Ja ja, die gute Luft war es wohlTja eigentlich wollte ich keinen Bericht schreiben, aber mein lieber Ehemann hat darauf bestanden und seine arme reskonvaleszente Frau quasi GEZWUNGEN einen zu schreiben.
Da mein After-Run-Pary-Darm-Grippe-Kollaps und Fall auf den Hinterkopf leider zu keiner partiellen Amnesie geführt habe, muss ich halt seinem Ansinnen entsprechen
.
Letztes Jahr wurde aus dem Wolfsberg HM (meine Heimtstadt für all jene die es noch nicht wissen) ja nichts wurde, weil wir da etwas besseres zu tun hatten, nämlich zu heiraten (obwohl wir damals sogar noch überlegt hatten, ob man den HM nicht irgendwie doch einbauen könnte - aber start um 13:00 und Hochzeit um 15:00, da bräuchten wir zumindest die Beine vom Weidlinger und einen Speed-Cutting-Friseur-Weltmeister um so etwas zu bewerkstelligen).
Ich will nun gar nicht verhehlen, dass ich auch gerne deswegen dort mitlaufe, weil es immer wieder einmal Chancen auf Stockerplätze bei den Damen gibt. Wenn gerade Kärntern Meisterschaften sind, dann natürlich weniger - aber sonst ist es einfach eine Glücksfrage.
Meine Halbmarathon PB aus dem Jahr 2007 lag schon weit zurück und war für mich auch in unerreichbare Ferne gerückt. Ich rechnete mit einer Zeit so um die 1:50. Meine Laufleistungen gehen einfach ganz konform damit, was sich mein Körper gerade zusammenspinnt und heißt halt auch 10 bis 15 Pulsschläge mehr oder (wenn ich Glück habe) weniger. Eine gezielte Vorbereitung gibt es - wie immer - keine, dafür aber ab und zu ein paar flottere Läufe, und ab und zu klappen die eigentlich ganz gut.
Am Tag des Halbmarathons beschäftigen wir uns am Vormittag noch mit einem wichtigen Thema: meinem Mountainbike, das ich gerade ein bißchen "aufrüste" bzw. gewichtsmäßig abrüste und Ulrich damit mittlerweile sicher schon fürchterlich auf die Nerven gehe
. So abgelenkt vergeht der Vormittag schnell. Wir kommen ein bißchen zu früh zum Start (sehr praktisch, dass man da in 10 Minuten hinradeln kann), ich werfe ein paar hoffnungsvolle Blicke durch die Gegend um potentielle Konkurrentinnen zu erspähen. Natürlich versuche ich sie hinter einem Poker-Face zu verstecken
. Das ganze funktioniert so wie beim Terminator, wenn er Leute in seiner Umgebung analysiert
. Mein Terminator-Blick sagt mir: ich weiß, dass ich nichts weiß... da noch einige andere Bewerbe stattfinden, ist es nicht klar, wer wo mitlaufen wird.
Macht nichts, es ist eh zu warm, es hat 18 Grad und die Sonne scheint. Das ist grundsätzlich nicht mein Wetter. Ich stelle mich ganz hinten auf, die paar Sekunden die man bei der Bruttozeitnehmung verliert sind mir nicht so wichtig. Pünktlich geht es los und die Menge "rollt" dahin. Unglaublich, soll ich heute als letzte ins Ziel kommen? Aber dann bleiben doch ein paar in meiner Tempogruppe übrig, damit es nicht ganz so peinlich für mich wird
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Ich habe als optische Entschuldigung auch mein Biel Leiberl angezogen, denn als 100 KM Läufer ist es klar, dass man auf allen Unterdistanzen eine Schnecke sein muss (und dass man es auch auf 100 KM ist, muss ja niemand wissen
).
Am Donnerstag hatte ich mir noch bei unserem runsport-andi zum forumsrabatt saucony kinvara gekauft und mit denen läuft es sich sehr nett (erstaunlich, dass so gut gedämpfte Schuhe so leicht sein können). Damit fühlt es sich sehr angenehm an und ich versuche ein Tempo zu finden, dass dann irgendwo knapp unterm 5er Schnitt liegt. Ich bin auch fast erleichtert, dass sich diesmal niemand zum plaudern findet, eine Ausrede weniger um langsamer zu werden.
Nach einer Weile überrollt uns die 10 KM Mannschaft (die wurden ein paar Minuten später losgelassen) und in der Führungstruppe läuft doch glatt ein ca 11/12 jähriger Bub mit, der den älteren Herren um nichts nachsteht (außer in der Körpergröße
. Ich traute meinen Augen nicht (wir haben dann später nachgeschaut, er ist eine 38!!! Zeit gelaufen).
Bald pendelt sich mein Puls so auf 175 ein, das passt. Denn zuerst geht es ca. 60 HM hinunter und die muss man danach auch wieder hinauflaufen... Ich kenne die Strecke wie meine Westentasche, denn alle heimatlichen Long Jogs habe ich dort absolviert. Das hat Vorteile und motivationstechnisch auch Nachteile.
Das Wetter zeigt sich gnädig - es wird wenigstens bewölkt, damit das warme Wetter nicht mehr ganz so auf den Kreislauf schlägt. Nach einer Weile habe ich schon ein paar Opfer eingeholt
, juhuuu ich werde doch nicht letzte
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Lange Zeit läuft in meiner Nähe eine Teilnehmerin vom TUS Kainach und am Anfang bilde ich mir ein, dass ich die auch noch bekommen werde - aber irgendwann hat sie dann ihren Super Pursuit Mode eingeschaltet und war schlichtweg in unerreichbarer Ferne. Ok, das muss ich anerkennen und freue mich eigentlich über die relativ guten KM Zeiten.
Vor der Labe kommt mir Ulrich auf der anderen Seite entgegen und versucht mich aufzubauen mit " 2. Dame". Ich muss innerlich lachen, denn erst jetzt fällt mir auf, dass ich beim beobachten der schon zurücklaufenden Teilnehmer überhaupt nicht darauf geachtet habe, ob mir schon andere Frauen entgegengelaufen sind.
Nach der Wende trinke ich dann ein Iso-Trankerl um dann bald Bekanntschaft mit der guten Kärnter Luft.... vielmehr der guten Kärntner Landluft zu machen. Ein Traktor auf einem Feld sorgt dafür, dass ein Schwall aus Jauche-Staub zu mir herüberfliegt. Gerade in meinen schon ziemlich intensiven Atemrhythmus bekomme ich die ab... IGITT. Das war der Einklang für die 2. Hälfte. 60 HM hinaufzulaufen ist nicht so schlimm, aber das ganze ist gespickt mit mehreren kurzen steilen Anstiegen und Bergabstücken (zB Unterführungen). Am Rückweg kontrolliere ich dann noch ob mich eh keine meiner Konkurrentinnen mehr einholen kann und es schaut ganz gut aus.
Meine eigenen KM Zeiten werden jetzt leider auch schon deutlich langsamer und sind über dem 5er Schnitt, der Puls bleibt aber konstant bei knapp 180 und damit kann ich durchaus laufen. Als ich eine Gruppe von 2 Burschen einhole begehe ich dann den Fehler ihr Tempo zu laufen und verliere so einige Sekunden (bööööser innerer Schweinehund
). Na gut, dann noch einmal Gas geben, obwohl mir jetzt jede Steigung wie ein Mount Everest vorkommt.
Bei der Labe will ich dann Iso - aber die haben nichts mehr außer Wasser. Auch gut, dann kommt das eben über den Kopf
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Auf den letzten 3 KM weiß ich dann, dass ich nicht nur unter 1:50 bleiben werde sondern gute Chancen habe sogar an meine Bestzeit heranzulaufen. Ein innerliches Frohlocken setzt ein. Ich bin zwar ziemlich am Ende, aber es ist klar, das geht sich aus, wenn ich jetzt nicht schlapp mache.
Und es klappt, der 2er Keuch-Rhtyhmus ist in einen 3er Rhythmus übergegangen (immer ein Zeichen, dass es jetzt bald brenzlig wird), aber ich werde wieder schneller.
Dann ca. 300 Meter vor dem Ziel kommt mir Ulrich entgegen und feuert mich an, der Treibstoff für die letzten 300 Meter, es ist unglaublich, einen 1:44er Zeit! Yess, sämtliche Platzierungen sind mir egal, die Bestzeit zählt viel mehr, ich hätte auch 5000.e werden können, mit 1:44 bin ich glücklich.
In den letzten Jahren hat sich bei mir viel um den Verlust von Leistungsfähigkeit gedreht, umso mehr zählen dann die Tage an denen man sieht, dass es wieder toll laufen kann.
Mal schauen ob irgendwann noch so ein Tag kommt
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