es geht ja doch :-) - mein erster IM
Ich kann ja bei weiten nicht an die grandiosen Leistungen meiner Vorposter anknüpfen. Sehen wir die folgenden Zeilen daher eher als Bestandsaufnahme eines in die Jahre gekommenen Menschen der vor 9 Jahren mit 15 kg mehr am Buckel, sich wieder seiner „sportlicheren“ Jugend erinnerte, sich ein Mountainbike kaufte, und nun 4 Tage nach seinen 46 Geburtstag seinen vorläufigen sportlichen Höhepunkt beim Ironman in Klagenfurt am 3.7.2011 fand :-) Natürlich sind auch 46 jährige nicht davor gefeit noch deutlich schneller zu sein, aber die Anzahl der 46 jährigen die mit deutlich mehr Bauch beim Fernsehen sitzen und Chips essen, sind sicher in der Überzahl.
Mit 40 meinen ersten Halbmarathon, mit 42 meinen ersten und bislang letzten Marathon, ab 43 jährlich einen Halbironman sollte Ausgangsbasis für das Abenteuer Ironman sein. Begonnen hat es noch dazu erst Anfang April und das war eigentlich gut so – 1 Jahr Druck(weil später ja alle Startplätze schon vergeben sind) für so einen großen Bewerb, noch dazu wenn es das erste Mal sein soll, das brauch ich nicht unbedingt :-)
So kam ein Blick im April auf die Homepage des IM gerade recht, in der von einer Auktion zweier Startplätze berichtet wird. Dienstag 2000 Uhr sollte die Auktion beendet sein. Natürlich habe ich aufgrund meiner mehrmaligen Teilnahme beim 70.3 in St,Pölten immer wieder mit einer Nutzung des Voranmelderechts für das darauffolgende Jahr in Klagenfurt geliebäugelt, aber der damit verbundene Trainingsaufwand schien mir dann doch zu groß, und so verfiel der Code immer wieder. Daher ging ich so wie immer am Dienstag mit meinen Lauffreunden aus der Firma auf die Hauptallee. Konnte doch niemand damit rechnen das sich gerade diese so vehement für die Nutzung dieser letzten großen Chance aussprachen, und so hetzte ich 10 min vor Ende der Auktion, nass und verschwitzt zurück in die Firma zum nächstgelegenen Computer. War nicht viel Bewegung in der Versteigerung, und so postete ich ca. 20 sec vor Schluss einen Betrag der um 50€ über dem des normalen Verkaufspreis inkl. Nachmeldegebühr lag. Endlos vergingen die Sekunden, eigentlich Minuten, ich dachte das ohnedies irgendwelche Freaks sich das eine schöne Stange Geld kosten lassen würden, und ich damit eh keine weiteren Sorgen haben müsste.
Weit gefehlt – wie es scheint hat sich wirklich 3 Monate vor dem Bewerb keiner mehr die Mühe gemacht, sich das noch anzutun, und so reichte der „lächerliche“ Betrag von 10€ über dem normalen Startgeld aus, um einen Platz beim IM zu ersteigern.
Was nun folgte war die schlafloseste Nacht meines Lebens seit der Matura, in die ich ziemlich unvorbereitet ging, und es folgte der verzweifelte Versuch in den darauffolgenden Vormittagsstunden, das ganze wieder rückgängig zu machen :-)
Nur eine Standpauke meiner Trainingskollegen konnte mich vom Schritt der Stornierung abhalten.
Noch geschwächt von der durchwachten Nacht, ging es dann um 0630 gleich mal zum Schwimmtraining, und was blieb mir anderes übrig als die Umfänge mal massiv in die Höhe zu treiben, und so schwamm ich das erste Mal im Leben 3,5 km. Na ja ging ja irgendwie und so folgten halt während der nächsten 3 Monaten die naturgemäß sportlich umfangreichsten, die ich je zurückgelegt hatte. Die anfangs ungläubige Haltung „das schaff ich nie“, wich in zunehmenden Ausmaß mit jeder absolvierten längeren Einheit.
Das eigentlich Saisonziel 70.3 St.Pölten 5 Wochen vor dem IM kam näher, der Stress wurde größer, die Einheiten länger und intensiver und immer mehr, immer mehr, in der Früh schnell was und am Abend was, und die Regeneration wurde immer mehr vernachlässigt, was schlussendlich in einen wunderbaren grippalen Infekt 2 Wochen vor St.Pölten endete. Nach einer Woche Nichtstun, und 3 Tage leichten Training kam 4 Tage vor St.Pölten zum darüber streuen, noch mal ein Rückschlag, und ein Start schien somit gelaufen. Um es kurz zu fassen, ich bin gestartet, aber bei KM 8 der Laufstrecke dann doch ausgestiegen, da mir das Risiko schon alleine im Hinblick auf meine eigene Gesundheit, und im weiteren auf die Teilnahme beim IM zu gefährlich schien.
Gott sei Dank konnte ich jedoch die letzten 5 Wochen halbwegs vernünftig trainieren, auch wenn ich sagen muss das mein anfangs gelebter „soliderer“ Lebenswandel, schön langsam doch einem normalen mit sozialen Kontakten und all seinen Nebenbeschäftigungen versehenen, wich :-)
3 Wochen vorher noch die Originalschauplätze besucht, die Radstrecke abgefahren und die Laufstrecke großteils inspiziert, und so konnte dann Donnerstag Abend vorm Wettkampf mein Ironman Abenteuerwochenende beginnen.
Ich wollte entspannt und nicht gehetzt von der Firma nach Klagenfurt anreisen, und so nahm ich mir ausreichend Zeit in den Bewerb zu finden. Ein Besuch der Messe, das morgendliche Swim & Breakfast, die Pasta Party und die Rennbesprechung wurde erledigt, und Samstag Nachmittag dann meine mittlerweile nachgereisten Fans begrüßt und eingewiesen. Es ist schön zu sehen, dass liebe Freunde keine Kosten und Mühen scheuen, um über 300 km Dir nachzufahren, um Dich in den darauffolgenden 12 Stunden „kurz“ mal vorbei huschen zu sehen.
Aber auch die 2 Tage frühere Anreise hielten mich nicht davon ab, in den letzten Stunden einen Mörderstress zu bekommen. Na ja so wie immer halt :-) Aber dann um 4:00 Uhr früh erst zu beginnen, seine Sachen vorzubereiten, könnte man vorweg eleganter lösen.
Wie auch immer, um 07.00 Uhr stehe ich dann doch beim Start, versuche noch einfach so weit rechts wie möglich ins Wasser zu gehen, aber das dachten sich natürlich bereits mehrere schon früher. Der erste KM im hinteren Feld entwickelt sich zu der erwartenden Schaumschlägerei. Entweder gibt es von der Seite eine auf die Birne oder einen Tritt an die Brille. Also wie da manche fuhrwerken ist ja wirklich nicht ohne – aber bei 2500 auch nicht anderes zu erwarten. Meine bereits obligatorische Atemnot zum Beginn eines Triathlon lässt auch nicht lange auf sich warten, und so wird halt mal zur Freude aller umliegenden Konkurrenten ein bisschen Brust geschwommen :-) Nach 1,4 km hektischen 2er Zug bei der ersten 90 Grad Wende verheißt ein erster Blick auf die Uhr eigentlich noch erstaunlich freundliche Werte. Meine auch an die Freunde verteilte Zeittabelle sprach von 01:20 für das Schwimmen, und da war ich eigentlich knapp vorne. Das Feld lichtet sich und zieht sich langsam in die Länge und der Platz zum schwimmen wird mehr. Ich versuch auch immer wieder ein paar Brusttempi einzulegen um mich kraftschonend zu orientieren, und nicht einfach der Meute zu folgen um so doch noch einen relativ kurzen Weg zu schwimmen. Nach 1,8 km geht es aber gegen die aufgehende Sonne wieder retour und die Sicht ist dadurch ziemlich eingeschränkt. Zunehmend versuche ich auch den Wasserschatten vorbei eilender Mitbewerber zu nutzen und komme dadurch schön langsam in einen guten Rhythmus. Beim einbiegen in den Lendkanal fühle ich mich großartig, und die letzten 900 m vergehen wie im Flug. Wie von Geisterhand fühlt man sich hineingezogen, sieht die Menschen am Ufer stehen, und bekommt wieder ein Gefühl für Geschwindigkeit, nicht so wie am offenen See, fernab vom Ufer, und die Wellen der Begleitboote schluckend.
Nach nicht mal im Traum erdachten 01:13 verlasse ich den See und begebe mich in die erste Wechselzone. Es läuft einfach super und so locker.
In der Wechselzone denke ich an meine zur Sicherheit zuhause gelassene Lebensgefährtin. Zur Sicherheit deshalb, da sie mit meinen sportlichen Plänen überhaupt nichts anfangen kann, und ich fürchtete das am Wettkampfort Diskussionen über Sinn und Unsinn des Ironmans außer schlechter Stimmung gar nichts bringen konnte. Weiters dachte ich wie Sie, was sie den jetzt wohl anziehen würde, und so ließ ich doch einige Minuten in der Wechselzone liegen :-)
Auf meiner Besichtigungsfahrt vor 3 Wochen hatte ich mir ein paar persönliche Zwischenzeiten herausgestoppt, um ein bißl ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ich den unterwegs sei. Kalt war es noch, aber windstill und bewölkt. Der Magen war ein bisschen verstimmt, aufgrund der nassen Bekleidung und dem kalten Fahrtwind. Na hoffentlich wird das nicht ärger, dachte ich mir. Aber wie schon beim schwimmen, waren die ersten Zwischenzeiten so erfreulich und meine Freunde fand ich außer sich auf allen Teilen der Strecke. Meine Zeitabelle hatte verschiedene Modelle zwischen 6 und 6,5 Stunden, und die Uhr zeigte ein Puls/Pace Verhältnis wie ich es nie zuvor erlebt habe. Nach 2:43h beendete ich die erste Runde, und es begann verdammt viel Spaß zu machen, da von einer Anstrengung so was von überhaupt nicht zu reden war, das es nur so eine Freude war. Bei KM 120 begann ich innerlich zu lachen, weil es so gut ging, die Beine strampelten vor sich hin, es war das reine Vergnügen. Schnellere ließ ich ohne falschen Ehrgeiz passieren, behielt meinen Rhythmus bei und wunderte mich maximal noch über etwas stärkere Wesen, die ich nun öfter überholte, wie die den so schnell schwimmen konnten :-) So freute ich mich alle 30 km auf die aufgestellten Fans und deren Anfeuerungsrufe, und schon ging es das zweite Mal auf den sagenumwobenen Rupertiberg, der ja eigentlich auch nur ein Lächerlschaß ist, und man wusste das es danach nach Klagenfurt zurück ja fast nur noch 30 km bergab geht, von ein paar kleinen Zwischenanstiegen mal abgesehen. Nachdem ich schon länger das Tempo etwas rausgenommen habe, um mich für den anschließenden Marathon nicht ganz so schlimm herzurichten, reichte es immerhin noch immer für 05:33 h für 180 km, was auch hier wieder eine Zeit war, die ich nie und nimmer für möglich gehalten habe. Noch dazu war die gefühlte Anstrengung so gering, das man glaube ich nicht davon sprechen kann, das ich mich entsprechend meines Leistungsniveau somit abgeschossen hätte.
Nach 7 h Wettkampfdauer begab ich mich somit auf die mir eigentlich unbekannteste Distanz, den Marathon. Die 3,8 km bin ich in der Vorbereitung zumindest ein paar Mal annähernd oder auch darüber geschwommen, die 180 km Radfahren zwar nie, aber doch ein paar mal 150 – 170 km. Das Lauftraining jedoch beinhaltete in 3 Monaten 2 x 25 km Läufe, und vielleicht 2 x 20 km. Meine letzte Marathonvorbereitung lag 5 Jahre zurück und der Winter war vom Langlaufen geprägt und nicht vom laufen.
Also mein realistisches Mininmalziel von 13 Stunden schien auf jeden Fall erreichbar, schon alleine wegen der guten Schwimm- und Radzeit. Auf der Laufuhr stellte ich mir einen Tempobegrenzer auf einen 6 min/km Schnitt ein, da man vor allem nach dem Radfahren versucht ist, viel zu schnell zu laufen. Ich hatte auch wirklich Mühe mein Tempo so weit zu drosseln, das die Uhr nicht ständig wie verrückt piepste. Trotzdem ging der erste 10er in 57 min hinter sich, man kann sich vorstellen, wie ernst mir das piepsen war, aber der Puls war dafür noch immer in Ordnung.
Beim HM nach 2:08 malte ich mir schon die ärgsten Traumzeiten von sub 11:30 aus. Alles ging so einfach und automatisch. Es war keine Anstrengung zu verspüren die besorgniserregende Signale an den Körper aussandte.
Entweder war ich bis dahin in meiner eigenen kleinen Welt unterwegs gewesen, oder wie konnte es anders sein, das bei KM 24 dann von einer Sekunde zur anderen der Ofen einfach aus war. Das Knie schmerzte, ich musste gehen, mir wurde schwindlig, der Kopf sagte bis hierher und nicht mehr weiter, alle Systeme wurden gleichzeitig hinuntergefahren. Ich traf meinen Freund der sich im fadesten Teil der Strecke in Krumpendorf verschanzte. Er ging etwas mit mir und bot mir an mich zum Ziel in Klagenfurt mit dem Auto zu bringen. Ich verweilte etwas an der Labestation beim Bad in Krumpendorf, trank etwas, versuchte was zu essen, aber das wurde im Mund auch immer mehr. Na ja wurscht – ich hatte meinen Spaß, das Training war lässig, und ging mit ihm Richtung Auto. Auch komisch, da ist man schon 9h unterwegs – es geht einen 8:55 blendend, das Ziel ist in „Reichweite“ und nach 5 min Krise wirft man alles hin, und gibt auf. Nach 30 oder 40 Meter retour Richtung Auto denke ich mir, ich geh halt jetzt doch mal langsam weiter – keine Ahnung was noch passiert, werde schon nicht zusammenbrechen. Ich versuchte die letzten Stunden zu analysieren, und komme halt darauf, das ich die Ernährung die letzten Stunden schon ziemlich vernachlässigt habe. Auf der ersten Radrunde noch kräftig gefuttert, wurde ich auf der zweiten schon nachlässiger. Ging ja alles so gut, na und beim Laufen, ist es mit Verpflegung dann sowie so gleich mal noch schwieriger. Cola das hier alle trinken, aber ich nicht mal außerhalb eines Wettkampfs, lasse ich links liegen.
So marschiere ich Richtung Klagenfurt, laufe kurz und gehe länger. Tja die Traumzeit ist dahin, jetzt wird es doch noch 13 h. Im Start/Zielbereich so ca. 10 km vorm eigentlichen Ziel versorgen mich meine Freunde mit Nussschnecke – das war traumhaft. Ein weiterer Bekannter begleitet mich von nun an, am Weg Richtung zweites Mal Lindwurm. Kurz vorm Stadtzentrum schaue das erste Mal nach langer Zeit wieder auf die Uhr. Noch 6 km und noch 42 min bis sub 12. Also wenn ich jetzt im 7er Schnitt doch wieder ins laufen komme, ist noch immer eine nicht unbedingt erwartete Zeit drinnen. Vorsichtig setzte ich wieder einen Schritt vor den anderen, umlaufe den Lindwurm, und halte mittlerweile ohne Probleme wieder einen 6:30 Schnitt. Das Knie schmerzt überhaupt nicht mehr, und der Schnitt wird langsam aber kontinuierlich dem Ziel entgegen immer schneller. Nur kurz für die beiden Anstiege nach den Unterführungen gehe ich noch mal, und laufe die letzten beiden KM vorm Ziel schon deutlich unter 6 min/km und im Zielkanal dann überhaupt schon unter 5. Wie leicht es dann einen wieder fällt. Wenn die Anspannung der letzten Monate in sich zusammenfällt, und man wirklich den Einlauf auf die Rampe genießen kann. Die Menschen auf der Tribüne einen zujubeln und abklatschen. Die Freunde auf den Bänken stehen und sich die Seele aus dem Leib schreien. Dafür macht man das wohl.
Es war ein schöner Tag. Es wurden schlussendlich 11:53 h. Wenn man nicht darüber nachdenken würde, ob es nicht doch auch unter 11:30 gegangen wäre, würde man auch keinen Ansporn haben, sich diesen „Mühen“ wieder zu unterziehen. Wenn es auch vielleicht kein IM mehr werden sollte, weiß ich jetzt, das es trotzdem nicht so schlecht war, mich vor 3 Monaten diesen Vorhaben zu stellen.