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2023-04-16 adidas Manchester Marathon - Alexander
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Autor
Thema: 2023-04-16 adidas Manchester Marathon - Alexander (Gelesen 3379 mal)
Berichte
Beiträge: 0
2023-04-16 adidas Manchester Marathon - Alexander
«
am:
30.05.2023, 16:53:56 »
Datum: 2023-04-16
Event:
adidas Manchester Marathon
Distanz: 42,195 km
Ersteller:
Alexander
Gespeichert
Alexander
Beiträge: 261
Die Geschwindigkeit kommt dann von selbst...
Antw:2023-04-16 adidas Manchester Marathon - Alexander
«
Antwort #1 am:
30.05.2023, 17:12:57 »
Liebe Leute,
Da der Bericht recht lang ist, möchte ich meine Information für potentielle Teilnehmer gleich hier am Beginn zusammenfassen: Ich kann die Veranstaltung allen empfehlen, die ein großes Teilnehmerfeld und viel Publikum mögen und denen eine eher eintönige Umgebung ohne besondere Sehenswürdigkeiten nichts ausmacht.
Was ich einige male gefragt wurde: Warum gerade der Manchester Marathon? - Eine zufällige Entscheidung, vor ein paar Monaten wusste ich von diesem Marathon noch gar nichts. Am Anfang stand eine Plauderei unter Lauffreunden im November 2022 über mögliche Marathons im nächsten Jahr, dabei wurde Manchester mit "soll auch recht nett sein" erwähnt, das blieb mir in Erinnerung.
Ich hatte ursprünglich keine ambitionierten Ziele für 2023. Zu Weihnachten 2022 meldete ich mich kurzentschlossen für den LCC Eisbärcup an. Erst am nächsten Tag kam mir der Gedanke, dass da eigentlich ein Marathon als Abschluss auch gut passen würde - aber welcher? - Eine Marathonreise wäre eigentlich wieder nett, wenn möglich mit Nachtzug. Aber Paris war mir zu knapp nach dem Eisbärcup, London schon lange ausgebucht, Hamburg hatte ich schon... Da fiel mir Manchester wieder ein. Also auf der Homepage die wichtigsten Informationen gecheckt: Termin perfekt für mich, noch Plätze verfügbar, Startgebühr mit 69 Pfund recht moderat, sogar inklusive Funktionsshirt und bis 2 Monate vor Start könnte man auf nächstes Jahr verschieben oder jemand anderen nominieren. Da konnte ich also bedenkenlos erstmal Anmelden und nach den Weihnachtsferien in Ruhe Urlaub beantragen und dann die Reise buchen. Gesagt, getan.
***
Ich möchte zuerst meine Erfahrungen von der Buchung bis zum Überschreiten der Startlinie teilen, die für zukünftige Teilnehmer interessant sein könnten. Das wird schon mal etwas länger, wer nur am eigentlichen Laufbericht interessiert ist, kann beim 2. Teil weiterlesen.
***
Beruflich bedingt musste ich den Plan mit der Bahn anzureisen doch fallen lassen. Ich konnte erst am Samstag anreisen, also doch per Flugzeug. Sonst hätte ich diese Option gewählt: Abfahrt Wien Donnerstag Abends mit dem Nachtzug, Umsteigen in Paris und London, Ankunft in Manchster am Freitag am späteren Nachmittag.
Die Wochen vergingen, E-Mails mit Informationen tröpfelten langsam ein. Ich fand es umständlich, dass die Information ausschließlich per E-Mail, so zögerlich und zerteilt erfolgte. Die meisten organisatorischen Details wurden nicht auf der Homepage hinzugefügt. Wenn ich also irgendeine Information später nachlesen wollte, musste ich immer in den zahlreichen E-mails suchen, wo dieses oder jenes stand. Anfang März erhielt ich die "Participants Guide", eine 34-seitige Broschüre als PDF. Die wichtigsten Informationen für mich waren: Als internationaler Teilnehmer würde ich die Startunterlagen am Samstag abholen müssen (Teilnehmer mit Adresse in UK bekommen diese per Post). Der Start erfolgt in Blöcken alle 10 Minuten zwischen 9 und 11 Uhr. Erst jetzt wurde mir klar, wie groß diese Veranstaltung ist. Ich hatte ihn einfach als mittelgroßen Stadtmarathon, wie Linz oder Graz eingeschätzt. Tatsächlich ist der Manchester Marathon nach Marathonteilnehmern der viertgrößte in ganz Europa.
Was mir in dem Guide fehlte, waren Details (Ort, Zeit) zum Abholen der Startnummer. Aber Tickets hatte ich ohnehin schon gebucht. Ich konnte also nur hoffen, dass es passen würde. Diese Information kam endlich am 21. März, 3 Wochen vor dem Start. Ort: Holiday Inn Hotel von 9 bis 17 Uhr - Die Schließzeit war früher als erwartet, zum Glück war meine Ankunftszeit nicht zu spät. 10 Tage vor dem Start erfuhr ich meinen Startblock: "Orange A", mit Start um 10:10. Angenehm, damit kann ich zur normalen Zeit im Hotel Frühstücken.
Weitere 5 Tage später kamen weitere Informationen, unter anderem, dass in meinem Startblock der Pacer für 4:00 Stunden war. Ich hatte bei der Anmeldung angegeben, dass meine letzte Marathonzeit 3:30 war. Die entsprechenden Pacer für 3:45 und 3:30 würden aber schon 20 bzw. 30 Minuten vor meinem Block starten. Da ist wohl etwas schiefgegangen. Aber egal, ich hatte ohnehin nicht geplant, mich an einem Pacer zu orientieren und habe nicht mehr nachgefragt. Wie ich im Rennen feststellte, war mein Problem anscheinend ein Einzelfall, bei den meisten Teilnehmern hat die Zuteilung offensichtlich besser gepasst.
Dies war auch meine erste Reise nach Großbritannien seit dem Brexit. Die Einreise war nicht viel aufwändiger als zuvor: keine Schlangen am Schalter, kurze Frage nach dem Grund des Aufenthalts, und wir waren durch. Ich nehme vorweg, dass die Ausreise noch einfacher als früher war, da wurde nämlich gar nicht kontrolliert. Eine Verschlechterung wurde aber gleich durch das SMS von meinem Netzbetreiber offensichtlich: Gratis EU-Roaming gibt es nicht mehr. Ich bekam eine Angebot für ein Datenroamingpaket (500MB für 6€), welches ich nach überschlagsmäßiger Kostenschätzung annahm. Letztlich hatte ich mir damit ein paar Euro gespart, auch wenn die Abdeckung mit gratis WLAN im Hotel, in Museum und Restaurants und selbst im Regionalzug recht gut war.
Ein paar Tage vor der Abreise versuchte ich noch, mich über Tarife und Ticketkauf für die Anfahrt vom Hotel zum Startbereich bzw. zur Startnummernabholung zu informieren. Um es kurz zu sagen: es ist kompliziert. Grundsätzlich gibt es 3 Systeme: Bahn, Tram und Bus, diese haben jeweils ein eigenes Tarifsystem, es gibt aber auch Kombitickets. Für alles gibt es Strecken- oder Tageskarten, letztere manchmal auch mit billigeren Off-Peak Tarifen, wobei aber die Off-Peak Zeiten auch nicht überall gleich sind. Ich habe es bald aufgegeben, den absolut günstigsten Tarif zu finden und es einfach auf mich zukommen lassen.
Für die Startnummernabholung nahm ich die Bahn. Am Automaten an der Station gab mein Ziel Picadilly ein. Es wurde mir Single oder Return angeboten - Return ist deutlich billiger als 2 Einzelfahrten, ich bezahlte und der Automat spuckte 2 Tickets aus. Wichtig: das jeweilige Ticket braucht man nochmals, um am Ziel den Ausgangsschranken zu öffnen, also gut darauf aufpassen. Im Holiday Inn führten Wegweiser ins Untergeschoß. Dort standen einige Tische, es war recht wenig los. Gegen Vorzeigen des Anmeldebestätigungs-Emails und meines Reisepasses bekam ich das Startnummern-Kuvert ausgehändigt. Da war nicht viel drin, nur die Startnummer mit Zeitnehmungs-Chip und ein Rabattgutschein für den Adidas-Store in der Stadt. Ich fragte noch, ob es die Participants-Guide oder den Streckenplan auch in Papier gibt, das war aber nicht der Fall. Wer also mit der digitalen Version nicht glücklich ist, sollte diese noch daheim ausdrucken.
Für die Anfahrt zum Start wird die Metrolink-Tram zur Station "Old Trafford" empfohlen. Ich kann das auch nur dringend anraten. Diese ist nach meiner Wahrnehmung bei weitem die beste Lösung, selbst wenn die Tram überfüllt erscheint und an der Station eine Schlange steht. Ich hätte fast den Fehler gemacht, ungeprüft der Empfehlung meines Freundes zu folgen und den Bus zu nehmen. Die Bushaltestelle "Old Trafford" wäre aber im abgesperrten Startbereich und wurde natürlich an dem Tag nicht angefahren. Stattdessen hätte der Bus wo anders in der Nähe gehalten, von wo es aber keinen direkten Zugang zum Startbereich gegeben hätte. Die Tram fährt aber auf einer eigenen Trasse und die Station ist direkt vor dem Eingang zum Stadion.
Ich nahm also am nächsten Morgen eine Tageskarte für Bus und Tram um £7,80. Im Zentrum umsteigen auf die Tram, die war schon ziemlich voll mit Läufern, aber es war zum aushalten - nicht schlimmer als in der U-Bahn zum VCM. So kam ich zum "Old Trafford Cricket Ground" - Stadion, um das sich der ganze Start- und Zielablauf dreht. Hinweis: Wenn man eine Tageskarte hat, muss man sich am Ausgang nicht (nochmals) bei den Automaten anstellen, um die Fahrt abzuschliessen. Man kann am besetzten Schalter ganz links das Ticket im Vorbeigehen herzeigen und hinausgehen.
Der Ablauf beim Start ist viel strikter organisiert, als beim VCM. Das ganze Stadiongelände inklusive Parkplatz ist dauerhaft abgezäunt. Für den Marathon wird nur ein Tor für den Zugang geöffnet, bei dem eine Sicherheitskontrolle erfolgt. Diese war ausreichend besetzt, es gab keine Wartezeit. Dann geht man um das eigentliche Stadion herum. Zuerst hat man die Möglichkeit, die Stadion-Toilettanlagen zu benutzen. Dann kommt man zu dem Bereich, der sonst der Besucherparkplatz ist, an diesem Tag aber das "Event Village". Hier ist das Kleiderdepot und später auch die Möglichkeit mit seinen Freunden zu feiern. Es war noch etwas Zeit, also wartete ich hier bis eine halbe Stunde vor meiner Startzeit und entledigte mich dann der Überbekleidung. Die Kleiderabgabe war simpel und ohne Wartezeit, zum Abholen bekommt man ein robustes Schriftband ums Handgelenk.
Es geht weiter um das Stadion herum, direkt vor dem Zugang zum Startbereich sind eine Menge mobile Toiletten aufgestellt, ich schätzte die Wartezeit dort auf etwa 10 Minuten. Nun ging es aus dem Stadiongelände hinaus in einen abgeschrankten Weg durch den Town Hall Garden zum Startbereich. Ab hier dürfen nur mehr Teilnehmer*innen weiter. Wenn Begleitpersonen beim Start zusehen wollen, müssen sie wieder zurück und nach dem Startbogen entlang der Chester Road A56 einen Platz suchen.
Im Town Hall Garden werden die Teilnehmer dann entsprechend des Farbcodes für die jeweilige Startwelle aufgerufen und auf die Chester Road gelassen. Soweit ich mitbekommen habe, ist es kein Problem später als in "seinem" Block zu starten. Ein Läufer neben mir wurde mit dem Kommentar, "Du solltest doch schon unterwegs sein!" durchgelassen. Auf der Chester Road, direkt hinter der Startblockaufstellung, waren nochmals viele Mobiltoiletten aufgestellt und hier war die Wartezeit am kürzesten mit etwa 3-5 Personen in der Schlange. Dann geht es zur Startlinie, hier wird alle 10 Minuten abwechselnd auf der linken und rechten Fahrbahnhälfte ein Block von etwa 1000 Läufern gestartet. Alles sehr übersichtlich und ausreichend Platz.
(Fortsetzung folgt)
«
Letzte Änderung: 30.05.2023, 17:16:12 von Alexander
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Gespeichert
Alexander
Beiträge: 261
Die Geschwindigkeit kommt dann von selbst...
Antw:2023-04-16 adidas Manchester Marathon - Alexander
«
Antwort #2 am:
30.05.2023, 17:13:59 »
(Fortsetzung)
...und LOS GEHT'S!
Das Wetter war für mich perfekt, etwa 10 Grad und bewölkt, zum Glück entgegen der Vorhersage (noch) kein Regen. In "Kurz-Kurz" vor dem Start ein bisschen frierend, passt es nach kurzer Laufstrecke schon. Zuerst ging es auf der A56 in Richtung Zentrum. Die Strecke kann sich ein Wiener in etwa wie die Donaukanalstraße im Norden vorstellen: Einfahrtsstraße im Gewerbegebiet, mit Grünbereichen und an einer Seite ein Gewässer. Die zwei Fahrspuren waren gut ausgelastet, ich fand mich offensichtlich in einem dichten Schwarm von 4-Stunden-Plus-Läufer*innen gefangen und musste immer wieder mein Tempo reduzieren und nach Lücken zum Überholen suchen. Mein Ziel war, mit durchschnittlich 250W zu laufen, das sollte einen Pace von 4:55/min und um die 3:27h ergeben. Nach einem Kilometer zeigte mein Monitor aber nur 225W an. Das beunruhigte mich aber nicht wirklich, ein langsamer Start ist ja im Marathon nicht unbedingt falsch und bald wird sich das Feld wohl auflockern. Unangenehm war nur der häufige Tempowechsel und die notwendige Konzentration auf die anderen Läufer, um Kollisionen und stolpern zu verhindern. Darum konnte ich der Umgebung auch keine Aufmerksamkeit schenken, was hier auf dieser Schnellstraße aber ohnehin kein großer Verlust war.
Es ist meine Routine, bei Rennen die automatische Kilometerzeitnehmung auszuschalten und bei den Kilometertafeln manuell zu messen. Erstens bekomme ich damit die wirklich relevante Kilometerzeit, auch wenn ich - wie gerade jetzt - nicht auf der Ideallinie laufen kann. Zweitens kann ich damit den Kalibrierungsfaktor des Footpods für die Carbon-Rennschuhe nachjustieren, die ich zur Schonung wirklich nur bei Rennen verwende (nicht unwesentlich, bei mir sind es etwa 3% Unterschied zu den meisten Trainingsschuhen). Bei dem Gewimmel war es kein Wunder, dass ich - so meinte ich - die erste Kilometertafel übersehen hatte. Darum drückte ich eben bei der ersten Meile die Zwischenzeit-Taste. 8:29 sagte mir erstmal nicht viel. Ich habe nur im Kopf, dass eine Meile etwa 1,6km und der Marathon 26,2 Meilen lang ist. Als bei 2km auf der Uhr wieder weit und breit keine Kilometertafel zu sehen war, wurde mir klar, dass es hier wohl nur Meilentafeln gibt. In den USA hätte ich damit gerechnet, aber hier sind wir doch in England, wo vor 50 Jahren das metrische System eingeführt wurde. Gilt das seit dem Brexit nicht mehr? Hätte ich die Participants Guide vorher sorgfältiger gelesen, hätte ich es gewusst. Was soll's, etwas Kopfrechnen ist angesagt: Ich zerteile mir den Marathon gerne geistig in Drittel zu 14km, für die Temposteuerung und geplante Gel-Konsumation. 26,2 durch 3 sind also etwa 8¾ Meilen - ok, dort gibt es keine Tafeln, also schlug ich die Pflöcke geistig bei 9 und 17 Meilen ein. Und welches Tempo in min/mi sollte ich erreichen? Erste Näherung: 8 Minuten: 8x26=208, plus 2 Minuten für die 0,2 Meilen ist genau 210 Minuten, meine gewünschte Maximalzeit. Also ganz einfach, immer einen 7er vorne, und es passt.
Mit diesen Gedanken im Kopf überholte ich bald den 4:00h Pacemaker, der in meinem Block ganz vorne gestartet war. Vor diesem war die Läufermasse nicht mehr so dicht und ich konnte nun die geplante Leistung einhalten. Die Zwischenzeit für die dritte Meile war mit 7:41 auch schon sehr zufriedenstellend. Inzwischen waren wir von der A56 abgebogen, es ging erstmal in einer Parallelstraße wieder zurück in die Nähe des Stadions, um dann in einer großen Schleife wieder in Richtung Zentrum zu drehen. Das Bild ist nun typisch für eine Englische Vorstadt, meist zweigeschossige Backsteinbauten mit Vorgärten. Auf dem Youtube-Video vom vorjährigen Marathon, das ich mir zur Vorbereitung angesehen hatte, sahen die Straßen für mich ziemlich schlecht erhalten aus, etwa wie die Lusthausstraße der LCC-Läufe. Tatsächlich war der Zustand aber besser als befürchtet, die im Video sichtbaren Risse und "Flicken" sind eigentlich schön Plan vergossen und kein Problem. Aufpassen muss man nur auf die vielen Fußgänger-Inseln in Straßenmitte, teilweise mit Sperrgittern, sowie die Längsschwellen, mit denen der Radfahrstreifen begrenzt wird.
Auf der 4. Meile kommen die Bürotürme des Stadtzentrums in Sicht. Bei einem riesigen Kreisverkehr kommt man zurück auf die A56, bei der Bahnstation Deansgate bilden schöne alte Eisenbahnbrücken sozusagen das Eingangstor zur Innenstadt im Viktorianischen Stil. Nach einem 300m langen Haken nach rechts zum pittoresken Midland Hotel, kommt eine Wende und es geht auf der gleichen Strecke wieder aus dem Zentrum hinaus. Damit hat man nach etwa 8km den architektonischen Höhepunkt schon wieder hinter sich. Soweit ich verstanden habe, war früher noch weniger von der Innenstadt zu sehen, also sage ich mal Danke dafür.
Das erinnert mich an diese Anekdote, die ich in der Vorbereitung gelesen hatte. 2013 war die Strecke, obwohl von "Association of UK Course Measurers" vermessen, um 380m zu kurz! Da der Kurs unverändert blieb, wurde 2014 und ´15 nicht nochmals vermessen. Erst im Oktober 2015, nachdem Teilnehmer Zweifel geäußert hatten, wurde eine Kontrollmessung durchgeführt und die Strecke als zu kurz befunden. Zum großen Ärger vieler wurden die Ergebnisse aller 3 Jahre von UK Athletics annulliert. Es kam aber noch schlimmer: Als Ursache wurde schließlich identifiziert, dass jene 100m Strecke, welche zum Kalibrieren der Messräder verwendet wurde, eigentlich nur 99,5m lang war! In der Folge wurde kam zu Tage, dass noch mindestens 6 weitere Rennstrecken in der Umgebung, von 5km bis Halbmarathon, um bis zu 1% zu kurz waren. Der Popularität des Manchester Marathon tat dies aber offensichtlich keinen Abbruch. Im Gegenteil, 2016 gab es mit über 9000 Läufern, die nun wirklich 26,2 Meilen absolvierten, über ein Drittel mehr als im Jahr zuvor.
Zurück zu meinem Lauf. Die Teilnehmerzahl ist seit 2016 weiter stark gestiegen, ich werde heute einer von rund Achtzehntausend Finishern sein. Mit dem Gedränge ist es aber nun wirklich vorbei, es geht bis etwa zur Halbmarathondistanz schnurstracks wieder auf der breiten A56 aus der Stadt hinaus nach Timperley. Einzige Unterbrechung ist ein etwa 1km langer Abstecher zur Wharfside mit dem berühmten Manchester United Stadion. Als Fußball-desinteressierter beeindruckte mich das nicht besonders. (Mein Bruder, ein großer Fußballfan, kann nur den Kopf darüber schütteln, dass ich in Manchester war, ohne bei einer Stadion-Führung teilgenommen zu haben.) Etwa dort begann es leicht zu nieseln. Ich fand das aber genau richtig. Beim Warten im Startbereich wäre es unangenehm gewesen, aber nun war ich warmgelaufen, der Nieselregen war ausreichend, um etwas zu erfrischen, aber nicht zu durchnässen. Ich konnte nun zwar ungehindert mein Tempo laufen, war aber noch immer unter viel langsameren Läufern, also keine Möglichkeit, mich an anderen zu orientieren oder Windschatten zu Laufen. In der Ergebnis-Auswertung sah ich nachher, dass ich allein zwischen km 10 und 21 rund 900 Läufer überholt hatte, also einen alle 3,5 Sekunden.
Unter der Brücke der Autobahn M60 vor dem Nieselregen geschützt, haben DJs ihre Anlage aufgestellt und spielen Techno in Discolautstärke. Zum Glück passt der Rhythmus ganz gut zu meiner Kadenz. Auch sonst gibt es an der Strecke recht viel Musik aller Art, auch von Livebands und Kinderchören. Hier an der A56 ist sonst aber nicht viel los, auch Zuschauer praktisch keine. Das ändert sich erst, wenn man sich der Halbmarathondistanz nähert, wo die Strecke links Richtung Timperley Zentrum abbiegt. Man kommt wieder dichter besiedeltes Gebiet, was die Anzahl der recht motivierten Zuschauer steigert. Auch der Nieselregen hatte schon wieder aufgehört. Die Umgebung ist wieder mehr vom selben, Vorgartenstraße auf Englisch. Auf den nächsten Kilometern wird einige male die Bahnstrecke auf Brücken überquert, was mir mit Steigung und Gefälle jedesmal etwas Unruhe verursachte. Eine merkbare Steigung gibt es dann auch am südlichen Wendepunkt der Strecke im Zentrum von Altrincham. Dafür wird man durch eine interessantere Umgebung entschädigt. Hier ist es Urbaner und die begeisterten Zuschauer wirklich zahlreich, insgesamt tolle Rennathmosphäre.
Da die Strecke als besonders flach beworben wird, haben mich diese Anstiege doch überrascht. Im nachhinein habe ich meine Aufzeichnung mit dem VCM verglichen und tatsächlich ist der Marathon in Manchester um nichts flacher als jener in Wien. Die erklommenen Höhenmeter waren nach meiner Messung identisch und der Anstieg in Altrincham ist sogar etwas steiler als jener von Schönbrunn zum Technischen Museum hinauf.
Nach Altrincham kamen auf den restlichen 10 Meilen für mich keine besonders bemerkenswerten Abschnitte mehr. Es geht, teilweise auf der gleichen Strecke, wieder zurück zur A56. Auch der Technoclub unter dem Autobahnbrücke wird nochmals passiert. Ich möchte hier anmerken, dass ich betreffend Umgebung bei Marathons recht genügsam bin. Wenn es nichts besonderes zu sehen gibt, reicht es mir, mich aufs Laufen zu konzentrieren. Der LCC Marathon mit 6 Runden in der PHA war für mich fast wie Meditation. Ich kenne aber auch Leute, welche die PHA hassen und dies für sie der schlimmste Teil des VCM ist. Für jene ist wohl auch der Manchester Marathon nicht zu empfehlen. Auch mir sind nur wenige Abschnitte wirklich in Erinnerung geblieben.
Verpflegstellen gibt es wie üblich alle 5km. Ich hatte Gel selbst mit, darum nahm ich nur gelegentlich Wasser, welches in 0,5l-Flaschen gereicht wird. Das war für mich etwas viel auf einmal und so warf ich mit ein bisschen schlechtem Gewissen auch mal die halbvolle Flasche in einen bereitstehenden Container, weil ich für diesmal genug getrunken hatte und die Flasche nicht länger tragen wollte. Ich hatte selbst gar nicht darauf geachtet, aber laut Beschreibung gab es von km 15 bis 35 auch SIS Gel, sonst aber nichts, also kein Obst oder sonstige feste Nahrung.
Auch auf dem letzten Drittel lief es für mich noch richtig gut. Natürlich spürte ich die Belastung in den Muskeln, aber ich hatte keine spezifischen Probleme und konnte ohne übermäßige Anstrengung die geplante Leistung halten. Ich war mir schon lange sehr sicher, die angepeilten Sub 3:30 zu erreichen. Je näher ich dem Ziel kam, desto klarer wurde mir, dass ich ziemlich deutlich darunter bleiben kann. Entsprechend euphorisch drehte ich in die letzte Gerade auf der Talbot Road, wo ich sehr glücklich nach offiziellen 3:24:08 den Zielbogen durchquerte. Großartig, wieder 6 Minuten schneller als letztes Jahr in Wien! Übrigens wurde das Rennen live auf YouTube übertragen und nach dem Zieleinlauf der Spitze läuft die Kamera bis zum letzten Läufer weiter mit Fokus auf den Zieleinlauf. Die Aufzeichnung bleibt auf YouTube erhalten und so kann ich mir auch meinen eigenen Zieleinlauf wann immer ich möchte nochmal ansehen.
Wie üblich bekam ich kurz nach dem Ziel die Finisher-Medaillie umgehängt, welche die Skyline von Manchester vor einer Laserlight-Show darstellt. Dann wird man wieder ins Stadion, ins Event-Village geleitet, wo man das Finisher-Shirt erhält - ein wirklich tragbares Funktionsshirt, bedruckt mit dem Werk eines lokalen Künstlers. Zum Nachtanken gab es gratis Mineralwasser, Erdinger Alkoholfrei und SIS Proteinriegel. Gleich danach ist die Kleiderabholung, auch wieder ohne Wartezeit. Soweit ich es verstanden hatte, gab es auch irgendwo Duschen und Massage, war selbst aber nicht dort. Wenn man mit Freunden - Teilnehmern oder Zuschauern - hier ist, kann man hier offensichtlich gut feiern. Es gibt zahlreiche Essens- und Getränkebuden und das riesige Gelände ist voller Menschen. Ich selbst hatte aber daran kein Interesse, ich wollte zurück ins Hotel. Also zog ich mir nur etwas über, und vermischte mich mit dem Strom der Massen zum Ausgang. Beim Zugang zur Tram sah auf den ersten Blick erschreckend überlaufen aus, aber die Warteschlangen waren mit Absperrungen gut organisiert, Passagiere wurden Blockweise auf den Bahnsteig gelassen, sodass es nie zu übermäßigem Gedränge kam. Viel schneller als gedacht, nach etwa 20 Minuten, war ich auch schon an Bord einer Tram.
Den nächsten Tag hatte ich für Sightseeing und Einkaufen mit meiner Frau geplant. Ich hatte mir nicht die Zeit genommen, um mich ausführlich über Touristenattraktionen zu informieren und eine Tour zu planen. In der Participants Guide waren einige Empfehlungen, letztlich spazierten wir einfach herum und suchten auf Google Maps nach Interessanten Plätzen in der Umgebung. Vorbehaltlich meines unzulänglichen Teilwissen und dem persönlichen Eindruck sage ich, dass die Stadt nicht mit tollen historischen Gebäuden übersät ist. Ein paar gibt es aber doch, eines davon, die Town Hall ist derzeit leider komplett hinter einem Gerüst und weißen Planen zur Renovierung versteckt. Trotzdem hat mir das allgemeine Bild einer ehemaligen Industriestadt, welche die entsprechende Bausubstanz nun diversen neuen Zwecken zuführt, sowie den zahlreichen Wasserwegen und seinen typischen Narrowboats, sehr gut gefallen. Besonderen Eindruck hat das Industry und Science Museum hinterlassen, das tatsächlich in einer alten Industriehalle untergebracht ist. Als Technik-fan war ich von dem original Linotype und dem funktionstüchtigen Nachbau des "Baby" - des ersten Speicherprogrammierbaren Computers, sowie den vielen Webmaschinen aus verschiedenen Zeitaltern begeistert.
Zusammenfassend hat mir die Veranstaltung insgesamt gut gefallen. Der Preis für die Teilnahme ist moderat und man muss nicht schon viele Monate im Voraus buchen. Die Organisation ist insgesamt gut, ein paar Details wären Verbesserungswürdig, wie übersichtlichere und frühere Information vor der Veranstaltung und längere Öffnungszeit bei der Startnummernabholung.
Alles Liebe, Alexander
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Pizzipeter
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Antw:2023-04-16 adidas Manchester Marathon - Alexander
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Antwort #3 am:
31.05.2023, 08:31:23 »
Danke für deinen Bericht und nochmals Gratulation zur PB!
Hm, ohne Besuch im Old Trafford
- kann ich verstehen, wenn dich Fußball nicht so interessiert.
Klingt nach einer sehr guten Alternative um diese Jahreszeit - temperaturtechnisch vorallem
.
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cbendl
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Antw:2023-04-16 adidas Manchester Marathon - Alexander
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Antwort #4 am:
31.05.2023, 20:26:44 »
Gratulation! Ein tolles Ergebnis! Dein Bericht liest sich echt schön. Das wäre schon mal interessant dort. In Manchester war ich bisher nur einmal, auf dem Weg zur Ultra Trail WM in Llandudno, aber mehr als den Flughafen und den Autoverleih habe ich nicht kennengelernt.
Old Trafford würde ich mir ja schon anschauen. Wobei, wer weiß... Ich bin beim Mailand Marathon auch schon am sehr beeindruckenden Meazza-Stadion entlanggelaufen, aber angeschaut gabe ich es morgen dann doch nicht.
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hippocampus abdominalis
Anna
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Antw:2023-04-16 adidas Manchester Marathon - Alexander
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Antwort #5 am:
01.06.2023, 14:20:45 »
Danke für den Bericht und nochmals Gratulation zur Super-pb!Bin 2021 dort gelaufen, weiß aber nicht, ob sich die Strecke zwischenzeitig geändert hat oder ich einfach zu wenig Erinnerung daran habe. Den Gesamteindruck und die Empfehlung für den Manchester-Marathon kann ich nur unterstützen.
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