Autor Thema: 2012-09-01 Wiener Halbmarathon - cbendl  (Gelesen 845 mal)

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2012-09-01 Wiener Halbmarathon - cbendl
« am: 01.09.2012, 00:00:00 »
Datum: 2012-09-01
Event: Wiener Halbmarathon
Distanz: 21.097 km

Ersteller: cbendl

Offline cbendl

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2012-09-01 Wiener Halbmarathon - cbendl
« Antwort #1 am: 01.09.2012, 00:00:00 »
Ich will so ein Klimperding!

Auch ich war nicht von der späten Startzeit begeistert. So wie slowleon in seinem blog schreibt war der Samstag für mich ebenfalls eine Mischung aus notwendigen Erledigungen und Zeit totschlagen, wovon ich in Summe aber doch müde wurde. Was der Lauf für mich bringen würde war mir auch recht unklar. Nach dem Kärntner Frusterlebnis war die sehr defensive Vorgabe jetzt „4:15/km +/– ein paar Zerquetschte, je nach Tagesverfassung“. Das schien machbar und machte mir keinen Druck. Trotzdem hatte ich vor einem Halbmarathon ziemlichen Respekt. Doch ganz schön lang und ganz langsam wollte ich ja auch nicht laufen (oder gar kneifen). Nicht, nachdem ich im Verein so viel Werbung gemacht hatte, dass doch alle mitmachen sollten, auch wenn’s „just for fun“ wäre. Einfach, um gemeinsam als Team aufzutreten und Spaß zu haben (da hatte ich nicht mit so unwirtlichen Bedingungen gerechnet …) und dieser Appell auch seine Wirkung zeigte. Also laufen und versuchen, das Beste draus zu machen.
Der Start war mal OK, der erste Kilometer in 4:02 machte mir aber ein wenig Sorge. Das hielt ich nicht für meine realistische Pace. Also Tempo rausnehmen, das funktionierte immerhin auch. Ich hatte dann einige Zeit eine Gruppe, die wurde mir dann aber doch etwas schnell. So schwankte ich einig zeit zwischen „Dranbleiben und Windschatten nützen“ und „eigenes Tempo laufen“. Ich entschied mich für Zweiteres und hoffte, dass ich vielleicht doch noch Begleitung finden würde. Zwei Kilometer mit leichtem Gegenwind musste ich auf der Hauptallee aber allein laufen.
Plötzlich, ca. bei km 6, lief auf einmal dogrun, den ich wesentlich weiter vorne vermutet hatte, mich auf. Ich dachte mir dann, dass er eventuell zu spät zum Start gekommen war und das Feld nun von hinten aufrollen wollte, aber er erklärte mir, dass er „nicht laufen könne“. „Scheiß Beine …“ Dafür sah es aber für mich noch recht gut aus … Das Tempo, dass er sich eigentlich vorgestellt hatte ging jedenfalls nicht. Schade. :( Es sah aber so aus, als würde unsere Pace ganz gut zusammenpassen und so verständigten uns darauf, zumindest einmal einige zeit gemeinsam zu laufen. Die Frage war dann wieder – zur Gruppe vorne aufschließen oder doch vorsichtiger zu bleiben. Wir versuchten es kurz, aber die Gruppe war doch zu weit vorne und ein Zwischenspurt würde wohl zu Kräfte raubend sein. Allzu windig war es auch nicht, also sollte es kein Problem zu sein, nur zu zweit zu laufen (zumindest für mich nicht, weil mir Tobi netterweise gestattete mich hinter ihm anzuhängen). Auf der zweiten Runde begann dann schon das Überholen – teilweise, weil einige (junge) Athletinnen anscheinend die Distanz unterschätzt hatten, teilweise aber auch, weil Tobi stellvertretend für mich anscheinend Ehrgeiz entwickelte. Ich versuchte ihn immer wieder zu bremsen. Das gelang – halbwegs … Die Kilometerzeiten lagen jetzt zwischen 3:56 und 4:02, wobei ich aber nicht regelmäßig auf die Uhr blickte. Es fühlte sich auch für mich zwar schon schnell, aber noch nicht besorgniserregend an. Und die Gunst der Stunde eines Lauf, bei dem zwar von den Voraussetzungen nichts zu passen schien – jedoch (als einziges!) die Tagesform – wollte ich ja schon nützen. Wir waren ja nicht zu Spaß dort! ;) Immerhin ging s um die verschiedensten Edelmetalle – für Staats- und Landesmeisterschaftsehren, jeweils einzel und Team, und dann noch österreichische Meisterschaften Masters (bei der aber die Plazierungen schon vor dem Start großteils feststanden). Die für mein Team interessanteste Wertung, Staatsmeisterschaft Team, sah nicht schlecht aus. Zwei Plätze vor mir lief Aniko, ich auf Platz 9 und ein Stück hinter mir sah es auch bei Laufhäschen recht gut aus. Nach einigen Meisterschaftsflauten wollte ich wieder so ein Klimperding!
Zweite Runde ging auch gut zu Ende, und wie schon auf der ersten vieleviele Anfeuerer! Ganz Lauf-Wien stand auf der Hauptallee! Danke!!
Dritte Runde, jetzt wurde es langsam anstrengender – aber für die anderen auch. Ich kam wieder einigen Läufern näher und überholte, auch der nächstgelegenen Frau, die aber, ganz knapp vor mir, plötzlich für mich unerwartet eine 180°-Wendung (aber dort, wo keine vorgesehen war) machte und zum Ziel zurücklief. Nun lag ich also auch Platz 8 – was ich mir insgeheim erhofft hatte, irgendwie hatte sich mir das als Ziel festgesetzt. Aniko, die nächste war schon in Sichtweite, aber sah es für ich so aus, als würde sie, im Gegensatz zu vielen anderen Teilnehmern, sich das Rennen besser einteilen und „das Ding“ ordentlich durchziehen. Bei ca. km 17 eröffnete mir Tobi dann das Unangenehme: „Lauf allein weiter, ich kann nicht mehr.“
Na geh?? Oje?? So war das aber nicht gedacht, dass er sich für mich aufreibt, ist ja auch für ihn ein wichtiges rennen. Außerdem hatte ich eher das Gefühl gehabt, dass er stärker drauf ist und mich antreibt. Und außerdem: Wie soll ich das allein machen? Wir hatten uns während der 11 km zwar nicht viel unterhalten (nein, wi(e)nfried, kein „Forumsgequatsche“), aber irgendwie war s trotzdem kurzweiliger, jemand Bekannten vor oder neben sich zu haben.
Aber irgendwie musste ich da halt weiter. Vier Kilometer waren ja nicht mehr so viel, es fühlte sich zwar hart an, aber nicht unschaffbar, und soll ich jetzt wirklich die bisherigen guten 17 km einfach so wegschmeißen? Außerdem: ich will so ein Klimperding! Und wenn’s geht, vielleicht auch noch ein Wiener Klimperding dazu, momentan lag ich da auf Platz 4. Zum Abschied rief mir Tobi hinterher: „ Die Aniko holst’ dir noch!“ Ja, mittlerweile sah es wirklich danach aus, ich war ihr näher gekommen. Die Aussicht, die zwei Kilometer auf der Hauptallee allein im (mittlerweile aufgekommenen) Gegenwind zu laufen war nicht so erquickend, und so legte ich einen kleinen Zwischenspurt von etwas über einem Kilometer ein, um rechtzeitig vor der Einmündung auf die Hauptallee aufzuschließen – und mich dann im Windschutz etwas auszuruhen. Es klappte, und so ging s ein paar gemütliche Meter dahin – bis mir das bald zu langsam wurde. Ich hüpfte noch ein bisschen von Rücken zu Rücken, bis es Zeit war, die Reserven zu mobilisieren und zu laufen, was ging.
Jetzt hatte ich keinen Gedanken mehr dafür, dass ich eigentlich rekonvaleszent war. Jetzt ging’s um was, ich war so weit gekommen, jetzt wollte ich es durchziehen. Bei Start/Ziel noch ein Schreckmoment – eine Kollision mit einer Zuschauern, die die Strecke querte und nur auf die Ankommenden im Ziel nicht jedoch auf die, die die Wende noch vor sich hatten, achtete. Ich schlug einen Haken (der mir in dem Moment als „enorm weeeiiiter“ Umweg vorkam ;)) und streckte ihr meinen Arm als Abstandhalter entgegen. Sie prallte recht unsanft gegen meinen Handballen (hatte mich wirklich überhaupt nicht gesehen), aber es ging für beide unfallfrei ab. Noch ein letztes Mal zur Wende, noch ein letztes Mal herum und versuchen nicht auszurutschen.
Der Zielbogen schien noch sehr weit weg, doch wusste ich, er war es nicht. Für das Schlussstück gab es noch leichten Rückenwind, der half. Vor mir sah ich Natalia, etwas lustlos laufend, wie mir schien. Sie war die meiste Zeit allein gelaufen, vor ihr niemand zum einholen, hinter ihr niemand, der ihr Feuer machte. Um dieses Rennen beneidete ich sie nicht. Der Abstand war zwar zu groß, aber zwecks Motivation versuchte ich trotzdem, sie „irgendwie“ zu „jagen“. Dann war auch schon fast das Ziel da. Ich wurde anmoderiert als 6. Frau – leider nein, denn Platz 6 würde Teilnahme an der Staatsmeisterschafts-Siegerehrung bedeuten, aber des sollte nicht der einzige Fehler des Abends bleiben. Allerdings – egal: Das war kein Lauf, wo ich mich mit den besten des Landes messen, sondern froh sein sollte und auch froh war, einen für diesen Tag, für diese Umstände nahezu (vielleicht ein etwas zu vorsichtiger Beginn) perfekten Lauf hinbekommen zu haben. 1:25:17 stand dann da – viel schneller als ich mir erhofft hatte.

Das gab in der Endabrechnung:
7. Frau in der offenen Wertung und in der Staatsmeisterschaft, 6. in der AK offene Wertung, 2. Österreichische Meisterschaft Masters W-35, 2. oder 3. Platz (da wird noch getüftelt) Wiener Landesmeisterschaft und – jaaaaaaaaaaa – Gold oder Silber (auch das weiß noch keiner) in der Staatsmeisterschaft Team! Aniko und Laufhäschen haben „das Ding“ in 1:25:45 und 1:33:18 komplettiert. Ob doch noch ein Team vor uns ist (ich vermute es) wird sich erst zeigen, aber derzeit liegen wir auf Platz 1 (ich sollte die Ergebnisliste aufheben, so wie sie jetzt ist ;)).
Ein schöner Lauf endete (wie vielleicht schon an einigen Stellen ein wenig durchgeklungen ist) mit einem langen Abend mit mehreren Versuchen von Siegerehrungen, die dann um ca. 22:30 unvollständig abgebrochen wurden. Schade drum! Alles anderem am Lauf (Strecke, Moderation – aber da bin ich vielleicht speziell, dass ich mich für die speziellen Kommentare à la Cricket Wintercup begeistere –, Verpflegung) wäre sehr gut gewesen und sogar die späte Startzeit habe ich halbwegs weggesteckt. Mit zwei Klimperdingern um den Hals (die Finishermedaille hatte ich noch weggesteckt, als ich noch die Energie hatte, das Glumpert in meinem Rucksack zu ordnen) stolperte ich nach Hause.
Müde, sehr müde, aber auch sehr zufrieden.
Danke an die vielen, die dabei waren und angefeuert haben. Soo viele!
heinzK, heinzP, Kurt, MiSter, MT76, slowmotion, uschi61, wi(e)nfried, Willy (wobei ich nie verstanden habe, was mir Willy zugerufen hat - es hat aber immer irgendwie motivierend geklungen. :)), und wer sonst noch aller ...
Bei so vielen Freunden und Unterstützern an der Strecke läuft es sich einfach besser!
Ganz viel Dank an dogrun, der mir sehr geholfen hat. Es waren zwar "nur" 11 km Begleitung, wie ich im Nachhinein fast ungläubig ausrechnete, aber die waren sehr hilfreich. Ich war auch froh zu sehen, dass auch er noch bald nach mir anständig ins Ziel kam.

Für die Statistik:
Rundenzeiten:
28:59
28:15
28:03 (inkl. 97,5 Extrameter)

Splits (7. Kilometer immer mit 180° Wende und m.E. auch zu lang):
4:02,35
4:04,90
4:11,57
4:06,41
4:05,67
4:07,40
4:22,98
4:00,12
4:00,55
4:03,88
4:00,30
3:54,75
4:00,19
4:15,13
3:58,62
3:53,63
3:55,61
3:55,77
3:50,92
3:58,13
4:31,54
hippocampus abdominalis

Offline Tschitschi

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2012-09-01 Wiener Halbmarathon - cbendl
« Antwort #2 am: 02.09.2012, 21:22:01 »
Bravo Carola! Leistung toll! Der Titel des Berichts überrascht mich nicht so sehr:D
"man muss wissen bis wohin man zu weit gehen kann" jean Cocteau

Offline dodo

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2012-09-01 Wiener Halbmarathon - cbendl
« Antwort #3 am: 02.09.2012, 21:43:03 »
gratuliere! so ein rennen klingt irgendwie spannender, wenn man schnell ist ;)

Offline Richy

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2012-09-01 Wiener Halbmarathon - cbendl
« Antwort #4 am: 02.09.2012, 21:43:44 »
Kompliment und Gratulation.
Das hätte ich Dir noch nicht zugetraut.
Das wird ja noch ein spannender Herbst.

Offline sternschnuppe

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2012-09-01 Wiener Halbmarathon - cbendl
« Antwort #5 am: 03.09.2012, 08:49:37 »
Hey Carola das klingt ja toll!! freut mich, dass deine Saison nun endlich in die richtige Richtung geht, wie Du es erwartet hast!!!

Offline Pizzipeter

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2012-09-01 Wiener Halbmarathon - cbendl
« Antwort #6 am: 03.09.2012, 09:07:47 »
Super Bericht und Lauf!
Toll, dass du wieder da bist! :)
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Offline Wolf

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« Antwort #7 am: 03.09.2012, 09:31:33 »
gratuliere - klingt nach einem tollen lauf

LG Wolf
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Offline dogrun

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2012-09-01 Wiener Halbmarathon - cbendl
« Antwort #8 am: 03.09.2012, 13:23:34 »
Super Lauf! Gratuliere auch hier nochmal zu der Zeit, war stark wie du gelaufen bist. Und natürlich zu den Klimperdingern :)
Und für mich isses bei dem Wettkampf nur ums durchkommen und heil bleiben gegangen, sich mit steinharten Waden an den Start zu stellen war sowieso schon fragwürdig, so als "Pacer" war dann doch irgendeine Sinnhaftigkeit da und es wurden doch 11 ganz gute Wettkampf-KM. Hätte dich gerne noch bis ins Ziel begleitet und Kraft wär ja auch noch dagewesen, aber da haben meine Waden schon seit 2km Alarm geschrien und so bin ich dann halt nur noch ins Ziel gejoggt.
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Offline run4fun

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2012-09-01 Wiener Halbmarathon - cbendl
« Antwort #9 am: 03.09.2012, 19:07:11 »
Gratulation Carola. Das Imperium schlägt wieder zurück :)
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Offline heitzko

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« Antwort #10 am: 03.09.2012, 19:11:31 »
gratuliere zu den klimperdingens :D! war ein super lauf! so etwas hat man oft trotz guter vorbereitung nicht oft und umso schöner ist es dann, wenn es einmal so richtig läuft :)! bravo!

Offline Anticyra

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« Antwort #11 am: 03.09.2012, 23:57:30 »
Klimperdinge! Yay!! Gratuliere! :)

Offline JM

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« Antwort #12 am: 07.09.2012, 22:29:54 »
Super Carola. Von "just for fun" zu das "Klimperding will ich haben" innerhalb von nur ein paar km :) Damit bist du definitiv komplett wieder die "alte" :)
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