Autor Thema: 2014-09-13 Stadtgut Steyr Ultralauf Event - Kaffee  (Gelesen 990 mal)

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Datum: 2014-09-13
Event: Stadtgut Steyr Ultralauf Event
Distanz: 100.000 km

Ersteller: Kaffee

Offline Kaffee

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2014-09-13 Stadtgut Steyr Ultralauf Event - Kaffee
« Antwort #1 am: 13.09.2014, 00:00:00 »
100km sind viel länger als 95km

Der Plan, in Steyr 100km zu laufen, wurde noch im Jahr 2013 geboren - anschließend kam die Entscheidung zu studieren und es kam wie es kommen musste - die Planung für das Steyrwochenende wurde über den Haufen geworfen.
Aus der Freitaganreise und Übernachtung wurde nichts, so bin ich dann am Freitag bis 21:00 auf der FH gesessen, war um 22.30 zuhause und somit hieß es am Wettkampftag um 04:00 Tagwache. Dankenswerterweise hat meine Schwester den Fahrdienst übernommen und mich nach Steyr begleitet. Auch die Ängste vor zu warmen Wetter Mitte September haben sich an den Tagen zuvor zerschlagen und es drohte ein Regentag, der dann auch kam.

Samstag 04:30 gings dann los nach Steyr und je näher wir Steyr kamen, desto stärker wurde der Regen. Noch schnell einen Platz für meine Kiste mit Nudeln und Ersatzgewand gesucht und dann gings zur Startnummernabholung und einem kurzen Frühstück, wo mich auch heinzk freundlich begrüßt hat.

Punkt 7 Uhr versammelte sich ein kleines Grüppchen an Startern und es ging dann gemütlich und im Regen los - der Bürgermeister versprach noch schnell schönes Wetter und ein Getränk für alle Starter auf seine Kosten, falls dem nicht so sein würde.
Mein Plan war klar - sub 12h sollten es werden, im Idealfall mit Zwischenzeiten 2:10 bei 21, 4:35 bei 42 und 50km spätestens bei 5:30h, damit genug Puffer vorhanden ist. Anfangs hat mich der Regen nicht gestört und ich fand eine schöne Gruppe, wo die ersten Runden allesamt mit ~5:55/km abgespult wurden. Es war nett zu laufen trotz Dauerregen und ich fühlte mich richtig gut. Meine Schwester verharrte währenddessen im Zielbereich unter einer schützenden Plane. Nach 10km das erste Fazit - 57min, Top!
Alle 3 Runden (also ~25min) hab ich mich gezwungen zu trinken, bei der Menge von oben hatte ich eigentlich nie ein Durstgefühl. Weiter gings schön in der Gruppe, keine Gedanken daran verschwendet was noch kommen wird. Langsam hat dann auch der Wind aufgefrischt, was vor allem auf dem Stück zwischen den Lagerhallen bemerkbar war - es hat nur so geblasen. Langsam ging es Richtung HM und entgegen meines Planes wurde ich nur unwesentlich langsamer. Die erste Halbmarathondistanz war dann bei etwa 2:02h erreicht und es war damit mein erster wettkampfmäßiger HM überhaupt, den ich durchgelaufen bin :o)
Kurz davor ist auch meine Schwester erstmalig im Rahmen des Publikumslaufes (Charityrun) kurz ein paar Meter mit mir mitgelaufen, wobei ihr das Tempo noch zu hoch war (sie läuft als Laufanfängerin im Bereich von 07:00 herum). Ansonsten hat sie mir immer wieder meine Trinkflasche gereicht und war vor allem eine mentale Stütze, wo alleine Blicke gereicht haben.
Glaub bei KM 25 etwa begannen dann auch schon meine ersten kürzeren Gehpausen, die im Verlauf des Tages immer länger wurden. Bis fast zur Marathondistanz gings dann noch relativ locker weiter, dann kam mein erster großer Einbruch, vielleicht der stärkste an diesem Tage.
Mittlerweile war mir mit kurz/kurz im immer stärker werdenden Regen und Wind einfach nur mehr eiskalt, die Kniegelenke wurden langsam steif, der rechte Oberschenkel unter dem Tape hat begonnen zu krampfen und mein Magen hat unter dem nassen Shirt auch zu rebellieren begonnen. Zu diesem Zeitpunkt begannen auch erstmals die Fußsohlen zu brennen, die ersten Blasen waren wohl da aufgrund der Dauernässe im Schuh.Tape entfernen brachte jedenfalls nicht viel, am meisten half es da noch den Oberschenkel "warmzuklopfen". Marathondistanz war dann in etwa 4:24h absolviert, also einiges unter Idealplan und weiter unter meiner PB. Dennoch war meine Motivation eben am Tiefpunkt - Notfallplan? Gibt's keinen!
Aber manchmal braucht man nicht viel um alles zu ändern - ich beschloss eine kurze Pause um mir unter dem nassen T-Shirt ein trockenes langarm Shirt anzuziehen, was sich als schwerer als gedacht herausstellte und ein ziemlicher Kampf war *g* Doch es wirkte wirklich wunder - ich war wieder da, ich war wieder im Rennen, ich fühlte mich trocken und frisch - genial einfach! Hier die Anmerkung wieso eigentlich kurz/kurz gestartet - ich vertrage auf meiner Haut jegliche Art von Regenjacke einfach nicht und ein Plastikponcho war mir dann auch zu blöd bei dem Wind.

Also gings "trocken" weiter und die nächsten Kilometer gingen viel leichter - ein wahrscheinlich lauwarmes Iso dazu zum Händewärmen im Zielbereich, herrlich. Die Gehpausen wurden dennoch länger, war aber klar. 50km waren trotz Gehpausen bei etwa 5:25h erreicht - immernoch deutlich im Soll und der Regen hat dann langsam auch mal wieder nachgelassen.
Irgendwann ist dann auch meine restliche Family nach Steyr gekommen und ich wurde im Grunde fast ständig entweder von Schwester, Freund oder Stiefvater begleitet, was sicherlich teilweise geholfen hat, aber im Grunde gings nur mehr von Runde zu Runde.. 30 - 29 - 28,.. Bis nach ~8h und etwa 72km mein rechtes Knie extrem zu stechen begonnen hat bei den kurzen Laufpassagen. Da ist dann nochmal alles kurz auf der Kippe gestanden - ich hab sehr sehr stark überlegt abzubrechen - knapp 30km nur mehr spazieren? andererseits 8h im Regen hintersich gelassen.. puh, schwierig. Zu diesem Zeitpunkt offenbarte mir meine Schwester, dass sie eigentlich schon zu Mittag mit einer Aufgabe von mir gerechnet hat und sie das verstanden hätte. Herrlich! Aber ich glaub, genau das waren die richtigen Worte - Viele habens nichtmal soweit geschafft an diesem Tag, also, scheiß doch drauf.. Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt. Ich hatte beim Gehen keine Schmerzen, also wählte ich die härtere Variante - Augen zu und durch.
Und nein, es gab trotzdem keine Runde, die nur gegangen wurde.. ich bin trotzdem immer wieder gelaufen, aber nur, damit das Ziel schneller näher kommt. Noch 19 - 18 - 17,.. verdammt, wann wirds endlich einstellig. Wenigstens hatte der Regen zu diesem Zeitpunkt aufgehört und es wurde angenehm. Dann endlich - nur mehr 9 Runden! 12km nur mehr und noch locker Sub 12h möglich. Da wars klar - es wird was! Und wenn es am Ende fast 13h werden, auch egal - ich hol mir diese drecks Fahne für die letzte Runde - ich will diese Fahne endlich haben (die ich bis zum Start eigentlich kategorisch ausgeschlossen habe). Die Strecke war mittlerweile fast komplett leer - ich glaub nach 11h waren noch 6-7 Läufer verteilt auf 1,4km unterwegs.

Also weiter.. Am Monitor nach der Ziellinie die Anzeige.. 5 - 4 - 4.. 4? hä? 4!?!?!?!?! Panik, Wut, Verwirrung.. meine Uhr bestätigt mich, es müssen nur mehr 3 sein - was is da los? ich hab nach 11h20 auf den Beinen keine Lust mehr gehabt noch eine Extrarunde zu drehen. Meine Schwester versuchte mich zu beschwichtigen, aber ich war stinksauer auf die Welt ;) Kurz vor dem Ende der Runde wartete meine Freundin hat teilte mir mit, dass sie und meine Mutter den Fehler bemerkt haben und sofort für "Ärger" gesorgt haben. Irgendwie hat mein Chip nicht ausgelöst, dadurch, dass aber die letzten Runden allesamt gemeinsam mit meiner Schwester absolviert wurden, war es leicht nachzuvollziehen, dass da irgendwas nicht passt. Die Runde wurde dann nachgetragen.
Und dann war es endlich soweit - ich bekam die Fahne - meine Fahne, eine Fahne, egal - FAHNE! Und wenn man mir zu diesem Zeitpunkt eine dreckige Windel für die letzte Runde mitgegeben hätte, ich hätte sie würdevoll über diese 1,37km getragen ;)

Am Ende standen 11:46:52 auf der Uhr und es war toll und überwältigend. 100km sind weit, sehr weit, viel weiter als "ziellose" 95km bei den 12h von LE. Aber mir gings bis auf die Kniebeschwerden gut, auch das Finisherbier ging problemlos runter. Am Ende gabs noch 5 Getränkemarken zum Einlösen auf Kosten des Bürgermeisters - wir haben ihm das erspart und sind stattdessen Heim zu Mami ins Trockene zum Kaiserschmarrnessen.

Ob ich ohne Unterstützung meiner Schwester als mentaler Stütze bei diesem Wetter den Wettkampf zu Ende gebracht hätte trau ich mich nicht zu behaupten ;)

Offline heitzko

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2014-09-13 Stadtgut Steyr Ultralauf Event - Kaffee
« Antwort #2 am: 08.10.2014, 14:15:12 »
Sehr cooler Bericht und Du bist soooo super gelaufen! Ein richtig zäher Ultraläufer bist Du geworden! Bin schwer beeindruckt. Sehr lässig ist auch, dass Deine Family Dich da so toll unterstützt!

Offline uschi61

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2014-09-13 Stadtgut Steyr Ultralauf Event - Kaffee
« Antwort #3 am: 08.10.2014, 14:50:33 »
toller bericht - toller lauf - toller kampf! danke und gratulation!
Lebe deine Träume!

Offline Pizzipeter

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2014-09-13 Stadtgut Steyr Ultralauf Event - Kaffee
« Antwort #4 am: 09.10.2014, 07:54:58 »
Ein Wahnsinn!!!
Bravo, Markus!
Gehpausen werden auf jeden Fall unterschätzt ;-) zu Unrecht :-)
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