wohl eher nicht. Im flotten Schritt durch das Museum. Auch für einen Nicht-Kunstkenner beeindruckend. Und es war auch wieder einmal Zeit sich für ein Geschichte und Kunst zu interessieren. Nach eineinhalb Stunden Museum ging es zurück zur Cattedrale di Santa Maria del Fiore.


Pünktlich wurde Einlass gegeben und es ging wieder eine schmale Wendeltreppe hinauf  zur Kuppel. Die Vorstellung, dass es vor über 500 Jahren gebaut wurde ist gewaltig und Brunelleschi’s Meisterwerk ist immerhin die viert größte Kirche Europas. Oben angekommen habe ich einen herrlichen Blick über die Stadt. Für den Ausblick hat es sich gelohnt. Für den Lauf am Sonntag wohl eher nicht. Am Weg hinunter bekomme ich einen Blick auf das Kuppelgemälde. Figuren mit Ausmaßen von mehren Metern. Leider werde ich gleich weitergeschoben und Teil eins der Dombesichtigung ist vorbei. Allerdings ist bei dem Ticket für den Dom noch mehr inkludiert. Also hinunter in die Krypta um die Kirche, die  vor der Cattedrale auf dem Platz stand, zu besichtigen. Zumindest das was davon über ist. Nächste Station ist Baptistery vor dem Dom mit einem ebenso beeindruckenden Deckengemälde. Dann wäre noch der Glockenturm inkludiert. Zuvor war da noch eine lange Schlange. Jetzt nicht mehr und wenn ich schon einmal da bin. Sicher wieder ein guter Ausblick. Vor allem auf die Kuppel. Und wieder fast 100 Höhenmeter. Beim Marathon verlangt der Veranstalter ein Attest und die Türme kann hier jeder besteigen. Bei manchen bin ich mir nicht sicher, ob sich die überlegt haben wir sie hinauf kommen. Vielleicht hatten einige doch einen Aufzug vermutet. Einige waren oben schweißgebadet und haben Stoßgebetet ausgestoßen.

Auf jeden Fall ein toller Ausblick. Für den Ausblick hat es sich gelohnt. Für den Lauf am Sonntag wohl eher nicht. Von oben habe ich die Basilica of Santa Croce ausfindig gemacht und schon als nächstes Ziel ausgewählt. Am Weg ein sehr nettes kleines Lokal zur Stärkung gefunden. Eines von vielen. In Italien schmeckt die Pasta einfach am Besten. Und der Espresso danach sowieso.

Gestärkt geht es weiter zur Basilica of Santa Croce. Langsam kenne ich mich in dem florentinischen Gassenwerk ein wenig aus. Auf einmal stehe ich auf dem großen Platz den ich zuvor noch vom Glockenturm gesehen habe. Sogar die Sonne bemüht sich am Nachmittag ein wenig und so strahlt die weiße Kirche besonders. Auf der Seite habe ich den Eingang gefunden und wundere mich über den relativ hohen Eintritt. Da muss was besonderes sein. So ist es auch. In der Kirche ruhen Machiavelli, Michelangelo, Galileo Galilei und Gioachino Rossini und ich stehe in der größten Franziskanerkirche Italiens. Mit einem Ohr lausche ich bei einer Führung mit und schnappe auf "... die wirklichen Reichen hatten damals eine Kappelle in der Kirche". Jede dieser Kapellen in der Basilica ist beeindruckend gestaltet. Danach musste ich mich auf die Suche nach dem Kreuz machen. Überall steht in der Kirche etwas von dem Kreuz. Durch den Innenhof in das nächste Gebäude im ersten Stock. Da war es. Das Kreuz des Cimabue, fast 740 Jahre alt. Was aus unserer Zeit wird 740 Jahre überleben?




Nach der Basilica ging ich wieder ins Zentrum. Das Museum beim Dom war noch offen und die Statue von Michelangelo stand auch noch auf der Liste. Nur wegen dem Vergleichsgedanke unter Männern. Im Dommuseum im ersten Stock, ebenfalls zu Fuß erklommen, passierte es. JM meldete sich.
Er und die Truppe vom ULT Heustadlwasser sind jetzt nach der Messe zur Ruhe geschritten und machen am Abend Pastaparty im Airbnb. Ich kann gerne kommen. Da sag ich natürlich gleich zu, allerdings muss ich meine Runde in Florenz noch fertigmachen. Also durch das Dommuseum, mit einem beeindruckenden Nachbau der Kirche die vor dem Dom dort stand, und interessanten Animationen zum Dom. Nach einem kurzen Cappuccino Stop war die Überlegung wohin mich der Weg vor der Pasta Party noch führt. Soll ich mich mit Michelangelo's Statue messen oder besser den Da Vinci Code knacken? Die Entscheidung fiel auf den Da Vinci und endlich ein Museum in dem Angreifen erlaubt  war. Die sehr gut gelungen Nachbildungen von Da Vinci’s Erfindungen erfreuen das Technikerherz. Damit war die Florenz Tour zu Ende und die Vorbereitung auf den Marathon konnte beginnen. Nach dem Besichtigungsprogramm wird der Marathontag zur Sightseeing-Regeneration.

Ich navigiere wieder in Richtung Basilica of Santa Croce. Gesteuert von Google Maps und bewaffnet mit drei alkoholfreien Bieren treffe ich beim Quartier des ULT Heustadlwasser. Eines musste ich gleich feststellen: Der Verein lässt sich nicht lumpen. Das war ein echter Palazzo. Ein Original mit vier Schlafzimmern und je einem Bad, Küche und Esszimmer und ein riesiges Wohnzimmer. Feudal. JM hat mich empfangen und in den Salon geführt. Die meisten Läufer und auch Innen machten es wie die Profis: Ausruhen vor dem Wettkampf. Alle 10 Minuten tauchte ein neues Gesicht auf und nach einer Stunde waren alle da und die Pastaparty konnte beginnen. Inklusive natürlich den Vorbereitungen: „Wie komme ich in die Startzone? und vor allem „Wie komme ich wieder in die Unterkunft?“. Im Palazzo galt die strenge Regel „Unter 4 Stunden gibt es wieder Einlass!“.
 
Das Wetter war auch kurz Thema, vielleicht sollte es ein wenig regnen, aber eher nicht. Als ich vor einer Woche zum ersten Mal auf die Wetter App geblickt habe, konnte ich noch voller Stolz vermelden: Nächster Sonntag in Florenz 17 Grad und Sonne. Na gut es sind vielleicht nur zehn Grad und ein wenig Regen. Nach Studium des Booklets war klar wie der Weg zum Start führte und alle waren bereit für die Pasta. Meine erste Pasta die genau 11 Minuten und 15 Sekunden laut Packung benötigte. JM hatte die Uhr im Blick und die Pasta war perfekt. So viele neue Ideen sind an dem Abend gekommen, wo man laufen sollte. In einer Runde von Ultraläufern fühlt sich der Marathonläufer als Spaziergänger. Der kulinarische Abschluss des Abends waren Cantuccini mit Schokolade. Die haben perfekt in den Rahmen des Palazzos gepasst. Fast hätte ich mich verplaudert. Gegen 20:30 habe ich die Party verlassen. Es regnete leicht. Um 21:00 sollte Nachruhe sein. Es wurde 22:00 Uhr.
 
In Summe haben die zwei Tage Sightseeing sicher mehr 200 Höhenmeter gebracht. Das iPhone zählte am Freitag 19.4km und 44 Stockwerke knapp 30.000 Schritte und am Samstag nochmals 19.4km (inklusive Morgenlauf) und 97 Stockwerke bei 26.151 Schritten. Na dann Gute Nacht!

Marathontag
Die übliche Routine beginnt. Der Wecker läutet genau drei Stunden vor dem Start. Mit einem offenen Auge schmiere ich mir meine Honigsemmeln und schaue aus dem Fenster. Wolkig aber kein Regen. Passt. Semmeln genüsslich verdrückt. Gegen 7:00 Uhr mache ich mich am Weg zum Start. Dieses Mal alleine. Der Fan Club feuert von zu Hause an. Fünf Minuten später stehe ich am Piazza di Santa Maria Novella, wo der Umschlagplatz für die Kleidersäcke ist. Eines ist klar, Hitzemarathon wird es heute nicht. Das Outfit stand allerdings fest. Da ich nur Handgepäck gebucht hatte, gab es auch nur eine Garnitur und somit keine Auswahl. Noch eine Stunde bis zum Start. Wie üblich handle ich mich von ToiToi zu ToiToi in die Startzone. 10 Minuten vor 8:00 Uhr beginne ich mit zarten Aufwärmbewegungen. Der Startblock beginnt sich zügig zu füllen und um 8:00 Uhr ist er fast voll. Jetzt gibt es kein zurück mehr. Auch die 30 Minuten vergingen und endlich ertönte der Startschuss. Boom.

Anscheinend hat der Schuss eine Wolke getroffen und es begann zu regnen. Zuerst leicht dann stärker. Aber egal. Was soll’s. Wird schon wieder aufhören. Wir liefen unsere Schleifen durch die Stadt und der Regen wurde stärker. Bei dem Wetter ist es besser schneller zurück zu sein. Daher lies ich den 3:15 Ballon hinter mir und machte mein eigenes Tempo. 3:10 sollten es werden. Vielleicht auch knapp drunter. Ich startete den Versuch das Tempo von Zagreb von vor sechs Wochen einzuschlagen und es fühlte sich ganz gut an. Immer wieder waren Läufer um mich die in Lacken stiegen und mich anspritzten. Ich dachte noch „Muss das sein?“ Noch hatte ich das Gefühl nur nass zu sein aber nicht durchnässt. Der Regen war einmal leichter einmal stärker aber ein ständiger Begleiter. Das Tempo konnte ich gut halten und so ging es wieder zur Ponte Vecchio. Diese hatte ich jetzt in der Nacht, am Tag und nun bei strömenden Regen gesehen. Die Kurve nach der Brücke war nicht ganz ungefährlich. Hinter mir hat ein Läufer den Kampf mit der Reibung verloren. Halbmarathon. 1:24:21. Eine Zeit die zum Träumen verleitet. Es könnte sich mit 3:10 ausgehen, da kann ich noch ein wenig verlieren, nämlich 100 Sekunden. Und da waren schon die Rechenspiele. Weiter ging es durch die weniger interessante Teile von Florenz zum Stadion. Der Regen wurde zum Wolkenbruch. Lacken wurden zu kleinen Seen. Ausweichen war ohne Umwege nicht mehr möglich bzw. sinnlos. Resignation machte sich breit. Die Kilometerzeiten wurden schrittweise langsamer. Deutlich langsamer. Das Power-Sightsseing schlägt nun zurück und auch das fehlende Training der letzten Wochen. Auch der Marathon von vor 6 Wochen dürfte noch in den Knochen stecken. Ich laufe auf einer Allee zum Stadion. Es regnet so stark, ich konnte keine 150 Meter weit sehen. Abbiegen in das Stadion. Mir fehlt schon die Lust und die Kraft der Lacke auszuweichen. Außerdem wüsste ich nicht wohin. Also durch. Mittendrin statt nur dabei war das neue Motto. Die Runde im Stadion wollte nicht enden. Raus aus dem Station Kilometer 34. Der Luftballon mit der Aufschrift 3:15 holt mich ein. Eine Sekunde versuche ich zu folgen. Heute gibt es keinen Tempomacher für mich. Ich werde reihenweise überholt. Teilweise mache ich kurze Gehpausen. Nicht nur weil die Energie weg ist, mir wird auch zunehmend kalt. Eiskalt. Die Finger sind klamm. Kaum mehr ein Gefühl zu greifen. An den Labestellen nehme ich nur noch Tee. Kilometer 40. Direkt bei meinem Hotel. Allerdings ist Schlüssel im Kleidersack und der näher beim Ziel. Also Endspurt durch die Innenstadt. Sub 3:30 sollten es noch werden. Und wer kommt da? Das nenne ich einmal Verhöhnung des Gegners. Die Sonne! Rechtzeitig für die Fotos im Ziel blitzt sie zwischen den Wolken durch. Beim Zieleinlauf versuche ich ein gezwungenes Lächeln. Geschafft. 3:25 sehe ich auf der Tafel. Der Schuldige ist schnell ausgemacht. Steht nur wenige Meter hinter mir: Der Dome und der Glockenturm bilden den Hintergrund beim Zieleinlauf. Was für eine Symbolik.



Die Medaille wurde mit einem Schulterklopfer überreicht und auch eine Folie. Dazu gab es noch einen Sack mit Verpflegung. Bier aus Holland mit einem deutschen Namen. Ich trotte zurück zur Piazza di Santa Maria Novella. Mein LKW ist natürlich der letzte in der Reihe. Mir ist nur noch kalt. Alles ist nass. Richtig durchnässt. Ein freier Platz auf der Bank vor der Kirche. Ich nehme die trockenen Sachen aus dem Sack. Zumindest der Oberkörper ist wieder trocken und taut langsam auf. Haube, Florenz-Shirt und Jacke. Jetzt kommt ein Muskelkrampf auf. Ich mache seltsame Bewegungen um den Krampf loszuwerden. Der Vater eines Läufers neben mir hat Angst und glaubt ich mutiere zu einem Zombie. Mein Versuch mich trocken zu legen sollte bei den Socken weitergehen. Nach fünf Minuten habe ich es geschafft einen Socken auszuziehen. Die Finger konnte ich immer noch kaum bewegen. Auch an eine SMS an den Fan Club war noch nicht zu denken. Eine grobe Schätzung war, wenn ich mich in dem Tempo weiter umziehe versäume ich den Abendflug nach Wien. Daher musste ich die Strategie ändern. Mit einem langen Socken und einen kurzen Socken und offen Schuhen humpelte ich zum Hotel. Lektion Nummer 2: Kein Hotel ohne Aufzug am Marathon Wochenende.
 
Eine Stunde nach Zieleinlauf war ich im Hotelzimmer. Zur gleichen Zeit vor sechs Wochen in Zagreb war ich schon geduscht und im Auto unterwegs nach Wien. Ich drehte die Dusche kalt auf um mich langsam aufzuwärmen. Nach gut zehn Minuten konnte ich wieder alle Finger bewegen und ich war auf Betriebstemperatur. Auch telefonieren war wieder möglich um endlich die Heldentat zu verbreiten. Um 14:00 Uhr ging es aus dem Zimmer zum wohlverdienten Florentiner Steak mit einem kleinen Bier. Nach dem Essen dann ab nach Hause. Dieses Mal nicht erste Klasse sondern mit dem Bus. Übergepäck werde ich wohl nicht haben. Das meiste aus dem Koffer habe ich angezogen. Allerdings nehme ich mit dem Marathon-Laufzeug mindestens einen Liter Regenwasser mit nach Wien.

 
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Offline tommigoal

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #5 am: 29.11.2017, 11:32:19 »
Cooler Reise-Marathon-Bericht - Gratulation zum Durchhalten und Finishen!

Offline heitzko

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #6 am: 29.11.2017, 13:42:26 »
vielen dank fürden tollen bericht und die spitzen fotos! ich glaube ich hätte bei solchen bedingungen keine chance gehabt durchzukommen! bei den schilderungen und fotos bekommt man wirklich lust, noch einmal in florenz zu laufen :) (und hofft auf besseres wetter ;)).

Offline marcon

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #7 am: 29.11.2017, 14:22:14 »
Danke für den Bericht, das klingt doch nach einem erfolgreichen Sightseeing, die 3 Türme (Kuppel, Glockenturm und Bologna) habe ich am Tag nach dem Marathon beim runter gehen auch nicht wirklich genossen ;-).

Offline uschi61

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #8 am: 29.11.2017, 16:16:04 »
danke für den unterhaltsamen, abwechslungsreichen und interessanten Bericht  :) ! Und Gratulation zu einem erfolgreich ins Ziel gebrachten Marathon - klingt wirklich nicht angenehm deine Schilderung von Nässe und Kälte. Die Fotos sind auch sehr beeindruckend!
Lebe deine Träume!

Offline JM

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #9 am: 29.11.2017, 16:55:18 »
Cooler Bericht. Danke Wolfgang.

Jetzt brauch ich keinen mehr schreiben - außer noch eine Korrektur:
Ich könnte die Kuppel nicht nur nicht besser bauen, sonder gar nicht. Für mich ist das Ding sowas wie ein Wunder. Wie gesagt, ich glaube nicht dass man so eine Kuppel heutzutage in der Bauweise noch bauen könnte.

Wenn ich die Fotos vomn Lauf mal gesichtet habe, werde ich noch ein paar visuelle Eindrücke dazusteueren.
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Offline JM

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #10 am: 29.11.2017, 17:51:12 »
Damit die anderen dein Touri-Programm auch einordnen können:
Ich habe für das selbe Programm  4 Tage gebraucht. 2 letztes Jahr und 2 Tage heuer. Damit hast du dich zum Japaner qualifiziert  8)
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Offline wolferl42195

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #11 am: 29.11.2017, 18:17:02 »
Damit die anderen dein Touri-Programm auch einordnen können:
Ich habe für das selbe Programm  4 Tage gebraucht. 2 letztes Jahr und 2 Tage heuer. Damit hast du dich zum Japaner qualifiziert  8)

Danke. Eigentlich wollte ich mich ja ausruhen und hatte mir auch einiges zu lesen mitgenommen.  :haha:
Mir hat es so gefallen, da musste ich wieder einmal etwas niederschreiben. Mein Glück war die 20.000 Zeichengrenze...
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Offline cbendl

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #12 am: 29.11.2017, 20:48:52 »
Super Bericht, wirklich unterhaltsam!


Und was habt ihr denn, so eine Ungeduld ... Die Florenz-Läufer und -Schreiber waren doch äußerst schnell! ;D
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Offline Pizzipeter

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« Antwort #13 am: 30.11.2017, 07:39:11 »
Was für ein toller Bericht  :)  :good:
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Offline Diana11

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Antw:2017-11-26 34. Firenze Marathon - wolferl42195
« Antwort #14 am: 30.11.2017, 08:38:50 »
Pfau, super Reise- und Laufbericht - vielen Dank dafür!

WETTKAMPFSCHWAMMERL
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