Autor Thema: 2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240  (Gelesen 791 mal)

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« am: 18.04.2010, 00:00:00 »
Datum: 2010-04-18
Event: Vienna City Marathon
Distanz: 42.195 km

Ersteller: Mick1240

Offline Mick1240

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« Antwort #1 am: 18.04.2010, 00:00:00 »
kurz vor dem Ziel

Nach meinem für meine Verhältnisse guten Abschneiden beim NEW York City Marathon im November 2009 musste ein neues Ziel für das Frühjahr 2010 her. Zuerst spekulierte ich noch mit dem Rom-Marathon. Aber da ich im Herbst 2010 sowieso einen richtig schnellen M. irgendwo im Ausland laufen wollte, wollte ich eher in Österreich bleiben und so fiel die Wahl bald auf den VCM. Nicht so sehr, weil ich den VCM besonders liebe. Ich finde die Strecke eigentlich schwierig, die Steigung das Wiental hinaus, die langen faden Passagen in der Hauptallee und auch viele Stellen, wo sich keine Seele blicken lässt. Aber auf der anderen Seite mag ich Wien und ich finde es immer wieder geil, auf den Wiener Hauptverkehrsrouten die Autos aussperren zu lassen und an deren Stelle gemütlich zu laufen. Und außerdem ist es natürlich halt sehr bequem, wenn man einfach nur in die U-Bahn steigt und in 30 min am Start ankommt.

Über den heurigen Herbst/Winter und Frühjahr ist schon wiederholt geklagt worden – so dass ich mir das hier ersparen kann. War jedoch oftmals eine Überwindung das tägliche Training im Freien zu absolvieren. Aber was soll’s, da muss man(n) halt durch. Als einzige Erleichterung habe ich die schnellen Intervalleinheiten in der Halle absolviert und das war eigentlich ganz fein. Dafür und wider Erwarten ein saugutes (wiederum nur für meine Verhältnisse natürlich) HM-Ergebnis beim Wien Energie HM. 1:22:30 hat mich dann doch überrascht. (Für den 2. Platz in der Altersklasse hat das gereicht. Das ist einer der wenigen guten Aspekte des Älterwerdens, irgend wann reicht es dann auch für einen „Stockerlplatz“. ) Jedenfalls ist es einfach gut gegangen ist, ohne Vorwarnung sozusagen. Das sollte doch ein positives Vorzeichen für den VCM sein. Aber auf der anderen Seite nur keine überzogenen Erwartungen, keinen Stress für den Wettkampf – das hat sich in New York wunderbar bewährt.

VCM-Morgen: Das übliche Prozedere am Startplatz– zu wenig Häuseln, daher lange Schlangen. Eigentlich eine Zumutung 20 min auf das toilettieren zu warten. Gewand bereits um 8:15 abgeben müssen. Frieren wie ein Schneider bis zum Start. Gott-sei-Dank sind im Startblock, diesmal im roten, viele Menschen, die bereits kollektiv genug Wärme produzieren, so dass mir dann doch schön warm war.
Keine Strategie vorgenommen, außer den ersten HM eher defensiv laufen, den 2. HM dann angasen. Zeit hmmm! Puls wird einfach ignoriert. dafür auf das Körpergefühl hören.
Leider durch das Ergebnis des Wien Energie HM korrumpiert und daher doch eine Zeit im Hinterkopf gespeichert: 4:15 am Kilometer. Würde halt schon gerne unter 3 Stunden kommen – aber schau ma mal.
Nach dem Start dann gutes Körpergefühl. Beine laufen wieder einmal, dass es einfach eine Freude ist. Leicht und unbeschwert geht es Richtung 5km. Becher ISO-Getränk genommen und geleert. Die aufkommenden negativen Gedanken, in denen ich Vergleiche zum NYCM anstelle (viel weniger Stimmung auf der Strecke und die nur viertel gefüllten Becher mit ISO-Getränk) habe ich schnell wieder unterdrückt. Das wirkt sich auf meine mentale Disziplin nur schlecht aus. Dann geht es auch schon ins Wiental raus. Weiterhin defensiv laufen lautet die Devise, irgendwo bei 4:18 hat sich die Zeit eingependelt. Nur bei den Verpflegungsstellen werde ich gut 20 sek langsamer. Damit ich genug von dem klebrigen Saft bekomme, leere ich 3 Becher zusammen und dann trinke ich den erst jetzt vollen Becher in einem Schwung leer. Das kostet Zeit. Ärgerlich. Aber was soll’s. Nur keine negativen Gedanken. So Eybl vorbei und jetzt ein bisschen schneller werden – das macht Spaß. HM bei 1:30:20 – so jetzt darf und soll ich das Tempo anziehen. Noch immer keine Anzeichen von Ermüdung und die Zeit bisher war eigentlich recht kurzweilig und ist schnell vergangen.

Beim Queren des Donaukanals bei der Friedensbrücke und dann die Strecke entlang des Donaukanals weht mir böiger Wind entgegen und das Läuferfeld ist stark auseinander gezogen. Wurscht, da muss man(n) durch. Fad ist es auch, weil sich fast keine Seele auf der Straße befindet. Abwechslung bringt der Tross der Eliteläufer, die irgendwann auf der Gegenseite vorbei kommen. Nach wie vor laufen die Beine brav und ich fühle mich pudelwohl. Na ja, ab km 25 sind dann doch die Beine ein bisschen schwer. Geschwindigkeit plangemäß schneller als im 1. Teil. Dann in den Prater eingebogen. Ein bisschen Angst vor der Wende beim Praterstadion, weil vor 2. Jahren erlitt ich hier einen ziemlichen Einbruch, den ich bis zum Ende nicht mehr los wurde. Heuer geht es aber ohne den Einbruch ab. Erfreulicherweise kann ich reihenweise Läufer überholen, was meinem Ego ordentlich gut tut und mir hilft, die Geschwindigkeit so zwischen km 33 und 39 noch ein bisschen zu forcieren. Obwohl ich gestehen muss, dass es jetzt schon zach wird. Die Beine tun ordentlich weh, aber ich will mich von mir nicht unterkriegen lassen und so gebe ich nicht dem Impuls nach, langsamer zu werden.

Ab km 40 wird es jetzt richtig schlimm, aber zum Glück sehe ich am Schwarzenbergplatz eine Uhr und merke, dass ich noch eine Zeit unter 3 Stunden schaffen kann. Also wurscht, wenn die Muskeln weh tun – es wird gelaufen. Ich will unter 3 Stunden bleiben – um jeden Preis. Das insgeheim erhoffte Ziel liegt so nah. Ob auf der Ringstraße Leute gestanden sind oder nicht, habe ich nicht mitbekommen. Ich glaube, wenn die Oper gebrannt hätte, wäre es mir nicht aufgefallen. Dann endlich, endlich die Hofburg, die Füße schmerzen, ich will nimma – trotzdem gelaufen wird. Endlich um die Ecke, vor mir liegt der blaue Teppich. Und mein Blick fällt auf die Uhr am Heldenplatz. Scheiße, es ist nur schon 2:59:30. Es muss sich ausgehen. Noch einen Zahn drauf legen, ich will es.
Nur mein rechtes bein will es nicht. Und ich mache eine neue Grenzerfahrung: Der Teufel weigert sich, gibt einfach nach. Das geht einen Schritt gut, beim nächsten Schritt, das Ziel zum Greifen nah, macht mein Knie, meine Hände und mein linker Oberschenkel Bekanntschaft mit dem rauen, blauen Teppich. Das gibt’s doch nicht. Ich muss, ich will. Aufgerappelt und die paar Schritte über die Pentek-Matte gelaufen. Zwei Sanis stürzen auf mich zu und halten mich fest. Worüber ich nicht unglücklich bin, ist jetzt ein gutes Gefühl. Trotzdem ich jetzt gleich das segensreiche Wirken des Roten Kreuz über mich ergehen lassen werde, muss ich zuerst wissen, wie schnell ich war. Und die netten Sanitäter lassen mich meine Pulsuhr abdrücken. Ich kann es nicht glauben, 2:58 und irgend was. Den Sturz hätte ich mir sparen können. Das zu diesem späte Zeitpunkt hoffnungslos unterversorgte Hirn hat nicht geschnallt, dass die Uhr mit dem Start der Elite-LäuferInnen zu ticken beginnt. Und die sind ja bekanntlich 1 Minute vor mir gestartet.

Mit einem köstlichen ISO-Getränk auf der Rot-Kreuz-Pritsche erhole ich mich schnell und dann ab zum Kleiderwagen
 
Fazit:
ein aufgeschürftes Knie, ein blauer Fleck am linken Oberschenkel und eine SUB 3-er Zeit bereits in diesem Leben und nebenbei noch einen negativ Split. 2. HM. In 1:28:07. Und auch heute noch, wieder einmal auf einem ordentlichen Endorphin-Trip, der noch lange, lange Zeit anhalten soll. Aber dieses Gefühl kennt Ihr ja auch schon.

Ahja, der nächste Marathon geht wieder in die USA. Diesmal allerdings eine superschnelle Strecke. Habe mich für den Chicago-Marathon angemeldet! Hoffe, ich bin dann auch superschnell. ;-)

Offline JM

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« Antwort #2 am: 19.04.2010, 17:44:00 »
Wahnsinn Michael. Insgeheim habe ich mir immer schon gedacht dass du die sub 3 schaffen wirst, aber beim Marathon weiß man ja nie. Und dann gleich so deutlich drunter. Super. Blaue Flecken komen vom blauen Teppich ? :)
Erhol dich gut, wir sehen uns in Schönbrunn !
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Offline heitzko

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« Antwort #3 am: 19.04.2010, 18:03:16 »
einfach genial dein bericht!!! wow! die sub 3 hast du dir redlich verdient und den blauen fleck solltest du dir eintätowieren lassen, als erinnerung :D! herzliche gratulation von mir!

Offline Richy

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« Antwort #4 am: 19.04.2010, 18:14:45 »
Starke Leistung - mir ist schon die HM Zeit beim Wien Energie aufgefallen.
Nun die sub3 - Beeindruckend.
Na dann will ich mal hoffen, dass bei deinem nächsten Marathon eine sauschnelle Strecke auf dich wartet ;) - Und hoffentlich auch auf mich :D

Offline Tschitschi

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« Antwort #5 am: 19.04.2010, 18:27:13 »
Na Bumsti!Toller Lauf und toller Berich! Gratuliere!!
"man muss wissen bis wohin man zu weit gehen kann" jean Cocteau

Offline johnlennon

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« Antwort #6 am: 19.04.2010, 20:56:25 »
super bericht,das hinfallen hat mir beim lesen richtig wehgetan vor lauter spannung.gratuliere zu sub3!

Offline pipel

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« Antwort #7 am: 20.04.2010, 08:24:52 »
Bravo! sub 3 in Wien mit Sturz am Zielteppich, das nenn ich vollen Einsatz. Herzliche Gratulation!
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(Leo Bloom in "The Producers")

Offline StefanM

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« Antwort #8 am: 20.04.2010, 12:55:31 »
Für sub3 kann man schon mal ins Ziel rollen! Toll gemacht!

Offline boenald

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« Antwort #9 am: 21.04.2010, 14:03:15 »
Hast es spannend gemacht und spannend geschrieben - gratuliere zur tollen Zeit!
Paragraph eins: jedem sein´s.

Offline KITTY

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2010-04-18 Vienna City Marathon - Mick1240
« Antwort #10 am: 24.04.2010, 09:47:34 »
toller bericht. beim stürzen noch eine sub3 zu schaffen und einen negativsplitt....das ist wirklich alles sehr beeindruckend.
lg
peter

 

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