Autor Thema: 2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich  (Gelesen 4557 mal)

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2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich
« am: 13.09.2021, 10:26:42 »
Datum: 2021-09-12
Event: Vienna City Marathon
Distanz: 42,195 km

Ersteller: Ulrich

Offline Ulrich

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Antw:2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich / ein Wanderertag
« Antwort #1 am: 13.09.2021, 10:28:16 »
 Ein paar wenige Worte zu meinem VCM 21, ob´s ein richtiger Bericht wird... glaub ich eigentlich kaum: Heiß war´s, aber das ist ja schon hinlänglich bekannt.
 Die Zielvorgabe war mehr oder weniger scherzhaft, über 4 Stunden zu bleiben und so auch gleich morgen wieder laufen zu können. Mal schauen, ob das gehen wird....
 Der Morgen war sehr relaxed, insbesondere im Vergleich zu meiner sonstigen Hysterie...
 
Die U-Bahn ist zwar gesteckt voll, aber schlussendlich gehört das ja zum Gesamterlebnis des VCM auch irgendwie dazu.
Wir treffen Wolf beim Start, Heidi überlegt, eine Zeit lang mit ihm zu laufen, doch stellen wir uns dann gemeinsam in ihren Startblock, um die Sache heute ganz gemächlich anzugehen. Für alles, was auch nur den Schatten einer Ambition erheischen könnte, ist es heute definitiv zu heiß…
Ich gehe einen Großteil des ersten Kilometers, zu dicht ist das Gedränge. Auf der Reichsbrücke halte ich kurz Ausschau nach Karin-Kasl, die sonst immer ein Fixpunkt hier auf dem Mittelstreifen war, dann will ich ein paar Zuschauer auf der linken Seite anfeuern.. plötzlich ein „ULRICH“… hey, da steht Julia und feuert uns und mich an, Danke Dir!!
Runter die Brücke, endlich kann ich zumindest ein paar freie Meter laufen. Hab ich schon einmal gesagt, dass ich meine Carbon-Hokas liebe? Es ist unglaublich wie leichtfüßig ich in diesen Schuhen laufen kann, irgendwie hab ich ja ein schlechtes Gewissen, doch es macht wirklich Freude.
Im Prater dann…. Wieder wird das Gedränge recht dicht, sodass ich mich entscheide, auf der linken Nebenfahrbahn zu laufen. Hier ist kaum was los und ich kann mein eigenes Tempo laufen. Ich versuche rechtzeitig dann bei diversen Matten wieder auf der Strecke zu sein, wissend, dass ich so unzählige Mehr-Meter mache, doch das ist es mir wert. Die Ideallinie hat bei diesem Lauf nichts mit mir zu tun. Irgendwie… ich bin heute kein Motivationswunder.. heut macht es noch nicht so großen Spaß, macht aber nix. Wie soll ich denn sonst noch auf die 100 km kommen, wenn ich jetzt nicht den 42er laufe? Mach ich halt weiter…
Bei der ersten Labe überlege ich noch ganz kurz, ob ich überhaupt was trinken soll, tauche meine Kappe ins „Schwammwasser“ und trinke nun doch einen kleinen Schluck. Auf der Schüttelstraße ein mittelheftiger Hitzeschock. Bist du narrisch…, wenn das so weitergeht, sind wir bei den Hitzeläufen von 2003 und 2005. Ich weiche dann recht schnell auf den rechten Fahrbahnrand und weiter auf den Gehsteig aus, hier ist sowohl Schatten, als auch praktisch nichts los, den wenigen Fußgängern weiche ich großräumig aus, ich will ja keinen Stress machen.
Schon hier liegt der erste Kollege mit Kreislaufproblemen am Straßenrand, scheinbar gut umsorgt von Passanten und Securities… was wir das denn heute?
Rauf auf den Ring, hier gibt´s wieder ein wenig Schatten, und auch Stimmung! Ich wundere mich ja fast, wie viele Leute dann doch bei den „früheren“ Fanzonen stehen, doch, Stimmung tut immer gut, schließlich kann ich sie etwas befeuern und hab so auch meine Hetz.
Runter zum Naschmarkt, ich mach mir heut so überhaupt keinen Stress, gehe manchmal, dann laufe ich wieder mehr als betont locker, doch langsam merke ich, eine Blase könnte sich da am rechten Fuß, an der Sohle bilden. Hey, das kann ja noch spaßig werden, aber … ist halt so. Ich versuche, die betreffende Stelle ein wenig zu entlasten, indem ich die Zehen breitmache, spreize, … so bilde ich mir zumindest ein. An der linken Seite entdecke ich Chribi, das ist ja nett, ich freue mich sie zu sehen und kurz mit ihr zu plaudern. Die Wienzeile zieht sich wieder einmal fürchterlich…. Da sehe ich an der linken Seite Anna mir ihrer Glocke stehen.
Mein Leiberl wiegt zu diesem Zeitpunkt schon um ein Vielfaches mehr als sein sonstiges Gewicht, es ist schlicht waschlnass. Eigentlich wollt ich es ausziehen, doch wohin damit dann? Zum Wegschmeißen hab ich das Leiberl schlicht zu gern, in die Hose stecken will ich es auch nicht, was weiß ich, was so ein nasser Fetzen da mit meinen Beinen machen würde? Daher wutzle ich das Shirt einfach hoch und trage fortan einen Quasi-BH, Hauptsache der nasse Fetzen nervt mich nicht mehr dauernd.
Die Staffelübergabe bei Schönbrunn ist heuer weit gesitteter als sonst, zwar immer noch etwas stressig für die Wartenden, doch dennoch auffallend vernünftig. Beim Anstieg rauf zur äußeren Mahü liebäugle ich ein wenig mit einem DNF, ich könnte mir ja vorstellen, dass Heidi auch hitzebedingt vergleichbares überlegt, doch… eben wie soll ich dann die 100km in der Woche schaffen…  na egal, ich gehe ein wenig, laufe erst wieder sobald die Steigung vorbei ist.
Mahü rauf, runter…., auch hier zumindest 2 oder 3 am Straßenrand mit mehr oder weniger intensivem Betreuungsbedarf. Spooky. Ich denke an unser wechselseitiges Versprechen, das Heidi und ich in der Früh gegeben haben und nehme mir vor, beim ersten Anzeichen von Kreislaufproblemen aufzuhören.
Die Zweierlinie, ein wirklich heißes Pflaster, hier brennt die Sonne runter, dennoch mag ich den Abschnitt, ich mag die Architektur, die Geschichte und die Weitläufigkeit. Und.. siehe da, ich glaub ich seh nicht richtig, ich laufe auf Tobias auf. Ein absolutes Highlight des Tages, wie oft laufe ich schon gemeinsam mit Tobias bei einem Marathon 😉 auf Höhe der Universitätsstraße meint Besagter…, wir wären etwas flott unterwegs, in 4:40… Irre, ich merk das in den Hokas ja überhaupt nicht.
Ich habe mir zwar mit meiner Mutter ausgemacht, dass wir uns Höhe Schottentor treffen, dass wir uns aber wirklich sehen, freut mich nun doch sehr. Eigentlich wollte ich ihr ja mein Leiberl geben, aber das vergesse ich völlig und renn dann doch weiter waschlnass weiter über die Liechtensteinstraße und die Alserbachstraße. Auf der Donaustraße nun plaudere ich ein wenig mit Kollegen. Ein Finne rennt gerade seinen ersten Marathon… wobei die Unterhaltung „of course you will finish, you are finnish!“ doch etwas besser rüberkommt 😊
 Ein anderer rennt überhaupt barfuß.. er hatte sich bei der Expo neue Schuhe gekauft und die beim Halbmarathon gekübelt… coole Geschichte 😉
Runter die Praterstraße, rein in den Prater, ich merke, dass mein Kinesiotape sich löst, worauf ich den rechten Schuh ausziehe und mich dabei freue.. ich hab wirklich das Gefühl , völlig stressbefreit zu sein. Es ist ein Training und das ist gut so.
Bei der Sadistenschleife der Meierei stehe ich Martin, einen meiner ältesten Lauffreunde und hole mir auch eine Salztablette aus meinem Laufgurt. Sicher ist sicher…
Mister feuert mich an, unser Ultrafreund Martin W. sitzt mit seiner Freundin Gina auch an der Strecke, ja hier im Prater ist man im Laufwohnzimmer.
Ab sofort wechsele ich in den Lauf-Geh Modus, nur kein Stress.. auch wenn ich über 4:30 brauche, letztes Wochenende waren wir ja überhaupt über 5 Stunden unterwegs, alles ok…
Ich mag die Rotundenallee… irgendwie hab ich da das Gefühl ohne schlechtes Gewissen hatschen zu können… eben hatschen, laufen, hatschen, laufen… irgendwie bin ich ein keines wenig schwindlig, da pass ich lieber auf. Unterhalte mich mit einem Kollegen, der sehr entspannt daher kommt, wir plaudern uns bis zur nächsten Labe und weiter Richtung km 40. Ok ein wenig enttäuscht bin ich ja, dass es hier bei 40 kein Cola gibt, aber das ist nun auch schon völlig egal. Rauf den Ring, ich plaudere mit den Zuschauern, bin viel zu oft entsetzt über die Kollegen die am Straßenrand liegen. Auf meine Antwort, ob ich helfen kann, höre ich .. ich möge fragen wo denn die Rettung bleibt….
Am Straßenrand stehen Elisabeth und Kurt, etwas weiter dann auch Florian (der Rundumadum-Organisator und nun auch Mitverantwortlicher vom VCM)
 Nun, ich bin nicht sicher, der wievielte Marathon das nun war, je nach Zählung 61 bis 65, aber ist ja egal. Ja ich bin sehr froh, dass es auch heuer wieder möglich war.
Überrascht bin ich von meiner Zeit, die laut Uhr 4:12 beträgt, ebenso wie von meinem Schnitt (laut Uhr auf 43 KM (was aufgrund meiner Umwege wohl hinkommt)) von 5:52. Beachtlich, wenn ich meine Wanderungen bedenke..
 Nun.. ich freue mich auf ein trockenes Leiberl und suche schnell den Weg zurück an die Strecke. schließlich warte ich auf Heidi und möchte sie die letzten Meter begleiten können
Weil 42 die Antwort ist und 130 der Sinn

Offline AppleCakeRunner

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Antw:2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #2 am: 13.09.2021, 11:51:18 »

- Finde ich super, dass man so begeistert schreiben kann obwohl du schon so viele Marathons in den Beinen hast
- Das wichtigste Ziel hast du ja offensichtlich ziemlich leicht erreicht. Du bist trotz dieser Rahmenbedingungen gesund ins Ziel gekommen

Offline dogrun

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Antw:2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #3 am: 13.09.2021, 11:55:16 »
Lieber Ulrich, es war eine Freude dich auf der Strecke getroffen zu haben, unser schnelles Tempo war zum Glück nur einige hundert Meter so schnell,
sonst wäre es im Prater für mich noch härter geworden.


Aber unsere Rennverläufe gleichen sich in einigen Dingen, auch ich hab die Rotundenallee zum spazieren genutzt.  ;)


Und auch ich habe das Cola bei km40 schmerzlichst vermisst!  :argh:







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Offline mister

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Antw:2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #4 am: 13.09.2021, 11:57:36 »
Ich habe sogar extra gefragt, ob es wirklich kein Cola gibt.
Und mich danach wieder einmal über WK geärgert.

Offline Ulrich

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Antw:2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #5 am: 13.09.2021, 12:02:41 »

- Finde ich super, dass man so begeistert schreiben kann obwohl du schon so viele Marathons in den Beinen hast
- Das wichtigste Ziel hast du ja offensichtlich ziemlich leicht erreicht. Du bist trotz dieser Rahmenbedingungen gesund ins Ziel gekommen
wenn mich der Marathon nicht begeistern würde, dann würd ich wohl kaum laufen  8)
Weil 42 die Antwort ist und 130 der Sinn

Offline Pizzipeter

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Antw:2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #6 am: 13.09.2021, 12:28:19 »
Wie immer ein Genuss deine Berichte zu lesen  :D   :good:
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Offline MartinRa

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Antw:2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #7 am: 13.09.2021, 12:48:36 »
Toller Bericht!

Offline Anna

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Antw:2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #8 am: 13.09.2021, 16:25:33 »
Das ist ein Bericht über die entspannte Variante eines Marathonlaufs - ganz toll! :applaus2:
Ich war sehr erstaunt über die Strahlkraft der Sonne und Hitze, obwohl es objektiv "nur" gut 25° hatte. Deine Bemerkungen über die Läufer mit Kreislaufproblemen bestätigen meinen Eindruck und ich habe alle bewundert und auch teilweise bedauert bei ihrem Kampf auf  der Wienzeile.

Offline Josefstädter

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Antw:2021-09-12 Vienna City Marathon - Ulrich
« Antwort #9 am: 14.09.2021, 16:35:15 »
Danke! Schöner und wahrer Laufbericht. Kann ich Wort für Wort nachempfinden als dabei gewesen wäre.  :haha:
 
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