Autor Thema: 2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko  (Gelesen 927 mal)

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« am: 30.06.2007, 00:00:00 »
Datum: 2007-06-30
Event: Veitsch Grenzstaffellauf
Distanz: 56.000 km

Ersteller: heitzko

Offline heitzko

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #1 am: 30.06.2007, 00:00:00 »
ein grenzgenialer lauf

ich fahre gerade, wie so oft, auf der südbahnlinie in richtung wolfsberg.... eine wunderschöne landschaft zieht vor meinen augen vorbei. schon fast unzählige male bin ich hier durchgefahren, sehr oft dachte ich mir, wie großartig es sein muss, in dieser gebirgigen landschaft zu laufen. auf die idee, dass diese phantasie eines tages wirklichkeit werden würde bin ich aber nie gekommen. dann ging es schlag auf schlag. ulrich äußerte den wunsch (inspiriert von banis, mischas, christians und tschitschis berichten) dort auch einmal zu laufen. hmmmm klang spannend, aber ich bin halt leider kein laufurgestein. für solche extremherausforderungen war es doch eigentlich noch zu früh in meinem läuferleben... oder etwa nicht?

keine ahnung wieso, aber immer wieder passiert es, dass ich mich auf objektiv gesehen idiotische vorhaben einlasse, das versagen bewusst in kauf nehme, mir aber dennoch denke, „es wird schon irgendwie gehen“. um ehrlich zu sein, meine läuferischen höhepunkte sind meistens solcherart. letztes jahr wienerwaldmarathon und großglocknerberglauf. niemals auf druck, sondern immer aus irgendeiner laune heraus. straßen-ultramarathons übten auf mich noch nie einen reiz aus, überhaupt gehören die worte „mega“, „ultra“, „triple“, „deca“ und was weiß ich was noch nicht gerade zu jenen die auf mich eine faszination ausüben....ich finde das leben ist eigentlich schon extrem genug...auch ohne potenzierung gewisser distanzen :)

beinahe wäre der traum von meinem ersten ultramarathon kurz vor der premiere geplatzt. ich merkte zwar, dass ich mir beim hinauflaufen von steigungen allmählich leichter tat, jedoch schienen meine beine das bergablaufen nicht zu goutieren. 3 wochen vor dem tag X fing mein rechter oberschenkel an zu spinnen, ich nahm es nicht übermäßig ernst und versuchte mit viel einschmieren diese sehnenansatzreizung einzudämmen. das gelang anfangs recht gut, dann nachdem ich einmal einen sturz mit vollem oberschenkeleinsatz abgefangen hatte, wurde es leider problematisch. ein kurzer ausflug in die welt der pharmazie (voltaren tabletten) führten zur entscheidung, dass ich meinem körper dieses gift nicht antun würde. ich entschied mich das ganze ohne orale drogenkonsum auszusitzen :), nein so ein zeug sollte mir nicht mehr in die tüte bzw. in den magen kommen :)

die lauferei wurde stark reduziert, am sonntag vorher folgte noch ein kurzer letzter waldlauf, am montag 10 kms zum auslaufen und danach war das ziel : schmerzfrei werden bis samstag, ansonsten „einfach“ schweren herzens einfach nicht laufen.

mein oberschenkel machte es spannend, entzündungen heilen nicht von heute auf morgen. ich konnte oft keinen einzigen schritt ohne schmerzen gehen und dennoch sagte mir mein gefühl, dass es am Samstag passen könnte. wunschtraum oder präkognitive fähigkeiten :)???? wer weiß das schon.

zur orthopädischen unpässlichkeit gesellten sich noch diverse sorgen ob ich das ganze überhaupt konditionell/muskulär bewältigbar war oder ob mich eine lektion in demut bzw. ordentlich watschn erwarten würde...

waldlaufen war einfach ulrichs metier, sich irgendwo hinaufquälen können, danach wieder schnell laktat abbauen und sich hinunterlassen könne, das waren seine spezialitäten... über die marathondistanz 2200 höhenmeter bewältigen können,  war eine für mich unvorstellbare welt, ein anderes universum.

im training waren wir zumeist nie länger als 2 h im wald unterwegs... mein letzter long jog war der vcm gewesen ;). 2 wochen vor der veitsch lief ich in einem anfall von wahnsinn die ganze koralm hinauf und wieder hinunter. nach 4 h 30 war ich dermaßen hinüber, dass ich meine chancen die veitsch zu schaffen auf beinahe null korrigierte.

die meisten sorgen machte ich mir darüber ob ich rechtzeitig beim 2. wechsel auf der klein veitscher alm sein würde. in der ausschreibung stand ja, dass läufer die zu spät ankommen würden, aus dem rennen genommen würden. die peinlichkeit wollte ich mir nämlich ersparen. eigentlich waren es zwei erfahrungen die ich nicht machen wollte: letzte sein und aus dem rennen genommen werden. eigentlich bescheidene ziele – aber irgendwie auch wieder nicht.

mischa beruhigte mich, indem er meinte dass das kein problem sei. jeder der einen marathon auf zeit laufen konnte, sollte auch so etwas hinbekommen. einfach viel zeit bei den verpflegungsstationen verbringen, sich zeit lassen, es gemütlich angehen, dann würde das schon hinhauen.
beruhigend war aber auch, dass sich das ganze auch ein paar kurzentschlossene zutrauten. wenn tschitschi, christian und larissa das ohne vorbereitung in angriff nehmen würden, könnte es ja vielleicht bewältigbar sein.

eigentlich hatte ich vor in der woche davor noch ein paar mal laufen zu gehen, aber das erste mal gelang es mir mich selbst zu bezwingen... ich machte 4 tage absolute pause. mein armer schatz durfte meine unausstehliche laune ausbaden. diesmal befolgte ich aber seinen ratschlag pause zu machen und es sollte sich als die beste entscheidung herausstellen die zu diesem zeitpunkt überhaupt möglich war. es wurde bandagiert und eingeschmiert was das zeug bzw. die haut aushielt, die verletzung wurde besser, aber wer auf voltaren verzichtet muss viel geduld aufbringen....
wir reisten am tag vorher an und quartierten uns bei einer sehr netten familie ein, die gut ausgestattete privatzimmer für den unschlagbaren preis von 18 euro pro nacht inklusive frühstück feil boten. zudem chauffierten sie uns auch noch zum startgebiet und holten uns am tag vorher vom bahnhof ab, die gastfreundlichkeit wurde noch mit allerlei spannenden geschichten über seine reisen (beruflich bedingt) nach spanien und hong kong garniert :D. stories über den tunnelbau, dschungel, hochhäuser inmitten des mürztals welches von wunderschönen gebirgszügen umgeben war. das war einfach kaum zu überbieten.

von unserem zimmer aus konnte man direkt in richtung hochplateau blicken....unheimlich.....aber auch unheimlich schön!

die nacht auf Samstag.... rückenschmerzen (weiche matrazen sind ein horror für mich), die erkenntnis dass es im fuss immer noch zog, dass es regnete (unüberhörbar durch regentropfen auf dem dach), dass ich auf das bettzeug leicht allergisch war (juckenreiz) sorgten für eine nicht allzu erholsame nacht. die 4 vorherigen paustage zahlten sich jedoch aus, denn trotz schlechten schlafes fühlte ich mich in der früh ausgeruht. das bein wurde noch einmal ordentlich mit einer meiner 100.000 salben eingeschmiert und gemeinsam entschieden, ulrich und ich dass ich einfach aufgeben würde, wenn es ärger geben sollte.

die anderen (bani, tina, tschitschi, larissa, christian, eva, mischa) waren auch schon da und guter dinge. christians einstellung gefiel mir: „i brauch erst amol ein kipferl und an kaffee“..... jawohl diese relaxte art ist genau die richtige stimmung für die vorstartzeit, auch die anderen verbreiten eine ein entspannes klima und meinen unisono, wenn’s nicht geht, geben wir einfach auf. gut! das ist auch mein plan und somit befinde ich mich in bester gesellschaft. geteiltes leid ist quasi halbes leid :). tina fragt mich noch ob ich nervös sei....kurzes sinnieren darüber....hmmm nein eigentlich nicht, komisch aber sicher besser als das andere extrem.

auch das 12jährige mädchen, das letztes jahr als 11jährige schon mitgelaufen ist, ist vertreten und überhaupt...die stimmung ist einfach super. keiner hier macht sich irgendeinen stress. eine wohltat! das wetter hat sich auch gemausert, daher kann man gsd auf trailschuhe verzichten. es ist noch recht kühl ,schlichtweg ideale laufbedingungen. jetzt fehlte nur noch das ok des beines. kurz nach dem start-böllerschuss trabte ich gemeinsam mit ulrich los – vorsichtig wie immer – von fast ganz hinten. die ersten schritte fühlten sich an, als wäre ich noch nie einen schritt gelaufen, das bein war zwar irgendwie spürbar, aber nicht schmerzhaft, der puls brav. gut, der erste check fiel also positiv aus und ich wollte nun einfach mal schauen wie sich die dinge entwickeln würden. ich signalisierte ulrich, dass alles ok war und schickte ihn auf die reise mit dem schnelleren forumssturmtrupp.

nach einem kurzen asphaltstück ging es schon eine forststrasse hinauf. viele fingen bald an zu gehen. natürlich das einzig richtige.... nur ich lief weiter, bzw. laufen war das wohl keines eher ein dahintribbeln, aber ich konnte mich nicht dazu überwinden „vernünftig zu sein“ und lief einfach langsam weiter, meinen puls stets im auge behaltend. ich hatte zwar angst, dass ich diese entscheidung irgendwann später bitter büssen würde, aber ich wollte nicht aus meinem rhythmus kommen. nebenbei unterhielt ich mich mit allerlei leuten. ein paar davon kannte ich schon vom lauf um den LT (zb die siegerin meiner ak). hinter uns ertönte urschrei. einer meiner späteren längerfristigen laufkumpanen verdrehte die augen... ach der herr ingenieur ist auch wieder da. ich fing an zu lachen. eh klar, wie sollte es auch sonst sein. er erteilte mir noch den ratschlag, dass sich alle frauen vor diesem unhold, ja diesem wahnsinnigen  hüten sollten. den grund hinterfragte ich allerdings nicht genauer.

langsamst hinaufgurkend überholte ich beiläufig (da nicht geplant) doch ein paar leute und merkte, dass es mir heute viel leichter als sonst fiel beständig hinaufzulaufen. dass gerade ich im hinauflaufen leute (auch wenn es sich dabei um eher mittelalterliche läufer handelte und ich wohl die jüngste in diesem feld war :D) überholte war in der tat ungewöhnlich und machte mir doch ziemlich mut. beim hinunterlaufen lief es dann dafür anders herum und ich wurde wieder stehen gelassen. gut, dass anfangs die bergaufstücke in der überzahl waren :). es war schon ein tolles gefühl zu merken, dass ich heute ordentlich kraft in den beinen hatte.... ob  ich das wohl den 4 pausetagen zu verdanken hatte? ein paar der von mir überholten waren nicht erfreut über meine überholmanöver im schneckentempo. offensichtlich betrachteten sie mein verhalten als provokation und versuchten mich immer wieder einzuholen, was ich sehr amüsant fand – denn mir lag nichts am überholen sondern nur an der beibehaltung meines wohlfühltempos. letztendlich hängte ich sie aber doch ab und war froh als die heiße phase der duelle vorbei war.

ich entschied einfach noch so lange bergauf zu laufen, wie es die muskeln ohne übersäuerungserscheinungen zuließen. das war bis kurz vor dem teufelssteig der fall. bei den labestationen blieb ich brav stehen und trank vor allem sehr viel cola wo es nur ging. schon bald überraschte man mich zu meiner großen freude mit grüßen und anfeuerungsbotschaften die ulrich für mich hinterlassen hatte. ich strahlte über das ganz gesicht. so wundervolle eine art motiviert zu werden wurde sicher nur mir zu teil.

die anderen läufer in meiner gesellschaft fanden das auch seeeehr romantisch. lange zeit lief ich mit einer 3er gruppe die allerlei nützliches in ihren RUCKSÄCKEN trugen. mit einem rucksack  laufen zu können, war für mich unvorstellbar. die jungs waren aber alte hasen und taten sich das offensichtlich nicht das erste mal an. bald ließen wir den wald hinter uns und es folgte ein wiesenabschnitt der allzufreizügig herzeigte was uns nun bevorstand: der teufelssteig. SCHLUCK... ich wurde innerlich plötzlich sehr kleinlaut.

jedoch konnte ich mich da noch gaaaanz dunkel an einen grausigen abschnitt beim großglocknerberglauf erinnern. wenn das damals gegangen war, würde der teufelssteig vielleicht auch bezwingbar bzw. gangbar sein :). kurz vor dem beginn dieses infernalischen „vergnügens“ plauderte ich noch mit einem der rucksack-kollegen. auf ermahnung des streckenpostens hin, doch weiterzulaufen und nicht zu tratschen meinte kollege meinte nur, dass er eh nur flirten würde :D, der streckenposten lachte, wir mit ihm (da lachten wir noch ;))

kurz vor beginn des anstieges stand noch ein fotograf. ich gratulierte ihm zu der entscheidung vor und nicht am ende des teufelsteigs zu stehen, taktisch sehr kluge entscheidung, denn so konnte er uns noch laufend erwischen :)!

so also nun hieß es zähne zusammenbeißen und – teilweise auf allen vieren – hinaufkrallen. der ganze schotter machte das nicht gerade einfach. vor allem wenn man nicht mehr ganz frisch ist, die konzentration nicht mehr top, muss man einfach schon vorischtiger sein bei der eigenen schrittwahl.

irgendwo in der mitte, erinnerte ich mich an mischas bericht, als ihn dort wadenkrämpfe erteilten und prompt in dem moment fing mein rechtes wadel an zu krampfen... so ein sch...... und dann folgte auch gleich noch das linke. es gab nur einen weg. den muskeln keine zeit zu geben und sie ständig unter „belastung“ zu halten. gefährlich waren immer die entlastungsbewegungen (also das anheben des fusses).

auf der mitte des teufelsteigs erblickte ich plötzlich zwei ordentlich behaarte wadl. aha ich hatte also einen mann eingeholt. komisch, dass er mir vorher nicht aufgefallen war. der mann entpuppte sich als frau mit offen zur schau gestellter liebe zur natürlichkeit :). na ja, jedem das seine. sie war ein wenig erschöpft und hatte sich entschlossen im steig eine kurze verschnaufpause einzulegen und sie entpuppte sich als einheimische die mir allerlei nützliche tipps geben konnte.
 
ganz oben angekommen, gab es ein paar ermunternde zurufe der streckenposten die brav aufpassten, dass die auf dem teufelssteig nicht in bergnot gerieten :). es war oben zwar ziemlich kühl, aber gerade so, dass mir noch nicht kalt war. die nächste station war das meranhaus. dort gab es dann das erste mal etwas zu essen, ein powergel mit apfelgeschmack :) die regionalen kulinarischen köstlichkeiten schauten zwar verlockend aus, aber allzu gut wusste ich wie leicht ich seitenstechen bekam.  die schlimmsten steigungen waren nun vorbei. nun ging es mehrheitlich hinunter. mit dem laufen tat ich mir dennoch schwer. eigentlich nicht weil ich muskulär so müde war, sondern weil es nun ziemlich steinig wurde. viele kleine felsbrocken, viele mulden machten es mir unmöglich  einen lauffluss zu entwickeln. meine eigene ungeschicklichkeit kannte ich nur zu gut... die konzentrationsfähigkeit ließ allmählich ebenfalls nach. daher galt mein hauptaugenmerk der vorsicht. irgendwo in der streckenbeschreibung stand, dass „mut zum risiko“ gefragt sei. bei mir galt nur das motto „speed kills“ :). auch die wadln waren jetzt irgendwie angefressen.... immer wieder drohten krämpfe und ich musste aufpassen, durch bewusst fersenbetontes laufen das schlimmste zu verhindern.

das mädel, dass ich zuvor auf dem teufelssteig überholt hatte, zeigte mir nun wie der hase läuft. sie sprang wie eine gemse dahin, ich fing an zu summen, hopp hopp hopp, pferdchen lauf galopp sie ließ mich dermaßen stehen, dass ich nur mehr meinen imaginären hut ziehen konnte. später traf ich sie dennoch wieder. ihre schwachstelle waren eindeutig die bergaufstücke, auch die kurzen steigungen schienen ihr ziemlich zu schaffen zu machen. das holte sich dann aber alles beim bergablaufen zurück. zwischenzeitig überholte ich noch ein paar sehr charmante ungarn, nun waren wir wieder in nähe der baumgrenze, die lauflandschaft wechselte von steinig in heimtückisch-wurzelig... nach wie vor keine guten bedingungen für ungeschickte leute wie mich, aber den anderen läufern ging es da ansheinend auch nicht viel besser.

„bald“ näherte ich mich dann dem 2. wechsel, kurz vorher wurde ich aber noch gnadenlos von der siegerin meiner ak stehen gelassen. gazellengleich hopste sie unbeschwert vorbei. respekt! das war einfach toll!

beim zweiten wechsel empfing mich roland und ich war sehr erfreut darüber ein bekanntes gesicht zu sehen. der läufer vor mir dachte, dass rolands fotoshooting ihm bzw. allen läufern diente und winkte freudig in rolands kamera :D. ich war sehr happy. es taten mir zwar die meine schon weh, aber finishen sollte jetzt möglich sein, wesentlich mehr als die hälfte war schon geschafft und die ca 200 höhenmeter die mir die polar noch als fehlend auswies sollten auch noch bezwingbar sein. ich war auch nicht die letzte – ca 12 leute hatte ich überholt und ein paar waren noch hinter mir gestartet.

nach einem kurzen pläuschchen, in dem wir überein kamen, dass dieser zweite abschnitt eigentlich unlaufbar war, er begleitete mich noch ein stück. dann ging es munter weiter. ich schluckte noch ein gel und war guter dinge. die wadenkrämpfe waren zwar ziemlich störend. kraft in den beinen war noch vorhanden, jedoch verhinderten die wadenkrämpfe, dass ich sie „ausspielen“. na gut, dann war eben ein pragmatischer zugang gefragt. bergab würde ich laufen und den rest mehrheitlich gehend bewältigen müssen. beim bergablaufen, krampften sie nämlich nicht, „nur“ sonst. gesagt, getan.... irgendwann fing das linke knie an sich zu melden. nie zuvor hatte es mir probleme gemacht. nun fing es links neben der kniescheibe an weh zu tun. zuerst war dort nur ein leichter druck, dann immer mehr und mehr. je stärker des gefälle desto schlimmer wurde es. ich musste das tempo stark reduzieren und oft auch bergab gehen um das schmerzlevel zu reduzieren. mir war klar was das war: ein klassisches läuferknie.... saublöd, waren es doch noch ca 15 kilometer bis ins ziel. ärgerlich war das. der oberschenkel hatte bis jetzt brav gehalten und jetzt das...mittlerweile freute mich über alle bergaufstücke, denn wadenkrämpfe waren mir lieber als knieschmerzen :)

an einer der letzten verpflegungstellen hörte vernahm ich dann (o-ton) „dei mon is grod vor 5 minutn durchgloafn“. schon zuvor wurde mir ein paar mal gesagt, dass er erst vor kurzem vorbeigekommen war. ich hatte dem nie besonders viel bedeutung beigemessen, und das nur als motivationsversuche abgetan. aber die botschaften.häuften sich.  ich versuchte dennoch nicht den wahrsheitsgehalt herauszufinden und folgte meinem momentan möglichen tempo.

bei der vorletzten labestation war die botschaft dann aber eindeutig... er sei gerade um die kurve gebogen. kurz überlegte ich mir was ich nun tun sollte. offensichtlich ging es ihm nicht gut. er wollte eigentlich sub 6 laufen und irgendwas war ganz und gar nicht ok, wenn er jetzt noch hier war.... würde es seinem männlichen stolz schaden, wenn sogar ich ihn nun einhole?
egal, ich freute mich viel zu sehr und wollte ihn unbedingt sehen, wenn auch nur für ein küsschen :) und fing an tempo zu machen. bald erblickte ich ihn und er.... empfing mich mit offenen armen :) glücklich vereint bei ca km 50 irgendwo inmitten der steirischen berge.. was kann es romantischeres geben :)nur wie dieses knie noch 16 kms aushalten sollte...  ulrich weiß immer wie er mir mut machen kann, diesmal war es die botschaft, dass es nur mehr 10 sein konnten! ich hatte doch die ganze zeit die distanzmessung aktiviert gehabt. bergauf stimmen die km-angaben nicht so wirklich, das wusste damals noch nicht!

10kms mussten noch irgendwie machbar sein. oft blieb ich stehen, ulrich geduldig an meiner seite. bei der letzten labestation erfuhren wir dass nun nur mehr 5 kms übrig blieben. auf der schotterstrasse war es dann soweit, ich konnte schmerzbedingt kaum mehr laufen . ulrich nahm seine bandage vom wadl und versuchte mir einen verband zu machen. das half ein wenig. ein anderer läufer bot ebenfalls seine hilfe an, das mädel mit hang zum körperbehaarungsfetischismus, dass ich zuvor noch bei einem bergauf stück wieder überholt hatte, überholte mich abermals, ich gab mich geschlagen...hauptsache ich würde es überhaupt ins ziel schaffen.

und endlich war es soweit, die kniezermürbende bergabstrecke war vorbei. nur noch 1100 meter ins ziel, brütende hitze... jeder schritt ein stich im knie, aber das ziel in greifbarer nähe und diesmal zusammen mit ulrich. es war grandios, wundervoll. noch einmal blieb ich stehen...jetzt fühlte ich mich zum ersten mal hammermannmäßig leer. ulrich schaute mich mit einem „böses mädchen“ blick an. ok, dann hops ma halt noch ins  ziel.... mah wie lang sind denn 1100 meter? die siegerin meiner ak, kam uns zufällig entgegen, sie feuerte uns ordentlich an und dann bogen wir um die kurve und liefen glücklich hand in hand ins ziel. es ist vollbracht! kaum zu glauben und schöner hätte das finish kaum sein können (na ja, vom knie mal abgesehen).

hinter der ziellinie wartete der „event-doktor“ (gekleidet in weiß) ich musste lachen, denn mir tat alles weh, aber das war in dem moment einfach vollkommen nebensächlich :D

fazit: die welt der km/schnitt-zeiten ist eine ganz andere als diese. ich mag beide. auch solche wald- und bergläufe sind anstrengend , jedoch sind sie für mich –urlaub für die psyche, quasi psychische regeneration (physische nicht  notwendigerweise :)). genau das richtige für leute wie mich, die es nicht schaffen trainingspläne einzuhalten. beim berglaufen hat man alles in einem, aerobes training, anaerobes training, regeneration... ach wie praktisch ;)


danke fürs lesen dieses ultralangen berichts, aber ich hab halt ultraviel erlebt und finde, dass alles wesentlich war :D

Offline mister

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #2 am: 03.07.2007, 15:47:20 »
Nochmals Gratulation zu dieser herausragenden Leistung.
Bin fasziniert was du (ihr) dir da angetan hast.

Muss wirklich ein tolles Erlebnis sein.

Offline helga

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #3 am: 03.07.2007, 16:34:18 »
ich werd sicher auch einmal die veitsch laufen und dabei an deinen bericht denken,
danke dafür - hast du echt toll gemacht, hab auch nichts anderes erwartet.
Der Weg, auf dem Sie Ihre Ziele erreichen, ist genauso individuell, wie Sie selbst. (Klaus Weiland)

Offline KITTY

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #4 am: 03.07.2007, 17:02:25 »
Wie immer ein genialer Bericht von dir. Hast dich wieder einmal selbst übertroffen....beim Laufen wie beim Berichte schreiben.:)Gratuliere.
lg
peter

Offline R.Roland

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #5 am: 03.07.2007, 17:04:53 »
sehr schöner Bericht! ... und natürlich Gratulation!
 
        o O ( Auch wer stolpert kommt einen Schritt weiter )                                 >((0)
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Online Ulrich

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #6 am: 03.07.2007, 17:51:31 »
Schön zu lesen, wie es dir VOR unserem Treffen gegangen ist ;)
Weil 42 die Antwort ist und 130 der Sinn

Offline Tschitschi

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #7 am: 03.07.2007, 21:37:26 »
ganz gelungener Bericht! Und sehr rücksichtsvoll, dass du den Ulrich nicht stehen gelassen hast:D. Ja das war schon ein ganz ganz bersonderer Lauf!
Gratulöiere zum  Finishen Christian

"man muss wissen bis wohin man zu weit gehen kann" jean Cocteau

Offline crow

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #8 am: 04.07.2007, 08:26:58 »
Super Leistung und sehr schöner und ausführlicher Bericht :)
Gratuliere! LG Andy
LG Andy
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Offline Tina

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #9 am: 04.07.2007, 09:21:55 »
tolle leistung heidi und schöner bericht! bin aber von dir nichts anderes gewöhnt :)
run just for fun :-)

Offline pipel

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #10 am: 04.07.2007, 13:22:38 »
Ich kann nur meinen Hut ziehen vor dieser Leistung! Bravo. Unvorstellbar, wie man diese Strecke mit Krämpfen und Knieschmerzen bewältigen kann. Kannst stolz auch dich sein Heidi!
Stop the world — I wanna get on!
(Leo Bloom in "The Producers")

Offline chribi

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #11 am: 05.07.2007, 13:21:14 »
tolle leistung, herzliche gratulation. für mich eine unvorstellbare leistung!!!!!

Offline JM

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #12 am: 06.07.2007, 22:11:12 »
Ein ultralanger Bericht - so wie es sich gehört für einen Ultralauf. Geniale Leistung die du da erbracht hast, da habe ich schon beim lesen eine Gänsehaut bekommen. Gratuliere 1000x ! Nachdem was ich alles vor dem Lauf von dir gehört habe, habe ich schon ein wenig Angst um dich gehabt, aber du bist halt doch auch schon ein "alter Hase" und wärst sicher kein Risiko eingegangen. Vorbildlich halt :)(so wie es sich für ein Laufforums-Administratorin gehört :D)
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Offline Gerd Gröbminger

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2007-06-30 Veitsch Grenzstaffellauf - heitzko
« Antwort #13 am: 09.07.2007, 13:14:48 »
Super Bericht.
War ja schon direkt neugierig, wie Du es empfunden hast, den Ulrich zu treffen, nachdem ich vor Tagen seinen bericht gelesen habe....

Tolle leistung so durchzuhalten
Freu mich auf 2 Monate Lauftraining ohne Zwangspausen :-(

 

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