"Das volle Dutzend"
(Anmerkung: Ich schreibe meine Berichte immer für drei Gruppen - für mich (gut! stimmt, bin keine Gruppe), LäuferInnen und an meinen Berichten Interessierte ... daher der eher eigene Stil)
Gemeinhin wird behauptet das auch Läufer einer Sucht unterliegen. Der Sucht nach neuen Bestzeiten, Profilierungssucht im Sinne des selbst beweisen müssen oder einfach nur die Sucht nach den Endorphinen. Ich laufe nur gerne, ganz ohne irgendwelche Hintergedanken und morgen würde wieder einmal ein Halbmarathon anstehen – der inzwischen 12te meines Läuferlebens.
Der letzte war zwei Wochen her und dieser Wettkampf war die Generalprobe für den Marathon. Da ich in dieser Woche mit anderen Dingen beschäftigt war, insbesonders der Geburtstag meiner Partnerin, warf ich erst jetzt einen genaueren Blick in die Ausdrucke. Wann ist eigentlich der Start? Wann kann ich die Startnummer noch am Renntag holen? Ach ja, da stand es – der Start ist um 10:00, Startnummer holen kann man am Freitag und Samstag bis 18:00. Mir stockte der Atem, das hatte ich aber anders in Erinnerung. Wir hatten zwar Samstag aber dies schon zur fortgeschrittenen Stunde, eigentlich war es Zeit sich zu Bette zu begeben! Was tun? Frustriert bastelte ich mir eine Startnummer und kam mir im selben Moment selten dämlich vor. "Du willst doch nicht mit dem Teil laufen?", dachte ich mir.
Egal gelaufen wird, immerhin mache ich das ja zu meinem Vergnügen – außerdem steht es im Trainingsplan. Und überhaupt, gezahlt habe ich ja für das Rennen. Ob ich tatsächlich eine provisorische Nummer verwenden sollte oder besser gar keine? Das passiert also wenn man einen Wettkampf nicht ernst genug nimmt, irgendwas vergisst man. "Aber gleich die Startnummer?", stichelte ein Gedanke nach.
Egal! Dann wird es halt ein Training der besonderen Art. Jetzt war ich aufgekratzt und das Einschlafen würde nicht so einfach werden. Perfektes Marathontraining der anderen Art sozusagen.
Das mit dem Schlafen klappte dann doch besser als erwartet und in der Früh rätselte ich ein weiteres Mal – mit edding beschriebenes A4-Blatt oder doch gar keinen Zettel? Eingesteckt wurde das Provisorium dann zumindestens und auch gleich die Anmeldebestätigung zur Sicherheit. Rein in die Klamotten und raus bei der Tür. Wolkenloser Himmel erwartete mich und eine Temperatur die bereits jetzt merklich über den im extra noch abgerufenen Wetterbericht lagen. Also nochmal bei der Tür hinein und umgezogen auf kurze Hose und kurzes Shirt – in der Fachsprache auch als gemeines 'kurz-kurz' bekannt.
Noch schnell wurde ein uralt-Pullover übergestreift, welcher sich aufgrund mangelnder Kleiderabgabekenntnisse leicht entsorgen lassen würde und endlich ging es los. Ein wenig eigenartig so ganz ohne Startnummer fühlte ich mich in der U-Bahn dann schon, fast so als hätte man zwei verschiedenfarbige Socken an oder man hätte vergessen den Hosenstall zuzumachen.
Aber geschehen ist geschehen. Ich freute mich auf die Forumsgruppe, welche sich wieder bei den Donauplexstiegen einfinden würde. Raus aus der U-Bahn, rein in die Halle und ich durfte überglücklich feststellen, dass es doch eine weitere Möglichkeit der Startnummernabholung gab. Mit einem Seufzer der Erleichterung brachte ich diese an, endlich fühlte ich mich richtig angezogen!
Nach dem Einlaufen traf ich auf die versammelte Mannschaft. Einige mit langärmligen Laibchen und langer Hose – das wäre dann das gemeine 'lang-lang' in der Fachsprache. Mir war selbst ohne Pullover in meinem Outfit nicht wirklich kalt, nicht einmal eine Gänsehaut hatte ich. Den Status als Hitzeläufer sollte ich wohl noch mal überdenken und fragte boenald ungläubig ob er tatsächlich lang-lang läuft.
Nach weiteren Begrüßungen, Scherzen und der obligatorischen Frage "Was läufst Du?", der typischen Antwort: "Halbmarathon", gefolgt von der nächsten Frage "Ja, ich weiß! Aber welche Zeit?" entschloss ich mich mit Rudi, Michi und Stefan gemeinsam zu starten. Auch Susi wurde uns mit auf den Weg gegeben, ließ uns aber ziemlich schnell stehen. Ihr war das Tempo für die 7km einfach zu langsam, dafür bekam ich gleich eine Rüge das ich wieder einmal zu schnell auf Tempo gegangen bin. Wie könnte es auch anders sein, die ersten zwei bis drei Wettkampfkilometer hatte ich noch nie unter Kontrolle.
Nach dem anfänglichen Gedränge wurde es auf Arbeiterstrandbadstrasse etwas besser um dann am Nordbahndamm auch bedingt durch die erste Verpflegstelle wieder etwas dichter zu werden. An der U6 entlang über eine leichte Steigung bogen wir in die Strasse 'An der oberen Alten Donau' ein. Es lief gut, die Sonne schien, die Kleiderwahl war perfekt und auch das Tempo hatte sich bei etwa 05:05 eingependelt. Es ging unter der U1-Trasse durch, die erste Runde war nahezu überstanden. In der Wagramerstrasse in der Höhe vom Start-Ziel-Bereich war einiges los und die Cheerleader und die Musik gaben Motivation. Ich war gut drauf und freute mich einfach auf die nächste Runde. Bei dieser wurde das Tempo ein wenig erhöht, dies zeigte sich letztlich auch in einem Negativsplit der beiden Runden (36:08 und 35:51), wobei dem Vernehmen nach die letzte Runde kürzer als 7km, die ersten beiden dafür länger sein sollten.
Kurz vor der Brücke trafen wir auf Heidi und Ulrich die zum Spaß ein wenig mitliefen, kurz darauf war Ulrich auch auf gleicher Höhe und begleitete uns nun mit den Worten das ein 5er Schnitt wohl ein wenig zu schnell für seinen heutigen long-jog sei. So relativ sind halt Geschwindigkeiten – jedenfalls wurden wir kurz vor der U6 angehupt, der Führende war im Anmarsch. Die "Marschgeschwindigkeit" betrug knappe 20km/h und stellte eine weitere Relativierung dar. Aufgrund mehrerer Rennen wussten wir natürlich wie wir uns zu verhalten hatten und machten dem Führenden rechtzeitig Platz, leider hatten nicht alle diese Routine – auch der begleitende Motorradfahrer nicht – und Michis Bitte auf das "andere rechts" der Strasse auszuweichen fruchtete nicht bei allen.
Macht nichts, am meisten im Weg war dann sowieso das Motorrad welches den Weg frei machen sollte. Dies kann natürlich auch den besten motorisierten Begleitern passieren, glücklich war der Führende darüber verständlicherweise nicht.
Gegen Ende der inzwischen wesentlich trockeneren zweiten Runde trafen wir wieder auf Alb, welcher die Forumsmitglieder zu fotografieren suchte. Dann ging es wieder rauf auf die Wagramerstrasse und ein weiteres Mal an den motivierten und motivierenden Cheerleader vorbei. Kurz davor lief auch noch der Zweitplatzierte durchs Ziel. Die Musik, die netten Mädels und die Zuschauer bewirkten das ich mich ein wenig ziehen ließ. Stefan fragte noch ob ich jetzt die letzte Runde auf Tempo ginge, was ich verneinte. Ich wollte eigentlich nur die Stimmung auskosten und dann die Gruppe wieder aufschließen lassen. Wie so oft, auch zuletzt in München, ein Trugschluss meinerseits. Da ich das Tempo auch nicht drastisch reduzieren wollte, ließ ich es laufen und erhöhte die Geschwindigkeit auf etwa 04:45 pro Kilometer.
Bei Kilometer 19 war ich kein bisschen müde und versuchte das Tempo weiter zu erhöhen, merkte aber bald das mir das heute einfach zu anstrengend war. Um knapp an einer Bestzeit vorbeizuschrammen war mir der Spaß an der Sache dann doch um einiges wichtiger. Auf dem letzten Kilometer fragte mich dann ein Fahrradfahrer noch wie viel ich noch zu laufen hätte. Verwundert erwiederte ich es wäre noch ein Kilometer, dachte der an noch eine Runde? Sah ich so langsam aus?
Wie auch immer, das Ziel nahte. Ein wenig beschleunigen konnte ich mir nicht verkneifen und da der Zieleinlauf schmal gehalten war, wurde ich von meinen Vorläufern dermaßen am Überholen gehindert, das ich doch noch einen Sprint über die letzten 100m hinlegte.
Die Medaille hängte ich mir um und wartete auf Michi, Stefan und Rudi. Letztgenannten ging es leider nicht so gut, die letzte Runde hatte ihm zugesetzt. Ein wenig wurde noch geplaudert, Christian wurde zur neuen persönlichen Bestzeit gratuliert und nach Hause ging es mit dem vollen Halbmarathondutzend (2004: Eisbärlauf I, Wachau; 2005: Eisbärlauf I, Eisbärlauf III, Linz; 2006: Eisbärlauf I, Eisbärlauf III, Wachau; 2007: Eisbärlauf I, Eisbärlauf II, Eisbärlauf III, Wien Energie Halbmarathon in 01:45:13).