Autor Thema: 2006-07-14 24Stundenlauf Wörschach - Tschitschi  (Gelesen 1169 mal)

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2006-07-14 24Stundenlauf Wörschach - Tschitschi
« am: 14.07.2006, 00:00:00 »
Datum: 2006-07-14
Event: 24Stundenlauf Wörschach
Distanz: 99.999 km

Ersteller: Tschitschi

Offline Tschitschi

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2006-07-14 24Stundenlauf Wörschach - Tschitschi
« Antwort #1 am: 14.07.2006, 00:00:00 »
4erStaffel 24h Wörschach


Vor 3 Wochen fragt Larissa an, ob wir nicht anstelle des Großglockners 1 Woche vorher
Den 24h Lauf Wörschach machen sollen. Ich sage zu und finde in Franz und Jean Marie unsere restliche Mannschaft. Erste Antwort von beiden war eher absagend, na ja, vielleicht, aber grauslich anstrengend,  aber beide brauchten nicht einmal  1 Stunde, um dem Lauf verfallen zu sein . Team steht.
Erste Überlegungen: Wie läuft man das? 24h durch 4= jeder läuft ca 6h.
Meine erste spontane Idee: 3 Halbmartathons mit 2h und Pausen dazwischen, seh ich nicht als Problem wenn man langsam läuft. (Schnitt 5:30-6:00)
Franz antwort: Naja laufen wir besser 3h, 2h, 1h Intervalle, immer leichter, je näher wir dem Ende kommen.
Laien Diskussion!! Wir treffen HeinzP, der das schon durchgemacht hat und er gibt uns den schockierenden Rat nicht alle 3 oder 2Stunden zu wechseln, sondern alle 10-12 min, dh jede Runde (1 Runde ist 2,3275m). Und die Runden sollten wir in unserem Marathontempo laufen!! Heinz ist jetzt immer unser Fragendoktor, er ordiniert ja mittlerweise täglich auf der Hauptallee. Wichtige Fragen über Ausrüstung und vor allem die Details der Veranstaltung bekommen wir detailiert erklärt. Vor allem, wie geil, der Lauf und die letzte Runde ist.
Die Anweisungen fliesen in Ausrüstungs- und Lauftabellen.
Wir beschliessen dem prinzipiellen Rat zu folgen, jede Runde zu wechseln, dies aber nur untertags. Für die Nacht sehen wir vor, dass 2 Läufer abwechselnd je 12 Runden laufen, jeder 3x2, während die Anderen schlafen. Das ergibt 2 Lauf und 2 Schlafschichten zu ca 3 Stunden.
Samstag früh ists soweit: Start um 6:30, Wessi winkt verschlafen mit Tasse aus dem Fenster,
die Helden reisen ins Abenteuer!
Fahrt 2:20 Stunden. Bei Wörschach ist eine Strasse gesperrt. JM und ich haben aber beim Bratislava Marathon gelernt, dort fährt der Läufer! Doch nicht ganz sicher, nach einigen hundert Metern, frag ich einen Posten: „ Wir sind Staffelläufer, 4er Staffel, wo müssen wir hinfahren?“ Antwort:“ jo duad wous hinkeats!”
Wir sind dann einfach in die Strecke hineingefahren, auf gut Glück. Parken das Auto, suchen den Rennleiter/Leiterin. Der sagt uns wo wir in etwa unsere Zelte aufschlagen können, und wo wir Startnummern bekommen. Ausserdem erfahren wir, dass wir das Alles eigentlich wissen müssten, und unseren Zeltplatz reserviert haben müssten, so wies im Heftl steht, dass wir mit der Bestätigung der Anmeldung erhalten hätten. Haben wir nicht! Aber völlig egal wir sind in einem 1500 Seelen Ort, von dem 1000 der Seelen an Lauf mitarbeiten:
„ Dou geisd zum Raidmaia saina Frau“ und so  geht’s klaglos.
Wir schreiten zur Basislagererrichtung. Mitten auf einer Wiese umgeben von Ungarn.
Alle Zeltgrössen ab 12 Mannzelten mit Vordächern und Caravans sind vorhanden, ab und zu ein kleines zum Schlafen, aber neben dem schattigen Partyzelt für untertags.
Wir bauen unsere 3 Zelte, die Minis, auf und verschieben unsere Sorgen, wie wir den Tag ohne Schatten verbringen sollen, indem wir Larissas Zeltbaukunst bewundern.
Sie macht da nicht so fade gerade Linien oder Kuppeln, nein ihr Zelt liebt das Amorphe, ist ein Symbol für die Unstabilität unserer Zeit. (hoffentlich hat JM Photos davon).
Im Gemeindeamt bekommen  wir Startnumer 223 und alle möglichen Goodies: Unter Anderem:4 Packungen Tarockkarten!! ( fürs Rennen? 4er Team, einer auf der Strecke und beim Durchlaufen sagt er einen Königsrufer an?) und  12 Dosen Inzersdorfer Sugo!! Franz packt die Dosen wildentschlossen unter seinen Arm  (die armen Kinder denk ich mir) und wir gehen Essen.
Larissa isst 3 kleine Packungen trockenes Müsli (aus dem Goodie bag) und wir bekommen 3 trockene Portionen Spaghetti bolognese, mit so wenig Sauce, daß gerade noch ein Färbungseffekt erzielt wird. Franz grinst, wir haben schmackhafte Spaghetti und nur mehr 10 Dosen Inzersdorfer.
Zum Basislager zurück gehen wir die Strecke ab:
Ca 1Km der Strecke ist die Hauptstrasse Wörschachs, dann geht es durch eine Unterführung unter der Bundesstrasse nach Süden und durch Einfamilienhäuser und Wiesengegend wieder Unterführung und zurück. Die Strecke ist nicht eben, hat längere Steigungen und ein paar sehr kurze, aber ab KM 50 deutlich spürbare,  schärfere Anstiege bei Brücken und Überführung, und kurz vorm Einbiegen in die Hauptstrasse. Auf der gesamten Länge verteilt sind die Basislager der verschiedenen Staffeln. Es gibt 4er Staffeln und Megastaffeln bis max. 24 Läüfer. Allein die Verschiedenartigkeit der Lager, gibt viel Aufschluss, wie unterschiedlich die 3 Gruppen sind.
Einzelläufer
Mancher hat kein Lager, sondern nur ein Auto (oder ein Minizelt) in dem er Wechselkleidung hat. Er läuft durch (schaut euch den Sieger an) keine Pause, d.h.: Essen in der Laufrunde; Er bekommt alles Notwendige durch die Orga beim Lauf: Verpflegung, medizinische Betreung etc.
Die 4er Staffeln:
Die Meisten haben etwas Zeltartiges, das wie ein kleiner Jahrmarktverkaufsshop aussieht, also Platz zum Stehen für 4 Personen plus Betreuer. Wir nicht, underdressed.
Die Megastaffeln:
Haben einen eigenen Zeltplatz auf der Wiese. Die Anderen überall auf der Strecke, die Megastaffeln als Dorf. Große bis riesige Lagerzelte, Verpflegungszelt mit Profigaskocherküche, Essplatz mit Heurigengarnituren, das geht so weiter bis zum privaten DJ Stand und Supersoundausrüstung.
Megastaffeln sind oft große Firmen und ihre Mitarbeiter oder Kunden. Die meisten Megastaffeln sind Party & Sport, ein paar Staffeln reiner Sport, Tempokanonen.
Dazu kommt das größte Volksfest, oder das einzige wirkliche Event in Wörschach,
jeder aus der Umgebung ist dort und feiert! Und das nicht schwach!!
Nach dem Rundgang auf der Strecke erobern oder besetzen wir einen Privatparkplatz, eine  Insel in einer Straßengabelung, Von großen schattengebenden Bäumen überhangen und mit 150 Meter Blick in die Strecke. Genial, kühl und wir sehen unsere Voräufer 30 sek vor der Übergabe! Wir sitzen zu Dritt nebeneinander, quatschen und können jeden Läufer der uns entgegenkommt lange begutachten.
Kurz danach kommt der Besitzer des Platzes vorbei, macht kurzen Schmäh mit Besitzstörung  und bietet uns dann 10 Meter neben dem Platz seine Doppelgarage zum Schlafen an. Perfekt!
Ein kühler Raum, ohne Viecher, wettersicher!!
Falls jemand von Euch, und wir nicht, mitlaufen will, das nette Paar hat uns, den Platz mit Garage für nächstes Jahr wieder  angeboten.
Das Rennen:
Larissa startet, lauft 1,5 Runden, weil unsere Übergabe in der Mitte der Strecke ist, lauft ein:
„geile Strecke“
Ich übernimm die Schleife: meine erste Runde:
Ganz große Erleichterung endlich laufen zu können, ist halt prinzipiell schön.
Die ersten Runden waren völlig ungewöhnlich. Extrem verschiedene Laufgeschwindigkeiten, der Mitläufer.
Ein Einzelläufer, den ich von der Veitsch als Spitzenläufer kenne, trottet in einem 8:00 min/km mit seinem Kollegen dahin. Die Staffel von Cricket Wien lauft weit mehr als doppelt so schnell, eher im 3:00 Tempo.
Die erste Runde: Anlaufen, brettleben am Rotkreuzzelt vorbei , über eine kleine Brücke (die Steigung macht sich erst nach der Marthondistanz bemerkbar) zu einem langen, sanften  Anstieg durch die Zelt und Partystadt der Megastaffeln, kurz bergab vorbei am Bierzelt gefüllt mit Dorfjugend, unter der Bundesstrasse durch, vorbei am Camp mit der besten Musik, (dort laufen Hans Knaus, Sykora uns Walter Meier in der Megastaffel) wieder ein Anstieg durch ein Zelt, mit Bratwurstgeruch und ein kurzer stärkerer Anstieg , am Ende des Anstiegs die Cricket Staffel, aber dann geht’s bergab durchs Dorf auf der Hauptstrasse! Wunderschön, Riesenstimmung! Laufen macht Glück. Links und rechts alles voll mit Leuten
Lärm, der dir gilt, Lautsprecheransage (ich geniese: Nummer 223 VCM Forum Team) Kinderhändeabklatschen. Aus dem Ort raus, wieder unter der Bundestrasse durch lange leichte Steigung am Baumarkt etc vorbei mit kurzer steilerer Endsteigung, abbiegen nach rechts hinunter und noch eine Minute zum Wechsel. Durch unseren genialen Lageplatz seh ich schon 200 m vor Übergabe meine Leute.
Ich gib die Schlaufe JeanMarie, er an Franz, der an Larissa und dann hab ich sie wieder.
Das „Radl“ geht los:

Beim Schreiben hat mich jetzt Franz angerufen, sie gehen, gegenüber von mir, ins„Hermann“
Auf einen Drink. Schreiben wird unterbrochen...........wir quatschen Wörschach
..................................................................................................................................................
Diszipliniert zurück, nur ein Bier und schnell schlafen, weil müd bin ich schon.
Nur hab ich Lust das fertigzuschreiben.

Also wir laufen unsere Runden: viel schneller als Plan.
Das Team sagt: -Langsamer- aber keiner kann sich bremsen.
 Das hängt vielleicht davon ab, dass wir einen Messpunkt nach einem KM, beim Zelt mit wurstgeruch,  fixiert haben, dort sehen wir mit einem Blick auf die Uhr, wir sind zu schnell, dieser Kontrollpunkt liegt allerdings nach dem eher faden Teil der Runde mit Steigung, und danach abwärts durch die anfeuernde Hauptstrasse, voller Euphorie, kann man scheinbar nicht bremsen. Alle laufen wir Rundenzeiten schneller als Zielzeit.
Das geht jetzt Runde für Runde. Ich sitze in meinem Klappstuhl, unterhalt mich mit meinen 2 Mitläufern, betrachte den stetigen Fluss der anderen Läufer, und schau auf die, jede Runde korrigierte Tabelle, wann Larissa kommt und ich übernimm und dann JM übernimmt.
Wir laufen dahin, die Strecke wird in der Zeitspanne immer kürzer, weil ich sie immer besser kenne, und sie ist bietet genug Abwechslung.
Essen; Verpflegungsstelle ist in der Nachbarschaft, Nudeln mit viel zu wenig Sauce,
wir haben nur mehr 8 Dosen Inzersdorfer.

Wir laufen in den Abend, erste Nachtschicht Larissa-Christian.
Die erste Nachtschicht fangt um ½ 10 Uhr an.
Wir haben 10 Runden hinter uns, d,h.: jeder ca 23 km in 7,5h,
Ich bin ein bisschen geknickt, wie wenig Km wir in der Zeit haben! Ich habe Angst, weil ich  mich jetzt schon müde fühle, und ich bin noch nicht einmal ein Drittel gelaufen!
Pro Person nur wenig mehr als 20 Km am Abend.
Und schon müde, wie soll die Nacht gehen und vor allem Morgen?

Die Nachtrunden:
Am Anfang: Super, ich kann endlich einmal, wenn ich im Rhythmus bin, weiterlaufen.
Ich genieße die gesamte Strecke.
Dann die Pause im Dunklen: Ich warte, kühle aus, Larissa kommt, ich übernimm, hab schwere Probleme in den ersten 500 Metern, die Beine ans Laufen zu gewöhnen.
Der Gedanke, dass es (die Nachtschicht) in 2 (1!!) Runden aufhört, dominiert. Das 2 Rundenlaufen, am Wechselplatz vorbeilaufen, ist psychisch hart!
Mir geht’s zeitenmässig, in der Nacht, noch  am besten vom Team, aber ich wünsch mir den  Sonnenaufgang sehnlich.
Die Wechsel unserer 2 Teams sind vorbildlich.
Liebevolles geruhsames Wechseln, keinerlei Stress.
Prinzipiell ist unsere Wechseltaktik, unorthotox.
In den Nachtstunden laufen wir jeder 2 Runden. Als 2er Gruppe insgesamt 12 Runden während die anderen schlafen.
Der Vorteil unseres Plans ist: 2x3h Möglichkeit zu Schlaf.
Beim ersten Gruppenwechsel gehen Larissa und ich hinauf zur Hauptstrasse, wo der Verpflegungsstand mehr bietet und wir die Stimmung geniesen, JM kommt vorbei, wir feuern ihn an. Hinunter in unsere Garage, kann praktisch nicht schlafen. Beim zweiten Turn schlaf ich dann herrlich!
Während der Nacht sitz ich herum und klar denk ich mir:
Wir sind zu schnell gelaufen, wir werden eingehen!
Unser min/Km Schnitt geht 0,5 bis 1 Min zurück.
Ich bin in Sorge, dass unser Team  ( Alle oder ein Läufer,und vielleicht ich ) eingeht.
Wirklich eindrucksvoll ist die Ausdauer von Wörschach und Umgebung beim Feiern. Das Bierzelt tobt die Nacht durch. Unglaublicher Kontrast:
Ich laufe auf einen der führenden Einzelläufer auf, es ist 4:00 Morgens er läuft seit 14:00
aus dem offenen Bierzelt tobt Techno, und Jugendliche die seit 14:00 durchfeiern, feuern uns grölend an, haben mehr Probleme mit ihren Beinen als der Einzelläufer.
An der Hauptstrasse steht ein Bau in dem Rundenzähler sitzen und ihre Läufer anfeuern. In der Nacht haben sie Holzbretter mit dem sie rhytmisch auf ihre Holzbrüstung schlagen und einen Höllenlärm, den man schon von weitem hört erzeugen, Gänsehaut!
Laufe ein übergebe an JM. Denk mir armer Hund, ich geh schlafen!
Stehe ausgeruht auf, die anderen sitzen schon am Platz der Läuferstrom zieht ungeändert vorbei. Unglaublich die Einzelläufer/innen. Es ist 7 Uhr und alle haben wir Angst vor: und jetzt noch 7 Stunden!! Ich laufe meine letzte 2er Runde, harte Sache!!
Larissa versucht das psychologisch zu bewältigen: „Sind pro Person eh nur mehr 6 Runden.“
Ich laufe wieder eine normale Runde, schön wieder Tageslicht zu haben, wieder was zu sehen, viele Läufer kennt man ja, und Wechsel, nur mehr 5 Runden!!
Nein, leider nicht Larissa hat sich verschaut, sind doch noch 6. Kurzer psychischer Knick.
2 Runden, plötzlich läuft JM die mit Abstand langsamste 1 Rundenzeit, es geht ihm nicht besonders. Wessi trifft ein, endlich haben wir Betreuung!
Die Zeit verfliegt, die Runden auch! Der angeknackste  JM wird immer schneller, von Runde zu Runde, haut sich richtig ins Rennen und kommt schweissüberströmt, breitgrinsend mit Höllentempo zum Wechsel. Er steckt Karl an, der gibt Gas, am Schluss auch ich. Unser Team wird immer schneller. Unsere schnellste Rundenzeit ist Jms letzte: 10:24! Das sind 4:29 am KM 69 füt ihn!
Aber auch Franz 4:45 und ich 4:44 rennen wie die Deppen. Larissa überzeugt durch Konstanz! Den Vormittag durch, nur Schwankungen von max 7sek/km. Wir liegen 20 min vor unserer vorgenommenen Zeit!
JM fliegt ein, es ist 13:50, wir bis auf Franz, unser offizieller Schlussläufer, nehmen die Chips ab, und laufen gemeinsam die letzte Runde Richtung Ziel. Wahnsinnsstimmung. Speziell beim Lager der Megastaffeln. Dort stehen mehr als 1000 Läufer und Betreuer Spalier und feuern dich an, nein feiern alle Läufer. Tränen kommen mir. Wahnsinnsstimmung auf der Zielgeraden, Hand in Hand laufen wir durchs Ziel. Wir habens geschafft!
Mitten im Haufen lauter überglücklicher Menschen, Händeschüttln, Umarmungen.
Das Ergebnis sollte egal sein, aber wir sind stolz auf 278,917 km und den 18.Platz.
(In der Nacht waren wir noch 25te)
Danke Euch Larissa, JeanMarie und Franz! Es war toll mit euch!
"man muss wissen bis wohin man zu weit gehen kann" jean Cocteau

 

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