Autor Thema: 2014-06-01 Comrades Marathon - Peterslaufblog  (Gelesen 871 mal)

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2014-06-01 Comrades Marathon - Peterslaufblog
« am: 01.06.2014, 00:00:00 »
Datum: 2014-06-01
Event: Comrades Marathon
Distanz: 89.000 km

Ersteller: Peterslaufblog

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2014-06-01 Comrades Marathon - Peterslaufblog
« Antwort #1 am: 01.06.2014, 00:00:00 »
Bericht zum Comrades Ultramarathon

Das Abenteuer Comrades Ultramarathon beginnt um 01:15 Uhr. Ich liege bereits seit 30 Minuten wach im Bett und überprüfe gefühlt jede Minute die Uhrzeit. Jetzt darf ich endlich raus. Ich habe aber immerhin 4 Stunden geschlafen – mehr als gedacht. 7 Monate Vorbereitung sollen heute abgerufen werden.

Ab 02:00 Uhr gibt es Frühstück in der Ridgeview Lodge. Mehr als einen Honigtoast schaffe ich um diese Uhrzeit nicht. Um 02:15 steht schließlich pünktlich das Taxi vor der Tür. Zusammen mit einer indischen Läuferin aus unserem Hotel brechen Basti, Schurli und ich zum Busterminal in Durban auf. Ich erwarte mir großen Trubel und eine lange Suche nach dem richtigen Bus, der um 03:00 Uhr Richtung Pietermaritzburg aufbrechen soll. Wir sind bereits um kurz nach 02:30 Uhr beim Abfahrtspunkt der Busse. Und ich bin positiv überrascht: Keine Massen von Menschen und auch keine Hektik. Die Läufer werden zu einem Bus gebracht – sobald dieser voll ist, setzt er sich in Bewegung. Perfekt organisiert und kein langes Warten. Basti und ich versuchen noch etwas Ruhe zu finden auf der Fahrt, die rund 80 Minuten dauert. Gegen 03:15 Uhr trifft der Bus in Pietermaritzburg ein. Und die erste Überraschung folgt so gleich. Es ist kalt. Es ist verdammt kalt. Der Wetterbericht hatte 8 Grad angegeben. Warum sind 8 Grad so kalt? Wir haben noch rund 2 Stunden Zeit zum Start und wir frieren trotz langer Oberbekleidung. Bei unserem Weg zum Start sehen wir, dass unser Startblock C gleich in der Nähe der Startlinie liegt. Das ist beim Comrades Marathon wichtig, da bei diesem Lauf noch die Bruttozeit und nicht die Nettozeit gilt. Es ist ein Gun2Gun Rennen. Nach 12 Stunden Bruttozeit wird das Rennen durch einen Schuss beendet und die Läufer nicht mehr offiziell gewertet, wenn Sie es bis zu diesem Zeitpunkt nicht ins Ziel geschafft haben. Gegen die Kälte schützen wir uns in einem windgeschützten Bankomatbereich der Nedbank. Es ist schon ein sehr lustiges Bild: 4 Geldautomaten und eine Horde von Läufern am Boden sitzend. Gegen 04:45 Uhr verlassen wir diesen Bereich und begeben uns in Richtung Start. Wir stehen daher am Ende des B Blocks und sind somit noch näher beim Start. Die 45 Minuten zum Start vergehen aber nur ganz langsam. Im Startbereich wird laute Musik gespielt, das Rathaus von Pietermaritzburg erscheint im schönen Scheinwerferlicht und der Announcer gibt sein Bestes die Läufer in Stimmung zu bringen. Gegen 05:20 Uhr startet das offizielle Programm: die südafrikanische Hymne wird gespielt und dann singen wir das berühmte südafrikanische Lied Shosholoza. Es handelt von einem Zug, der sich schnell und kontinuierlich seinen Weg durch die Berge sucht. Dies lässt sich natürlich schön mit dem Comrades verbinden.
 
Schlussendlich kommt ein schreiender Hahn und es folgt ein Schuss. Das Rennen ist gestartet. Nach rund 80 Sekunden haben wir die Startlinie passiert und 89,2km mit 1.200 Höhenmeter warten auf uns.
 
Es ist noch extrem dunkel und es ist Vorsicht geboten. Läufer rutschen immer wieder auf Plastikbekleidungen, die am Boden liegen, aus. Wir haben uns eine Pace von 05:55 bis 06:00 für die ersten Hälfte vorgenommen. Die ersten Kilometer führen bergab und wir versuchen nicht zu viel Tempo zu machen und die Beine zu schonen. Die ersten 20km sollen angeblich entscheidend über den Ausgang des Rennen sein. Wir starten daher sehr konservativ. Bei Kilometer 7 erfolgt der erste größere Anstieg. Ein Gerücht sagt, die einzig flache Passage sei der Zieleinlauf in Durban. Das ist natürlich übertrieben. Trotzdem geht es ständig leicht bergauf bzw. bergab. Auch bei den größeren Anstiegen sind “nur” rund 125 Höhenmeter zu überwinden. Trotzdem ist der ständige Wechsel von bergauf und bergab laufen eine große Herausforderung für den Körper. Ich war mir bewusst, dass die Strecke profiliert ist, doch habe ich die Auswirkungen auf den Körper definitiv unterschätzt. Nach einer kurzen Bergabpassage folgt ein leichter Anstieg zu Polly Shorts. Wir versuchen so rhythmisch wie möglich zu laufen und so lange wie möglich im GAT1 Bereich zu bleiben. Besonders beeindruckend ist auch der Sonnenaufgang.
 
Bei Kilometer 12 trennen wir uns von unserer langen Oberbekleidung.  Bei Kilometer 16 folgt der nächste Anstieg zum Lion Park, wo wir die erste Zeitmatte passieren. Von dort geht es weiter zum höchsten Punkt auf 810 Meter. Unsere Pace liegt nun bei 06:08 etwas über dem Zielkorridor, aber es sind ja noch 70 Kilometer :-)
 
Von Kilometer 21 bis 33 ist es richtig toll zum Laufen. Wir werden immer wieder von den südafrikanischen Läufern angesprochen und willkommen geheißen. Es zeigt uns, wie wichtig dieser Event für das Land ist. Auch die Stimmung an der Strecke ist großartig. Das Publikum bietet den Läufern immer wieder Wasser, Kartoffeln und andere Leckerein an. Ein Zuschauer wollte auch, dass wir seinen Rum verkosten. Dafür war es uns dann doch noch etwas zu früh. Unsere Pace liegt zwischen 5:30 und 5:55. Schurli setzt sich bei Kilometer 35 von uns ab, da er große Schmerzen mit seinen Knien hat. Schnelleres Laufen hilft ihm. Klingt komisch, ist aber so. Ab Kilometer 33 merke ich erstmalig meine Muskeln. Das kann ja noch lustig werden. 56 Kilometer to go. Bei Kilometer 40 folgt der nächste Anstieg bevor es dann 3 Kilometer ins Tal nach Drummond geht. Es tummeln sich richtig viele Menschen hier. Die Läufer werden lautstark angefeuert. Auch die Namen von Basti und mir werden immer wieder gerufen. Wir haben uns mittlerweile auf eine 5:58 Gesamtpace gesteigert und sind gut im Rennen für ein sub9 Finish.
 
Von Schurli fehlt weiter jede Spur. Ich bewundere seinen heldenhaften Einsatz. Er hat in der Vorbereitung wohl nur rund 400 Laufkilometer abgespult. Ein Bandscheibenvorfall, Rücken- und Knieprobleme lassen ein strukturiertes Training nicht zu. Alternativ trainierte Schurli am Stepper. Und jetzt haut er wieder so ein Rennen raus. Tiefe Bewunderung. Kurz nach Drummond folgt der Anstieg über 5 Kilometer nach Inchanga. Rund 100 Höhenmeter sind zu überwinden. Wir beschließen einen Teil der Strecke zu gehen, um uns für die Bergabpassagen ab Kilometer 60 zu schonen. Ab Kilometer 51 wird wieder gelaufen.
 
Bei Basti machen sich die Muskeln mehr und mehr bemerkbar. Er fürchtet sich vor Krämpfen und so legen wir die Bergaufpassagen gehend zurück. Das macht sich natürlich im  Pace bemerkbar. Diese betrugt zwischen der Halbzeit und der Zeitmessung bei Winston Park (Kilometer 58,3) 6:36.
 
Nach dem letzten Anstieg bei Bothas Hill führt die Strecke primär bergab Richtung Durban. Bei Kilometer 62 passierte es dann. Die Krämpfe bei Basti setzten voll ein. Ich versuchte ihm am Stoppen zu hindern und in Bewegung zu halten. Er kämpfte wie ein Löwe. Ich versuchte ihn immer wieder zu motivieren und die Gehpausen so kurz wie möglich zu gestalten. Der Comrades Marathon wurde 1921 als Lauf für die gefallenen Soldatenkameraden ins Leben gerufen. Im Sinne dieses Spirits versuchte ich Basti in dieser schwierigen Phase zur Seite zu stehen. Die Anstiege gingen wir und bergab wurde wieder gelaufen. Run & Walk Strategie war jetzt angesagt. Bei der Nedbank Mile (Kilometer 63) holten wir uns noch eine Packung Motivation.
 
Ab Kilometer 60 geht es primär bergab. Nun wird es wirklich ein Down Run. Ich darf verraten, dass aber auch das bergab Laufen nach 60km wenig Freude bereitet. Die Muskeln quietschen aus allen Ecken.
 
Bei Kilometer 72 hören wir plötzlich ein: “Nicht so schnell Jungs”. SCHURLI! Wir hatten ihn eingeholt. Wir waren wieder vereint. Ich merkte aber nun, dass das ständige Stop and Go meine Muskeln wesentlich mehr belastet als das Laufen. Bei Kilometer 75 habe ich mich daher entschlossen, Schurli und Basti alleine zu lassen und bin losgelaufen. Ich hatte durch die vielen Gehpausen noch sehr viel Energie. An ein sub9 Finish war natürlich nicht mehr zu denken, aber dafür konnte ich die restlichen Kilometer noch in einer Pace zwischen 5:20 und 5:40 absolvieren. Vor allem das Publikum honorierte meinen Einsatz bei den letzten Anstiegen (45th Cutting) und in Berea. Nur wenige Läufer waren noch in der Lage die Anstiege zu laufen. Das gab natürlich noch eine große Portion Motivation und viele: “Go Peter, Go” Rufe.  So verging dieser weniger attraktive Streckenabschnitt (Stadtautobahn von Durban) sehr schnell. Rund 3 Kilometer vor dem Ziel rennt man in das Stadtzentrum von Durban ein und wird dort von einer begeisterten Zuschauermasse empfangen. Der Support der Zuschauer entlang der gesamten Strecke ist wirklich großartig. Kurz vor dem letzten Kilometer habe ich dann noch das letzten Streckenschild fotografiert.
 
Die letzte Kilometer kam mir wie eine Ewigkeit vor. Entlang ging es der Toyota Mile, bevor das Ziel im Kingsmead Cricket Stadium wartete.
 
Dort warten noch 3 Kurven, bevor das Ziel sichtbar wird. Nach jeder Kurve dachte ich mir, wo ist nun endlich das Ziel :-) Nach 9:14:44 Bruttozeit war es aber so weit. Mit einem Sprung in das Ziel war ich Comrades Finisher.
 
Nach dem Zieleinlauf gibt es für die internationalen Läufer einen eigenen Bereich. Dort warten verschiedene Gerichte und Getränke auf die Teilnehmer. Persönlich wollte ich nur ein kühles Wasser und einen Sessel zum Sitzen. Nur rund 30 Minuten später trafen auch Basti und Schurli ein. Nach dem ersten Durchschnaufen war ich dann auch für ein Finisher Bier bereit :-). Eigentlich war unser Plan ja bis zum Cut Off im  Stadion zu bleiben und die letzten Läufer anzufeuern. Doch die Müdigkeit behielt die Oberhand und wir machten uns dann doch vor dem Ende auf dem Weg in unser Hotel.
 
Beim Weg aus dem Stadion hatte der Veranstalter aber noch eine Prüfung für uns bereit: STUFEN (rauf und runter)
 

Fazit
 
Atmosphäre:
 
Der Comrades Marathon ist die bedeutenste Laufveranstaltung in Südafrika. Er wird über seine gesamte Länge von 12 Stunden live im Fernsehen übertragen. Rund 500.000 Zuseher verwandeln die Strecke in eine einzige Fanmeile. Wir wurden vom Publikum auf der gesamten Strecke lautstark angefeuert. Viele südafrikanische Läufer haben uns angesprochen und offiziell in ihrem Land begrüßt. Es ist stets spürbar, dass dieser Lauf eine enorme Wichtigkeit für die lokale Bevölkerung hat. Auch nach unserer Abreise aus Durban waren die Leute voller Bewunderung, als das Stichwort Comrades fällt. (5 von 5 Sternen)
 
Strecke:
 
Die Strecke ist auf seiner gesamten Länge asphaltiert. Nach Sonnenaufgang haben die Läufer die Möglichkeit die malerische und hügelige Landschaft zu genießen. Die Strecke führt immer wieder durch kleine Ortschaften. Die letzten rund 25 Kilometer beim Down Run werden teilweise auf Autobahnen und Nationalstraßen gelaufen. Dieser Teil ist landschaftlich natürlich weniger attraktiv. Zu diesem Zeitpunkt ist aber der Kampf mit dem eigenen Körper so stark, dass die Umgebung nicht mehr so stark wahrgenommen wird. Ein Highlight der Strecke war sicher der Zieleinlauf und die letzten 3 Kilometer durch das Zentrum von Durban. Intensive Anfeuerungen der Menschen pushen die Läufer in Richtung Ziel. (4 von 5 Sternen)
 
Organisation:
 
Internationalen Teilnehmern wird sehr viel geboten. Das beginnt beim eigenen Registrierungsbereich auf der Messe. So kommt man schnell an seine Startnummern. Zusätzlich gibt es in diesem Bereich auch noch Softdrinks, Kaffee, Tee und Kuchen gratis. Die Südafrikaner im Gegenzug warten bis zu 4 Stunden auf ihre Startunterlagen. Das würde in Europa wohl kein Organisator überleben. Beim Comrades gehört das dazu und es gibt kein Meckern und Lamentieren. Besonders positiv sei die Organisation der Busse zum Start erwähnt. Sobald der Bus voll war, wurde er auf die Reise geschickt. Auch die Startblöcke waren gut ausgeschildert. Es wurde auch streng kontrolliert, ob die Läufer auch wirklich im richtigen Startblock stehen. Auf der Strecke warten insgesamt 46 Trinkstationen. Bei diesen Labstationen gibt es das isotonische Energade (schmeckt wie Gatorade), Wasser und Kartoffeln, Orangen, Bananen zum Essen. Die Getränke werden in kleinen geschlossenen Plastiksackerln (dt:  Plastiktüten) gereicht. Der Läufer muss daher eine Seite aufbeißen, bevor er die Labung konsumieren kann. Auf Grund der hohen Anzahl an Labstellen kann der Ultramarathon auch ohne Trinkrucksack gelaufen werden. Ich habe diesen trotzdem getragen, da ich neben meinem Ultra Sports Buffer auch meine Nahrung mitführen wollte. Die meisten Läufer vertrauen aber ganz alleine auf die Verpflegung der Veranstalter. Zusätzlich gibt es auch viele Laufclubs, die noch eigene Stände mit Gels und Sportriegeln den Teilnehmern zur Verfügung stellen. An der Strecke gibt es auch die Möglichkeit sich massieren zu lassen und Vaseline zu erhalten. Läufer, die ausscheiden, werden in kleinen Minibussen in Richtung Ziel gebracht. Zusammenfassend ist der Comrades sehr gut organisiert. (5 von 5 Sternen)
 
Umfeld
 
Der Comrades ist im ganzen Land bekannt. Bereits beim Flug nach Durban wünschte der Pilot den Läufern alles Gute. Auch nach dem Rennen glänzten die Augen der Leute, sobald das Stichwort Comrades fiel. Die Südafrikaner lieben den Comrades. Er vereinigt alt und jung, schwarz und weiß. Mehr kann ein Lauf wohl nicht leisten. (5 von 5 Sternen)


Bericht mit Fotos: http://peterslaufblog.wordpress.com/2014/06/22/bericht-comrades-marathon-2014/

 

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