Autor Thema: 2009-07-26 k78 - bani  (Gelesen 1172 mal)

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2009-07-26 k78 - bani
« am: 26.07.2009, 00:00:00 »
Datum: 2009-07-26
Event: k78
Distanz: 78.500 km

Ersteller: bani

Offline bani

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #1 am: 26.07.2009, 00:00:00 »
swissalpine - more than a race

Es ist gar nicht so einfach, wie soll ich so einen Bericht anfangen. Die Eindrücke schwirren wirr in meinem Kopf rum, sie zu ordnen wird wohl nicht so einfach

Wie alles zustanden kam, dass ich mit tschitschi und larissa in die Schweiz fuhr, weiß ich gar nicht mehr.
Auf jeden Fall hab ich die beiden am Freitagvormittag vom Innsbrucker Flughafen abgeholt und gemeinsam ging’s ab nach Davos. Die Anreise  verlief problemlos. Aber eh wurscht. Es geht um den k78 und nicht um irgendeine Anreise und Pastaparty

Viel interessanter war die Frage nach dem Wetter. Der Freitag war recht schön, nur gegen Abend wurde es regnerisch und Gewitter mit Sturm zogen auf. Die Prognosen für den Samstag waren aber nicht so schlecht. Anfangs Schauer möglich, aber im laufe des Tages Wetterbesserung. Temperaturen in Davos (1538) am morgen 8 bis 11 grad auf der Keschhütte  (2632) gegen Mittag bis 10 grad, nachmittags wärmer

Geschlafen habe ich gut, als der Wecker um 5:30 läutet brauchte ich gar nicht aus dem Fenster schauen um zu wissen, es regnet. So a sch***.
Am Vorabend konnte ich mich nicht entscheiden wie ich an den Start geh, kurz / kurz oder doch lang bzw. was ich in den Sack einpacke den ich nach ca. 38km in Bergün zum wechseln der Kleider wieder bekommen würde. Das Wetter erleichtert mir die Entscheidung nicht und so ging ich erst mal frühstücken. Meine Wirtin ist extra früher aufgestanden um mir ein Frühstück zu richten. Schon während dem verzehr der Weißbrote hörte der Regen langsam auf und ein Blick aus dem Fenster zeigte schon die ersten hellen Flecken durch die Wolkendecke. Freude und Zuversicht kam auf, es Wetter hält was die Vorhersage versprach :)
Die letzten Entscheidungen waren schnell getroffen. Kurz kurz, Trinkgurt bleibt zu Hause und in den Sack kommen eine Trinkflasche, zugeschnittener Müllsack, Stirnband, Langarmshirt, Energieriegel.

Mit dem Bus ging’s zum Sportzentrum wo Start und Ziel des k78 und einiger Rahmenbewerbe war. Also erstes suchte ich mir die Abgabestelle des Kleidersackes, wartet aber noch mit der Abgabe um mich erst recht spät vor dem Start von einem übergestreiftem Langarmshirt trennen zu müssen. Frisch war es, aber trocken und die Sonne kündigte sich schon an. Obwohl nicht ausgemacht, hab ich dort dann auch Larissa und tschitschi getroffen. Recht spät gaben wir die Säcke ab und stellten uns noch ein letztes mal an der wc Schlange an. und noch später, ich schon sehr nervös, begaben wir uns Richtung Start wo sich unsere Wege trennten. Ich drängte mich über Absperrgitter etwas weiter vorne in den Startbereich.

Jetzt stand ich da, es war bald soweit. Ein weg über 78,5km und über 2300 Höhenmeter lag vor mir, der längste Bergmarathon der Welt. Alleine der Gedanke reichte schon um ein Gänsehaut feeling aufkommen zu lassen. conquest of paradis kurz vor dem start verstärkte dies noch. Endlich ging es los. Unglaublich, ich bin hier, ich laufe, bin supi drauf, es Wetter spielt mit, es wird ein perfekter Tag. Das Feld setzt sich langsam in Bewegung, Stress, nein, wir hatten Zeit …...

Anfangs ging es eine Ehrenrunde durch Davos, ca. 5km, bevor wir das Dorf verließen. Für das leichte Tempo war der Puls schon recht hoch, das wird wohl die Höhe von ca. 1500m ausmachen hab ich mir dacht. Also raus aus dem Dorf und es rollte gut, hatte Kraft ohne Ende in meinen Beinen, heute wird ein super Tag. Kurz vor dem ersten namhaften Anstieg musste ich mal kurz austreten, macht nix, hier geht’s nicht um Sekunden :) dann ganz leicht in den ersten kurzen Anstieg rein und der Puls überschritt schnell meine persönlich gestellte Grenze von knapp über Grundlagentempo. Najooo, es fühlt sooo locker an, wird schon passen und so hab ich gleich mal die Pulsgrenze korrigiert.
Bis km 10 waren noch einige Höhenmeter zu bewältigen und ich passierte die Tafel in 50 Minuten. Super in der Zeit wollte ich doch in 7:30 das Ziel erreichen. Bis km 15 ging’s weiter leicht bergauf und mit leichten Füßen konnte ich den Schnitt fast halten. War voll supi drauf. Alle die ich so überholte atmeten schon schwerer als ich, also so falsch werd ich schon nicht liegen.
Von 15 bis 20 ging’s schon recht schön über Asphalt bergab, ich war überrascht dass ich nur 20 Minunten brauchte. Wau, das hab ich nicht erwartet und es ging so leicht. Mittlerweile hatte ich schon meine Trinkflasche leer und den ersten Riegel verdrückt. Der Wettergott hat es ebenfalls weiter gut mit uns gemeint und ich war voll gut drauf.
Von 20 bis 25 ging es weiter leicht  bergab und ich versuchte er schön rollen zu lassen. Der weg durch die Schlucht mit den dunklen Tunneln war genial, da konnte der leichte, aber angenehme Nieselregen auch nix dran ändern, die Sonne überwiegte aber weiter.
Der Übergang übers Viadukt war interessant, irgendwie eine wackelige Sache der seitlich an der Bahnlinie angebrachte Steg. Die Höhe war auch nicht grad von schlechten Eltern, aber ich musste da mal runter schauen :)
Jetzt ging’s durch an Wald leicht aufwärts um dann wieder über Schotterwege in Richtung Filisur runter zu laufen. Dort war das Ziel vom K31 und auch die C42 Läufer verließen unsere strecke. Die Stimmung in Filisur war supi. Nach a kurzer Verpflegung ging’s schnell wieder raus aus dem Ort. Die angestrebte Zwischenzeit von 2:30 hab ich um 4 Minuten unterboten, somit lag ich supi in der Zeit und war noch immer Top fit. Hab schon spekuliert, was da noch alles oben gehen wird.

Aber vorerst wusste ich auch, der ernst des Lebens, ähm, des Laufes beginnt erst jetzt. Ich wusste vom Streckenprofil kurz nach Filisur war der tiefste Punkte der Strecke mit 1019müM und von jetzt an geht’s ohne Ende rauf auf das Dach der Tour, rauf zur Keschhütte (2036). Aufi, aufi, i muss aufi aufn Berg, hab ich mir spaß gedacht.
Der Aufstieg begann mit einem sehr flachen Schotterweg, der gut zu laufen war. Mit kleinen, kraftsparenden Schritten ging ich es an. Konnte trotzdem den einen oder anderen überholen. Die ersten Geher waren auch schon da und dabei war es echt noch sehr flach, aber gut, wir waren bald bei km 35. vom Schotterweg ging es jetzt zur Straße nach Bergün. Die hatte es bereits in sich. Bei Sonnenschein tippelte ich die Straße rauf, der Puls stieg schon Richtung Marathonpuls und auf Dauer war mir das zu früh zu hoch. Musste an den Michi denken „der beste Freund des Ultras ist das gehen“ hat er mal in der Vorbereitung auf den Wachau ultra im Forum geschrieben. Da der Weg noch weit ist, hab ich mich entschieden ab jetzt den Anstieg mit Gehpausen zu bewältigen. 30 Sekunden reichten um den Puls gut zu drücken und ich war nicht viel langsamer als andere, dann wieder 2 Minuten laufen, 30 Sekunden gehen. Das ging sehr gut und ich fühlte mich gut dabei. Kurz vor Bergün wurde es dann wieder flacher und man konnte wieder leicht durchgehend laufen.

In Bergün war mein Kleidersack, dort musste ich mich entscheiden was ich in die Höhe mitnahm. Es Wetter war nicht so schlecht, meist Sonnenschein und eigentlich schon warm. Ich wusste oben wird es fix kühl sein und ich nehme auf jeden fall meinen zugeschnitten Müllsack mit. Der hat kein Gewicht und wird mich vor dem auskühlen schützen. Auch eine Trinkflasche wartet dort auf mich. Ich war schon gespannt wie das genau funktionieren würde. Kann man seinen Sack finden? Diese Frage war eigentlich blöd. Ich war ja in der Schweiz. Unvorstellbar wie perfekt das ablief.
Zum einen war ein Schild aufgestellt, welches den Weg zum Gebäck wies. Auf meine Frage hin, da rauf, brachte ich eine Maschinerie in Gange. Hektik ging los. Zuruf meiner Startnummer auf den Hügel rauf, dort sprintet ein junger Helfer los, rief meine Startnummer weiter nach vorne in eine Halle. Dort wurden die nach Nummern geordneten Taschen dem Jungen gereicht und mir auf halben weg entgegen gebracht. Ich bedankte mich und schon war der Bursche wieder in Warteposition. Voll supi.
Ich joggte noch vor zur halle, wo schon jemand auf die Rückgabe der Tasche wartet. Während ich meinen Sack durchwühlte wurde ich über Wetter und Temperaturverhältnisse am Berg informiert. Trocken, Sonne und Wolken wechseln. Teilweise windig und nur 4 Grad. Also nahm ich Müllsack, Stirnband in die eine und meine Trinkflasche in die andere Hand und lief los. Noch ein Schluck vom offiziellen Gesöff und es ging durchs Dorf. Supi Stimmung war dort, viele Zuschauer die zujubelten. Auch die K42 Läufer feuerten uns an. Sie mussten noch a bissi warten, bis sie starten durften und uns jagen :)

Über 38km hab ich jetzt schon, ganz frisch war ich nicht mehr, aber noch immer gut drauf. Vom Gefühl her war ich noch nicht in der Marathonbelastung, also genau richtig. Aus Bergün raus ging es weiter auf einem leicht steigenden Schotterweg.

Plötzlich schlug meine bisher super Stimmung um. Zuerst rechts, sofort auch links krampften die Oberschenkel. Aus heiterem Himmel. Das gibt es doch nicht, was ist das??? Volle Spannung auf beiden Schenkeln.  Ich hab doch sooo selten Krämpfe, wo kommen die her. 2, 3 verkrampfte Schritte und ich stehe da. Dehnen??? Ja ich versuchs, doch neue Krampfanzeichen auf der Hinterseite lassen mich abschrecken. Was tun???  Klopfe also auf die krampfenden Stellen bis er nachlässt. Zwar noch immer unter Spannung und hart, wartend wieder zu zuschlagen ließen mich meine Oberschenkel 20m weiter trabbeln um dort wieder erbarmungslos zu zugreifen. Unmöglich, eine Welt bricht zusammen. Bin ich doch erst 3:40 am weg, knapp 40km. Was, wie, warum, agee, so a kas. Was mach ich jetzt. Wieder reinklopfen, neuer Startversuch. Ganz langsam, ganz kleine Schritte, ich setze mich wieder in Bewegung. A Frau überholt mich grad, ich häng mich dran. Die macht das super. Ganz kleine Schritte und konstant. Das tut mir gut. Kann ihr mit angespannten Oberschenkeln folgen. In Wartestellung der krampf, immer bereit mich zu stoppen, falls ich einen zu großen Schritt mache. Ich laufe wie auf rohen Eiern. Sobald es a bissi steiler wird spannt sich der Oberschenkel mehr, wir es flacher, geht’s wieder, aber ich darf keinen zu großen Schritt machen. Voll konzentriert laufe ich weiter und es geht auch halbwegs gut. Es Mädl macht mir gut die richtige Pace. So geht’s eine Zeit lang am Schotter und am Asphalt. Doch der steilste und schwierigste Teil kommt erst.

Als ich in den Wanderweg einstieg, der steil zur Keschhütte hoch führt und über 500höhenmeter dauern wird, schlug der Krampf beidseitig voll zu. Ich setzte mich an den Streckenrand, streifte mir meinen Müllsack über und setzte das Stirnband auf, es war schon kalt geworden. Verzweiflung machte sich breit. Wie komme ich da rauf, wie soll das gehen. Die vorbeiziehenden Läufer blickten mich an. Ich konnte deren Blicke nicht standhalten und schaute auf den Boden. Es war noch soo früh, so weit und ich hab schon so starke Krämpfe und Schmerzen. Mit Eigenmassage versuchte ich die Verkrampfung zu lockern. Nach 2,3 Minuten versuchte ich es mit gehen. Ich war langsam, kraftlos, konnte mich kaum nach oben arbeiten und es dauerte nicht lange und ich saß wieder am Streckenrand, massierend. Mit Traubenzucker versuchte ich zumindest kurzfristig Kraft zu finden, irgendwie muss ich rauf kommen. Die Schmerzen waren groß, der Berg hoch, die Zeit egal. Irgendwie muss ich da rauf, vielleicht wird es besser wenn es nicht mehr sooo steil ist.

Noch weitere 4-mal musste ich mich an den Rand setzen zum Massieren, langsam arbeitete ich mich nach oben, bis der Wanderweg ein wenig an Steilheit verlor und auch der Zucker immer besser wirkte. Ich hatte große Schmerzen auf Grund der Dauerkrämpfe in den Oberschenkeln. Der Ansatz von einem Krampf lies nie nach, aber es war schon gut, dass er nicht zuschlug. Endlich sah man von weitem die Keschhütte. Da muss ich noch rauf. Zeit war relativ, ich schaue auch nicht zur Hütte, sie kam nur langsam näher, ich sah auf den Boden und setzte einen Fuß vor dem anderen um meinem Ziel näher zu kommen.
Ein Hubschrauber kreiste über unsere Köpfe. Will der mich holen??? Was mach ich oben, was ist wenn ich nicht weiter kann??? Kein weg, keine Strasse. Muss ich mit dem Hubschrauber runter???? Gedanken der Niederlage machen sich breit. Kurz vor der Keschhütte ein Fotograph, macht ein Foto und will noch eines mit meiner Nummer, zuerst wollte ich noch den sack heben, lies es aber bleiben, ich will nur weiter. Es ist Arsch kalt. Oder ist nur mir kalt??  Ich trinke was warmes, esse Bananen. Eine Helferin fragt mich ob es mir gut geht. Mein Stolz lässt mich ja sagen, alles ok. Meine Schenkel sprechen eine andere Sprache, vermutlich mein Gesichtsausdruck auch. Ich lasse mir vom Perskindol Team die Oberschenkel massieren. Die machen das ordentlich, ich spüre die Verhärtungen. Extrem sag ich nur, das sind Knollen, keine Muskeln. Nach zehn Minuten steh ich auf. Viel besser ist es nicht, aber das wird eh nicht mehr besser denke ich mir und geh noch mal rüber zum trinken. Wieder werde ich gefragt ob alles ok sein. Mann muss ich schlecht ausschauen. Sag aber wieder alles ok und verlasse die Keschhütte gehend. Krämpfe setzen ein, schlimmer als vorher. Trotzdem setze ich mich weiter in Bewegung. Es geht runter, das tut gut. Der Krampf löst sich leicht, die Spannung bleibt. Ich kann leicht runter laufen. K42 und k78 Läufer/innen zischen an mir vorbei, aber mir ist das schon alles wurscht, ich hab schon alle Relationen verloren, mir ist kalt und ich will nach Hause. Gehend und laufend arbeite ich mich vor. Jetzt bin ich an der Stelle angekommen wo sich der k78 und der k42 für kurze zeit trennt. Die 42iger müssen weiter runter um am Scalettapass wieder auf uns zu treffen und wir dürfen über den Panorama Trail laufen und müssen nicht so viele Höhenmeter machen.
Hier geht’s wieder berg auf, ich gehe, die Spannung in den Schenkeln wird wieder ärger. Flachstellen kann ich laufen, man muss aber aufpassen, auf die großen Steine, dass man nicht stolpert. Dass ich mich noch bewegen kann wundert mich, dass mein Kreislauf noch arbeitet wundert mich. Mir ist kalt, der Wind weht böig. Gott sei Dank hab ich meine Folie. Ich werde weiter überholt, aber auch ich überhole den einen oder anderen.
Eigentlich nur 8km lang kommt mir die Dauer wie 2 stunden vor. Gegen Ende des Trials kann ich teilweise nicht mehr klar sehn, irgendwie trüb. Ein kurzer Eisregenschauer fällt über den Pass herein. Der Wind traktiert meine Folie. Schritt für Schritt geht es weiter, nur noch zur Passhöhe und dann geht’s runter und runter heißt wärmer, nur noch zum Pass muss ich rauf kommen, dann wird alles besser und der Arzt, der dort angeblich alle anschaut, für den werde ich ein Lächeln aufsetzen, ich lasse mich da nicht aufhalten. Ein Windstoss bringt mich aus dem Gleichgewicht. Von unten sieht man die k42 Läufer rauf kommen. Es kann nicht mehr weit sein. Um die nächste Ecke und man kann die Passhöhe sehn. Dort ist was los. Zelte stehen, auch viele Leute sind da zum anfeuern, verpflegen und was auch immer. Über 2 Schneefelder drüber und bei den k42igern einordnen. Die gehen auch fast alle. Steil ist es hier nicht, aber es geht rauf und ich muss mich konzentrieren nicht zu fallen.
Km60 sehe ich vor mir. Die letzten 20km waren so unwirklich, hatte schon alles Zeitgefühl verloren. Musste an Larissa denken „ab60 geht’s nur noch 18km berg ab“ hat sie am Vortag beim Studium des Höhenprofil gesagt. Tschitschi und ich mussten lachen. Aber ja, ich war bei 60 und es ging noch nicht bergab. Jetzt bin ich schon soo weit und es wird bald wärmer.

Am Pass angekommen war die volle Stimmung. Ich hatte nur einen Gedanken, am Arzt vorbei und runter. Arzt konnte ich nicht sehn, also doch nur ein Gerücht???? Hab was getrunken, ein Bananenstück gegessen und bin gleich weiter. Geschafft, keiner hat mich aufgehalten. Und ja, es ging jetzt runter, nur noch bergab und anfangs ging es recht steil runter und ich konnte langsam laufen, runter traben und so verlor ich schnell an Höhe. Trotz Krampfansätze blieb ich nicht stehen, ich wollte nur noch runter wo es wärmer wird.
Man merkte es bald, der Wind wurde weniger, das Kälteempfinden lies langsam nach und ich rollte weiter dem Tal zu. Weiter von vielen überholt, aber mit dem einen oder andern konnte ich einige Meter schritt halten. Mir war es egal, sollen sie laufen, ich rolle nur und ja, es ging mir da nicht mal mehr so schlecht.
Oben waren 18km, bei der nächsten Station 13km ins Ziel. Ich wusste es würde noch ewig dauern, es wird sich ziehen und darum hatte ich keine Erwartungen, dass es nicht mehr weit sei. Eher  wird es noch lange dauern, also denk nicht daran.
Obwohl ich für normal kein Cola beim laufen vertrage, nahm ich 13km vor dem ziel den Zuckerschub dankend entgegen. 2 Becher und das tat gut. Kurz blähte sich mein Magen auf, aber sogleich stellte sich Druckausgleich ein:).  Ich spürte sofort die Wirkung und es ging mir eine spur besser. Es wird wärmer, kein Wind und ich gewinne an Kraft bzw. eigentlich bin ich nicht mehr ganz so schwach. Wenn ich keinen zu großen Schritt mache, ist die Chance auf Krampf stark gedämmt. Und so rolle ich weiter bergab. Die meisten haben ihre oben erhaltenen Folien schon entsorgt, ich nicht, ich mag es warm haben, rolle weiter dem Ziel entgegen. Nächste Station, wieder 2 Becher Cola, Druckaufbau im Magen, Druckausgleich, Zuckerschub. Ich muss mich schon fast bremsen um nicht schneller zu werden. Es geht ma wieder besser. Ein schnelles laufen lässt aber mein Kreislauf und auch mein Wegbegleiter, der Krampf, nicht zu. Aber es geht wieder und bei leichten Gegenanstiegen kann ich sogar durchlaufen. Ich fange schon wieder zu rechnen an, was sich noch ausgeht. 8:30 vielleicht??? Merke aber auf den 5km dass ich zu langsam bin. Egal, ich halte es Tempo um gut ins Ziel zu kommen. Auch den am Berg geborenen Gedanken, nie wieder, verwerfe ich mittlerweile schon und ich fange mit der Analyse an. Ich beschließe, ich werde wieder kommen und alles besser machen.
Nächste Verpflegung, selbes Spiel mit dem Cola. Dieses mal, 8km vor dem Ziel werfe ich meine Folie weg. Schwitze schon, aber vor allem mag ich mit Stolz ins ziel laufen. Ich hab mich wieder erholt, mir geht’s beinahe gut. Steigere sogar es Tempo und kein Prodest von den Füßen. Kaum wer kann mich überholen, im Gegenteil, ich fange an zu überholen. Zuschauer rufen meinen Namen, feuern mich an. Ich bin wieder da, bin wieder ein Läufer. Stolz erfasst mich und treibt mich weiter.
3km vor dem Ziel ein letztes mal Cola, dann links einen Weg rauf gehen und ab jetzt nur  noch laufend, und wie ich laufe. Runter und wieder rauf, es geht wieder richtig gut
aus der Ferne kann man schon den Platzsprecher hören. Das motiviert mich weiter. Jetzt renn ich nur so an den anderen vorbei, also wäre nix gewesen. Noch einmal steil runter nach Davos, auf die Strasse Richtung Stadion. Die Leute feuern an. Kurz vor dem Stadion überhole ich noch um niemanden vor mir zu haben.
Ich genieße es, ich schwebe ein. Zuschauerjubel. Ich überlege kurz einen Sprint zu machen, aber nein, ich will das jetzt genießen. Und ja ich tu es. Tränen steigen mir in die Augen, ich kann es nicht glauben. Ich bin hier runter gekommen, das gibt es nicht. Weinend vor Freude laufe ich über die Ziellinie. Ich kann es nicht fassen, ich war schon erledigt, müsste eigentlich irgendwo da oben liegen, aber nein, ich bin jetzt im ziel, ich bin hier, das ist unmöglich, aber ich bin hier. Mir geht’s gut, kein Kreislaufzusammenbruch, ich bin fit, kann stehen, kann gehen. Ich setze mich auf eine Bank, es sind viele Leute hier, aber jetzt bin ich nur für mich, denke über die Ereignisse am Berg nach, weine vor Glück und Stolz es geschafft zu haben, das Ziel auf den eigenen Beinen erreicht.  Ich sitze noch eine Zeit lang da und genieße meinen Erfolg…...

Swiss alpine, ein lauf mit allen Höhen und Tiefen, jedem Wetter. Ein unglaublich emotionaler Lauf. Beim Gedanken zurück bekomme ich noch feuchte Augen. Alleine das anfassen der Startnummer löst Gänsehaut aus. Dieser lauf hat mich verändert

Swiss Alpine – more than a race




Offline JM

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #2 am: 30.07.2009, 06:15:35 »
Großartiger Bericht Bani !
Bin begeistert - vom Lauf, deiner Leistung, deinem Willen, deinem Durchhaltevermögen. Und sehr schön emotional geschrieben. DU hast damit auch bei mir ein kleines Feuer entfacht. Wenn du noch mal hinschaust zum k78 - sag mir Bescheid :)
When your life flashes before your eyes, make sure you’ve got plenty to watch

Offline heitzko

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #3 am: 30.07.2009, 08:10:05 »
wowwwwwww, bani einfach unglaublich wie du dich da durchquälen konntest! der horror jedes läufers hat sich eingestellt und du hast das spukgespenst besiegt und vertrieben, sogar mit stolz einen zieleinlauf hinlegen können! einfach der wahnsinn!!! fast alle höhen und tiefen die man erleben kann auf 78 kms erlebt, überlebt und super bewältigt, bravo!

Offline Hanzn

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #4 am: 30.07.2009, 08:45:41 »
super leistung! gratuliere dir!
dein bericht ist ganauso gut wie deine körperliche und psychische leistung!
Wer etwas haben möchte, was er noch nie hatte, der wird wohl etwas tun müssen, was er noch nie tat.

Offline chribi

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #5 am: 30.07.2009, 10:17:56 »
ein ganz toller bericht, da bekommt man ja schon beim lesen gänsehaut. gratulation bani, dass du es geschafft hast trotz aller probleme und den lauf ins ziel noch so genießen konntest (a harter tiroler :):) )

Offline Elisabeth D.

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #6 am: 30.07.2009, 10:28:59 »
hi bani, du bist phänomenal, so super gelaufen, alles durchgestanden, und dieser zieleinlauf, da kriegt man ja schon beim lesen feuchte augen. ich ziehe meinen (nicht)tiroler hut vor dir, und da gibts dann noch den schönen spruch "die qual vergeht, aber der stolz bleibt", gratulation, gratulation dir und allen dies geschafft haben.

Offline dogrun

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #7 am: 30.07.2009, 11:33:57 »
Wahnsinnsbericht von einem Wahnsinnslauf!

Danke!

Mein Hochachtung vor dieser Leistung...
„Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine / Kürzt die öde Zeit / Und er schützt uns durch Vereine / Vor der Einsamkeit.“ (Joachim Ringelnatz)

Offline Tschitschi

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #8 am: 30.07.2009, 12:08:56 »
Fein wars mit euch!! ein einprägendes Erlebnis! Danke für den bewegenden Bericht!
"man muss wissen bis wohin man zu weit gehen kann" jean Cocteau

Offline Gantenbein

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #9 am: 30.07.2009, 14:03:56 »
Gratulation auch von meiner Seite, eine unglaubliche Leistung die du da vollbracht hast !!!!
Füllkilometer können mir gestohlen bleiben !

Offline Richy

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #10 am: 30.07.2009, 20:40:33 »
Zacher Tiroler, Du
Bin gespannt auf deinen 2. Versuch :D

Offline running1951

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #11 am: 31.07.2009, 10:38:21 »
Danke für den Bericht. Kompliment! A zache G´schicht - aber ein unvergleichliches Höhentraining.
Jetzt hast du eine gute Sauerstoff-Basis für die ebene Erd herunten.
Viel Erfolg beim nächsten Mal.
Läufer lachen, leben, lieben länger

Offline Wienerwaldläufer

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #12 am: 31.07.2009, 14:06:01 »
boah ...
its always good at the end. If its not good, its not the end

Offline KITTY

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #13 am: 31.07.2009, 21:06:45 »
wirklich beindruckende leistung. bist sicher keine luschn. :D:D
lg
peter

Offline cbendl

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2009-07-26 k78 - bani
« Antwort #14 am: 03.08.2009, 13:04:07 »
U N G L A U B L I C H !!!
hippocampus abdominalis

 

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